Nackter Wahnsinn …

… Potsdam – nicht Dein Ernst!?

Ich schlenderte gestern mit meiner Frau aus der Altstadt Potsdams in Richtung der Langen Brücke. Da erblickten wir direkt hinter der Straßenbahnhaltestelle neben der Kollonade dieses Ensemble, das offensichtlich dem rekonstruierten Stadtschloss bzw. Landtag neu hinzugefügt wurde:

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Ich war regelrecht geschockt! Für einen Abiturienten-Scherz erscheint es wesentlich zu aufwändig.

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Das rekonstruierte Knobelsdorff’sche Residenzschloss ist ein sehr schöner, edler und würdiger Baukörper für einen würdigen Zweck genutzt – und die Potsdamer Bürger wollten halt mehrheitlich lieber die historische Rückschau in ihrer Stadt anstatt die Chance zu nutzen, ein Zeichen zeitgenössischer Achitektur zu setzen.

Aber nun? Rokokko-Kitsch aus feudalistischer Zeit hinter der Straßenbahnhaltestelle … ? Selten ist das Gefühl des Fremdschämens so heftig in mir aufgestiegen.

Hier das Ensemble noch einmal unter Einbezug des Umfeldes (nein – nichts installiert!) – schade: kein Putto auf dem e-Roller …

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Hier werden also künftig Menschen auf dem Weg von ihrem Erst- zum Zweit-Job vorbei hetzen. Welche Botschaft sendet dieses „Ding“ jenen Menschen? Vielleicht: wenn Du Dich ordentlich anstrengst und Deine erste Milliarde zusammengekratzt hast, kannst Du Dich auch mit ein paar Millionen Spendengeld in Deiner Stadt verewigen – den rekonstruktions-wütigen Potsdamer Vereinen wird da immer noch etwas einfallen …! Irgendwas muss mit dem vielen Geld ja geschehen.

Sollte aber jemand eine Information besitzen, dass das Putten-Septet doch irgend einen (klugen) Ironiebezug hat, wäre ich dankbar für Ihren Kommentar … auch gerne per Email an den admin dieser Seite.

Der Brandenburger Tor

Berlin, April 2023

P.S.: Heute, am 30.08.23 war ich anläßlich eines Barberini-Besuchers wieder vor Ort. Insgeheim hatte ich gehofft, dass es vielleicht doch nur eine temporäre Installation für Film-Dreharbeiten gewesen sein könnte … aber es ist immer noch da!

Auch wiederholte visuelle Untersuchung ergibt übrigens keinen Zusammenhang der „Amouretten-Treppe“ zu einer Tür in der Außenwand des Landtags-Schlosses. Also vielleicht doch ein Kunstwerk mit philosophisch-gegenwartskritischem Bezug … oder gar eine kafkaeske Parabel?

P.P.S.: Nun habe ich mich doch endlich bequemt, zu recherchieren, was es mit dem „Lusttreppchen“ auf sich hat … Ergebnis:

https://www.spsg.de/index.php?id=12080

Hm, ich muss sagen:

Die Stellen und Autoritäten, die hier aktiv verantwortlich sind, haben den Kontakt zu den Realitäten unseres Landes völlig verloren und betreibt eine absurde Rekonstruktions-Verdisneylandisierung von Potsdam.

Nichts bleibt …

Bleibt nichts?

ES IST DER AM SCHWERSTEN ZU ERTRAGENDE GEDANKE:

von allem, was mich jetzt – in der Vergangenheit – in der Zukunft ausmacht: BLEIBT NICHTS !

Was ich spreche, singe, rufe, schreie – zum Schluss vielleicht ächze und stöhne:

Es breitet sich nach allen Richtungen aus, wird an Kanten gebrochen und an Flächen reflektiert – verläuft sich in einer schwindenden Druckwelle, bis ein Schmetterlingsflügel es beiseite wischen kann… VANITAS… hat es ein Mikrofon aufgefangen, solange es darin eine messbare elektrische Schwingung erzeugte – ein Schallwandler an einem Speichergerät, Telefon, einer Alexa oder der Abhörleitung eines Geheimdienstes oder dem Archiv eines Funkhauses – auch umgewandelt in digitale Information: alles versinkt in der Masse aller Aufzeichnungen, Informationen – auch jenen, die rasend um den Planeten geschleudert werden (sinnlos vervielfältigt in multiplen Servern und Sicherungsmedien) – mein eigener Satz oder Ruf wird zerquetscht in der schieren Masse der rasend wachsenden Informations-Welle: Du glaubst Information sei schwerelos? – weit gefehlt: die gargantueske Informationsmasse pulverisiert Deinen Schrei bis schließlich ALLES vom überhitzten Planeten – überhitzt ALLEINE durch die exponentiell wachsende Informationsmenge, die auch Energie enthält – durch den Sonnenwind ins All geblasen wird – bis mein Schrei nach Äonen schließlich zusammen mit der anonymen Masse der anderen Schreie in irgendein schwarzes Loch gesaugt wird – und ein paar intelligente Wesen werden das beobachten und sagen: seht mal, wie schön… und wie klug WIR sind – aber es ist schwer zu ertragen, dass NICHTS davon bleibt… und auch diese Worte oder Gedanken werden dann weitere Äonen später …

Berlin, 15. Mai 2019 – ich-weiß-nicht-welche-Äone

Copyright Herbert Börger

Das fängt ja gut an – 321 – Quality Land

Lesen Sie das Buch Qualityland von Marc-Uwe Kling (2017 bei Ullstein erschienen) nicht….

… wenn Sie keine Freude an satirisch-dystopischen Zukunfts-Phantasien haben!

Wenn Ihnen das aber Vergnügen bereitet…

dann lesen Sie es unbedingt! … oder Sie warten auf den Film – behaupte ich hier einfach mal so: tatsächlich habe ich nämlich keinerlei Informationen, ob das geplant ist. Aber wenn ein Buch je danach geschrien hat, verfilmt zu werden, dann dieses!

Man braucht wahrscheinlich noch nicht einmal ein extra Drehbuch zu schreiben, sondern das Ding so wie es ist, in ein gutes Animations-Studio zu geben. Alleine die Charaktere: ca. 6-8 menschliche Wesen, unzählige durchgeknallte Androiden, außer Kontrolle geratene Künstliche Intelligenzen und defekte, aber sehr sympathische IT-Geräte… und einige Wesen, bei denen man sich nicht ganz sicher ist, zu welcher Spezies sie gehören. Da kann die Branche meines Erachtens unmöglich widerstehen!

Damit Sie meinen restlichen Sermon nicht unbedingt lesen müssen verrate ich hier gleich zusammenfassend worum es geht:

Durch eine konsequente Individualisierung der Geschäftsabläufe und der Medienangebote für den Einzelnen wird die Gesellschaft zu einer Anhäufung von in Blasen lebenden Narzissten und in der Folge davon wird jede Individualität beliebig  – und damit ausgelöscht.

Das erwarten sie ohnehin schon? Dann lesen Sie es aber trotzdem, weil es so klug und witzig gemacht ist. 

Aber der Reihe nach:

Wie kam ich an dieses Buch? Ich habe schon einmal berichtet, dass unsere Familie ziemlich rege über einen Messenger kommuniziert. In einem gesellschaftlichen Diskurs mit unseren drei Söhnen rief ich aus Begeisterung über die Beiträge dazu auf, dass wir gemeinsam einmal eine Geschichte über die Absurdität gesellschaftlicher Vorgänge schreiben sollten. Darauf kam sofort die Bemerkung des Jüngsten im Bunde: „Die gibt es schon! – Heißt Qualityland. – Du hast ja bald Geburtstag.“ So kam ich kurz danach an dieses Buch, das mir im Auftrage meines Sohnes von „TheShop“ (Lesart dieser Firma in Qualityland…) zugeschickt wurde …

Wenn Sie nicht auf den Film warten wollen, es folglich lesen werden, werden Sie es vermutlich nur  aus der Hand legen, um existenzielle Notwendigkeiten zu erledigen wie: bezahlte Arbeit, Kochen,  Essen (gut: dabei kann man weiterlesen… ist aber in Gegenwart von anderen Nicht-Androiden unhöflich), Stuhlgang (o.k – auch dabei….) und ggf. Geschlechtsverkehr.

Ich werde jetzt nicht die Handlung erzählen, denn die wäre einerseits sehr schnell erzählt – andererseits würde das der Geschichte nicht gerecht, weil diese eben im Wesentlichen durch ihre Vielschichtigkeit wirkt. Nur soviel sei verraten: Das Buch hat – wie alle dystopischen Zukunftsromane – Brave New World / Schöne neue Weltzur Mutter (oder Großmutter), den Genie-Streich von Aldous Huxley, der wie kaum ein anderes Buch der Weltliteratur ein neues, modernes Genre prägend begründet hat (wobei auch er natürlich in Grundelementen auf Vorgänger in der älteren Literatur – ab Plato und Sokrates – zurück greift).

Wenn Sie es dann ausgelesen haben werden, und Sie sollten so ein analoger Old-School-Typ wie ich sein, und angenommen Sie hätten noch ein Bücher-Regal, werden sie die schön gemachte Hard-Cover-Ausgabe (ich habe die helle, passt zu mir – es gibt auch noch eine „dunkle Ausgabe“ – man muss es nicht zweimal kaufen, sagt der Autor selbst!) in eben dieses Regal stellen. Dafür können Sie dann mehrere andere Bücher aus ihrem Regal aussortieren, deren Aussage „Qualityland“ gleich mit übernehmen kann:

  • den Simplex Simplizissimus
  • den Machiavelli
  • Peter Schlemihl
  • Michael Kohlhaas
  • Das Kapital
  • Das Godesberger Programm
  • Die Bibel

Eine eigenartige Begebenheit will ich aus meinem eigenen Lese-Erlebnis von „Qualityland“ doch noch preisgeben:

Als ich die letzten 100 Seiten des Buches las, war Martin Schulz gerade als SPD-Vorsitzender mit 81,9% bestätigt wurde…. Auf S. 297 sagt im Buch der Geschäftsführer von „What-I-Need“ (=Google): 81,92 Prozent unserer Nutzer treffen ungern große Entscheidungen.“

Ist das ZUFALL? Oder soll es sagen, dass die Wahl von Martin Schulz keine „große Entscheidung“ ist…? Hatten alle SPD-Delegierten vorher Qualityland gelesen?

Übrigens heißt dort der Chef der „Fortschrittspartei“ in Qualityland: „Marty Vorstand“…

Ist das alles wirklich Zufall?

Wie gesagt, steht das Buch jetzt bei mir im Regal – ich werde es weiter beobachten!

Aphorismus des Tages: „Wer nicht an die Zukunft denkt, wird bald große Sorgen haben.“ (Konfuzius, 551 – 479 v. Chr.)

Willkommen bei „Der Brandenburger Tor“ (Berlin, 16. Mai 2016)

Hier entsteht ein Blog für gesellschaftliche, naturwissenschaftliche, philosophische, politische – kurz gesagt: kulturelle und soziale Themen, die mich und vielleicht auch andere bewegen.

Ich bin Physiker und Ingenieur – nicht Mitglied einer Partei. Ich lebe in Berlin – nahe zur Brandenburger Grenze…

Dies sind die grundlegenden Säulen der Gesellschaft, die ich für lebenswert und wichtig halte:

  • Freiheit der Person und des Denkens
  • Freiheit der Wissenschaft
  • Freiheit der Kunst
  • SOLIDARITÄT
  • Fairness und Respekt gegenüber anderen Personen, auch solchen, die nicht meiner Meinung sind
  • Respekt vor der Natur
  • … und Humor

Sie sehen, dass dies ein weitgehend „konservativer“ Kanon ist – und man kann ihn im Grunde 1:1 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland nachlesen.

Was will dieser Blog?

Manchmal soll es einfach raus – ob es jemand hören will oder nicht!

Geht Ihnen das ähnlich?

Da ich es versäumt habe, einen Beruf zu ergreifen, in dem man sich ständig im sozialen Umfeld austauscht, möchte ich nun Wege finden, meinem Bedürfnis am Diskurs über kontroverse Themen nachzugehen.

Dabei gelobe ich, nie jemanden persönlich zu diffamieren. Ich möchte natürlich auch selbst nicht diffamiert werden – sollte jemand der meinen Blog liest, das Bedürfnis dazu verspüren, möchte ich ihn darauf hinweisen, dass  er dies ja nicht lesen MUSS! … aber lesen KANN – um dann darüber nachzudenken: und dann gegebenenfalls angemessen und sachlich darauf zu reagieren. (Und wer nicht lesen kann oder lieber Bilder ansieht – der kann auch gerne meinen Foto-Blog „www.fotosaurier.de“ besuchen!)

Diese Problematik hat mich dazu veranlasst, soziale Medien wie „Facebook“ zu meiden. Ich möchte mich mit meiner sensiblen persönlichen Meinung nicht in einem Umfeld bewegen, in der sehr häufig der Respekt der Menschen gegen einander völlig verloren gegangen ist.

Dies ist auch eines der Themen, das zu debattieren sein wird.

Was wird das?

Ehrlich gesagt: ich weiß es noch nicht!

Im besten Falle entsteht ein Fingerabdruck (oder Fußabdruck?) den ich in der sozial-gesellschaftlich-kulturellen Umwelt hinterlasse.

Wahrscheinlich aber nur ein Fragment davon… sagt ein im Scheitern erfahrener Anfang-Siebziger!

Ich habe den Blog-Titel „Der Brandenburger Tor“ schützen lassen – warum?

Es handelt sich um einen (nicht-kommerziellen) Titelschutz.

Mit dem Blog möchte ich mein Selbstverständnis als gesellschaftlich-soziales Individuum ausdrücken.

Mit dem Titelschutz möchte ich das Ego, das dabei sichtbar wird, schützen.

In welchen Formen werde ich mein Ziel verfolgen?

Neben der ständigen (wöchentlichen) Blog-Kolumne werde ich in loser Folge auch Essays, Kurzgeschichten, Glossen

veröffentlichen.

Alle diese Texte stehen selbstverständlich unter Urheberschutz.

Ich werde auch Beiträge anderer Autoren veröffentlichen, wenn dies sinnvoll ist.

Man wird sehen…

Eine große Zahl von eigenen Kurzgeschichten, Glossen und Essays, schlummern seit vielen Jahren in meinem Archiv, und werden hier von Zeit zu Zeit zu lesen sein.

Dabei beginne ich als Auftakt mit der als Reportage getarnten Polit-Glosse „Macht Angela Merkel einer Jüngeren Platz?“, die ich im Jahr 2009 geschrieben habe (niemand wollte sie abdrucken).

Sie lesen sie hier unverändert, wie sie damals verfasst wurde – ehrlich! (Ausnahme: es wurde eingefügt, dass UvdL inzwischen Verteidigungsministerin war…)

Ihr

Brandenburger Tor

Wie geht es der Republik? -1 – Nachwahlwehen

Hmmm – wie geht es uns?

Definiere „UNS“!

Und wenn es Dir gelungen sein sollte, UNS zu definieren: was ist die Diagnose für den Zustand des Patienten? Im Wahlkampf haben die selbsternannten Ärzte verschiedener Fachrichtungen ihre Diagnosen ausführlich erklärt. Dabei stellst Du fest: die Diagnosen sind eigentlich gar nicht so verschieden – sehr verschieden sind die Erklärungsversuche, was die Ursache des Patienten-Zustandes ist. Noch extremer ist aber die Differenz darin, was denn der Normale Zustand des Patienten wäre, und was am Zustand des Patienten krankhaft ist. Dummerweise hat der Patient dann noch eine EIGENE Vorstellung davon, was in seinem Zustand „normal“ ist (oder sein sollte) und was nicht gut.

Diese Diagnose muss dann auf 80 Millionen Einzelindividuen herunter gebrochen werden … mit dem Ziel eines einheitlichen Behandlungskonzeptes, das alle Patienten kurieren soll.

Alles das wird überlagert von etwas, das oft als eine gewisse „Stimmung“ über die Gesellschaft aller Patienten bezeichnet wird. Wahlforscher bezeichneten das im gegenwärtigen Zustand als „Wechsel-Stimmung“. Ja, es wird sogar ein Konsens konstatiert, dass eine Behandlung der Symptome DRINGEND sei, zumal dem Patienten von innen und außen neues und erhebliches Ungemach droht, dem auch noch vorzubeugen gilt.

Die Vorstellung der extrem unterschiedlichen Diagnosen und Behandlungskonzepte wird als Debatte geführt, wobei es sehr geringe Einschränkungen bezüglich der erlaubten Debatteninhalte gibt:

  • die Ärzte sind selbsternannt, sie müssen keinen fachlichen Nachweis über ihre Qualifikation führen, ausser der Vorlage einer gewisse Zahl von Bestätigungen anderer Patienten, dass sie versuchen dürfen, Patienten zu behandeln. Diese Hürde ist sehr niedrig.
  • Die Beschreibung der Symptome und der Behandlungsmethoden wird nur durch Festlegungen im Grundgesetz bezüglich Menschenrechten und bestimmten historischen Ausschließungen im Bereich des Extremismus eingeschränkt. Die Einschränkungen müssen durch ziemlich hohe Gerichte bestätigt werden. Das ist eine sehr hohe Hürde, um Ärzte oder ihre Kuren zu zensieren oder auszuschließen.

Wenn es trotz aller Schwierigkeiten gelungen sein sollte, die Diagnose für alle Patienten zu erstellen und die Ärzte der verschiedenen Fachrichtungen ihr Behandlungskonzept vorgestellt haben, kommt es nun zum „Showdown“ der in der Demokratie ein echter CLOU ist:

Jetzt wählen die fachlich inkompetenten Betroffenen (d.h. Patienten) selbst aus, welche Ärzte und Behandlungsmethode sie sich für Ihren augenblicklichen Zustand wünschen – und diese Entscheidung ist prinzipiell sogar bindend – allerdings nicht in Bezug auf die Behandlungsmethode, sondern streng genommen nur in Bezug auf die Ärzte, die sie für eine gewisse Zeit kurieren sollen. Jeder Patient hat zwei Stimmen: er wählt eine Person als Behandler seiner Symptome in seinem lokalen  Wahlkreis aus und eine registrierte Ärzte-Gruppe (genannt Partei) mit Ihrer vorgestellten Behandlungsmethode.

Jetzt wird es kurz mal irrational: der Patient kann und darf dabei, wenn er denn will, eine Person wählen, deren Behandlungskonzept komplett entgegengesetzt zur Ärztegruppe ist, die er als „Partei“ wählt. Durch das System ist das nicht ausgeschlossen. Das ist Freiheit!

Sozusagen ist es die einzige Freiheit, die Ihnen letztlich die Freiheit garantieren könnte – gehen Sie wählen!

Berlin, den 22.2.2025

Der Brandenburger Tor

 

Nach-Wahl-Wehen – 2006 / 2025

Den folgenden Text habe ich im Jahr 2006 nach einer Kommunal-Wahl in Heidelberg geschrieben. Heute stellte ich fest, dass er anscheinend universelle Gültigkeit beanspruchen kann – und will ihn deshalb der Nachwelt nicht vorenthalten.

Gerade gestern – genau sieben Tage nach der BTW25 – stellte ich fest, dass straßauf-straßab alle Laternen noch mit Wahlplakaten geschmückt sind. Weit überwiegend sind es BLAUE. Von jener Partei, die behauptet genau zu wissen, was die Menschen sich wünschen. Sie haben erspürt: „…bitte lasst uns eure Konterfeis noch eine Weile genießen!“

Aber auch andere: so sah ich eine große Verkehrsinsel vollgestopft mit drei Riesen-Aufstellerplakaten mit Abbildern von Personen, die in der Führung ihrer Parteien in der beworbenen Zukunft alle erklärtermaßen keine Rolle mehr spielen wollen!

daher … siehe folgend! (Besonders bemerkenswert fand ich im Nachhinein das Postskriptum …)

Nach-Wahl-Wehen

Schadenfreude ist mir fremd!

Ehrlich!

Ich fühle wirklich mit den Politikern

nach so einer Wahl…

Das ist schließlich eine heikle Prozedur:

Nicht zu vergleichen mit einer Prüfung

im Schul- oder Berufsleben 

– wenn man

die versäbelt hat, 

weiß man meist schon, warum!

Aber das Urteil des Wählers

hat oft mehr mit dem Orakel von Delphi zu tun

als mit einer objektiven Benotung

der Politiker-Leistung!

Da hat sich einer brav in der

Regierungsverantwortung abgerackert –

Und wird vom Wähler abgewatscht,

er weiß nicht wofür?!

Allerdings: er oder seine Partei 

bekommt auch gleichzeitig ein 

Geschenk vom Wähler:

sie dürfen jetzt raus finden,

was sie das nächste Mal 

besser machen können

(ob’s hilft?).

Nun lecken sie ihre Wunden gemeinsam,

was sie wieder näher zusammen bringt

und vielleicht auch stärkt … oder auch nicht.

Da hat einer insgeheim selbst festgestellt,

dass er im Wahlkampf eine 

miserable Figur gemacht hat –

und wird vom Wähler mit dem

Siegeslorbeer beschenkt!

Die arme Sau!

Erschreckt stellt er fest,

Schluss mit dem Schwätzen –

Jetzt müssen wir regieren…

Und wendet sich nahtlos dem Kampf um die Posten zu.

Aber auch wir Wähler

bekommen mit der Wahlnacht ein Geschenk:

wir dürfen uns in den kommenden Tagen

die Plakat-Ruinen des vorangegangenen

Wahlkampfes ansehen.

Ein satirischer Genuss,

manchmal sogar eine Gaudi

im Wissen um das Ergebnis !

Die Sprüche und Posen

bekommen im Lichte der Resultate

oft eine völlig neue, unbeabsichtigte Bedeutung.

Dass die Betroffenen (meist die Verlierer) 

die Plakate dennoch

tage- und wochenlang

hängen lassen

zeugt vom Instinktverlust des Menschen:

Viele Tiere markieren ihr Revier

(meist mit Urin)

sorgen aber ansonsten dafür, dass Ihr

aktueller Standpunkt nicht so leicht

aufgespürt werden kann

(indem sie ihren Kot vergraben).

Wahlplakate sind erst der „Urin“, 

nach der Wahlnacht aber der „Kot“ 

der PolitikerInnen/Parteien:

sie sollten ihn noch am Wahlabend

vergraben!

Sollte ich einmal eine Partei gründen

(bitte halten Sie mich davon ab!)

werde ich als 

Paragraph eins 

in’s Statut schreiben:

„Alle Wahlplakate sind 

noch in der Wahlnacht

zu entfernen – 

100% !“

Danach darf gefeiert / Wunden geleckt werden. 

P.S:

Ich wünsche mir auch ein Geschenk vom Wähler:

Er möge seine Watschen-Wahltaktik 

bitte insofern überdenken,

dass nicht am Ende der Tage

die politische Klasse nur noch

aus opportunistischen Arschlöchern besteht.

Die Demokratie hält viel aus,

aber daran würde sie am Ende zugrunde gehen.

Copyright Herbert Börger, Heidelberg, 2006

Berliner Splitter – 1 – Mein Berlin

Ich war nicht sicher, dass diese Stadt noch einmal „meine Stadt“ werden würde – und das schon nach siebeneinhalb Jahren. Heute kann ich sagen: sie war schon „meine Stadt“ bevor ich hier hergezogen bin. Aber jetzt kann ich das mit Sicherheit sagen – in meinem 80sten Lebensjahr!

Berlin ist ein Schrapnell, das in unendlicher Zeitlupe auseinander fliegt. Daher habe ich den Titel „Berliner Splitter“ gewählt als Überschrift über alles, was ich jetzt und dann noch über Berlin schreiben möchte (oder muss).

Im Grunde sind es ganz viele einzelne Schrapnells, die alle gleichzeitig in unendlicher Zeitlupe in alle Richtungen auseinander fliegen. Niemand wird sie zählen können. Ich kann nur immer wieder auf das Bonmot des Dichters Jean Paul verweisen, der (Anfang des 19. Jh) sagte, Berliner sei eher ein Weltteil als eine Stadt.

Die Stadt hat kein „natürliches Zentrum“, weshalb man sich entschliessen musste, auf einen beliebigen Stadtteil das Schild „Mitte“ zu kleben. Nicht vergessen: selbst der „Alte Fritz“ hatte eigentlich nicht in Berlin „residieren“ wollen. Auch wenn dort einmal das Fürstenschloss gestanden hat, so hat das keinen inhaltlichen oder sinngemäßen Zusammenhang mit einer Mitte-Funktion. Auch ist das Gebäude, das heute an der Stelle des ehemaligen Fürstenschlosses steht, explizit kein Fürstenschloss oder repräsentatives Herrschaftszentrum. Weil der Berliner natürlich immer die Wahrheit sagt, hat er es einfach anders genannt. Dem ehemaligen Fürstenschloss sieht es nur ähnlich, damit die Phantasie von zig Millionen Touristen und einer Handvoll steinalter Retro-Romantiker beschäftigt ist.

Der Berliner weiss natürlich, dass das Humboldt-Forum auch nur ein weiteres Schrapnell ist, das in unendlicher Zeitlupe auseinander fliegt – in vollkommener Harmonie der Zufälle und der Schönheit des Chaos. Man könnte es auch problemlos wieder abreißen und dann wieder eine andere Replik errichten – vor allem um der Gerechtigkeit willen: es würde alle 100 Jahre dann eine Palast-der-Republik-Replik abwechseln mit einer Fürstenschloss-Replik.

Da diesem Berlin also nicht mit grenzenloser Hybris ein Bild aufgeprägt wurde, das eine plutokratische Elite dem Gebilde geben wollte, kann es heute eine Stadt für alle sein. Zudem hat Berlin das Glück, dass heute niemand in Europa mehr so reich ist, dass er einem Chaos von knapp 4 Millionen zufällig an einem Ort zusammenlebenden Menschen „sein Bild der Stadt“ aufzwingen kann. Dazu haben die noch steinreichen aber nicht superreichen Menschen ein Residenz-Dorf vor den westlichen Toren Berlins erkoren, das sie gemeinsam in ein Disneyland ihres Geschichtsverständnisses namens Potsdam verwandeln können.

Der Frost zieht sich gerade zurück, die Krokusse schauen schon aus der Erde und die Berlinale (Preisverleihung) und die Republik (Stimmenverleihung bei BTW) streben ihren formalen Höhepunkt entgegen.

Gehen Sie morgen unbedingt entspannt wählen!

Berlin, 22.02.2025

Der Brandenburger Tor

Soll ich jetzt auch noch meinen Senf dazu geben? – 3 – Es gibt Geschenke!

Man kann einen noch so wachen und kritischen Geist haben, wenn uns jemand ein großartiges Geschenk gibt (oder nur ankündigt) versagt dieser leider zu oft.

Das mussten nicht nur die Trojaner bitter erfahren.

Das werden die US-Menschen jetzt lernen.

So glauben Sie zu sehen: dieser Präsident nimmt uns wirklich ernst – und ich werde wichtig: so wichtig, dass ich dafür sogar akzeptiere, dass ich anstatt etwas zu bekommen, etwas geben muss. Oder besser gesagt: jemand anderes bekommt etwas … aber ich kann verstehen, dass das gut für mich ist! Und immerhin habe ich einen Präsidenten, der eine unsägliche rote Kappe trägt und mir jeden Tag SAGT, dass er mich liebt und wieder (?) groß machen wird (was ihn nix kostet!). Dann trage ich auch eine rote Kappe und fühle mich glücklich, während Milliardäre das Land ausrauben – und die Demokratie gleich mit nehmen.

Das mag mit US-Amerikanern (und sympathisierenden Populisten auf der ganzen Welt) funktionieren – ich glaube, dass das den Bewohnern von Gaza nicht reichen wird: dieses „Geschenk“, das ihnen der US-Präsident androht.

„Ich renoviere Euer Land kostenlos – und ihr wartet bitte solange vor der Tür. Wenn die Riviera des nahen Ostens dann fertig sein wird, stellen wir vielleicht fest, dass von 2 Mio Menschen nur 200.000 in das Paradies hineinpassen – aber die „restlichen“ könnten sich das ja sowieso nicht leisten. Bis dahin haben die vergessen, dass sie auch noch irgendwo wohnen wollten … Und ich und mein Schwiegersohn ziehen da auch hin und nennen es Mar a Lago Mediterraneo.

Ist es nicht unfassbar, dass trotz der Brisanz des Nahost-Konfliktes, eigentlich noch nie jemand eine ernsthaft durchdeklinierte Lösung (zusammen mit den Betroffenen) für dieses Problem angegangen ist.

Es ist doch wahrhaft leicht zu erkennen, dass hier einige Millionen Menschen seit Jahrzehnten vegetieren, die nichts mehr zu verlieren haben! Und wir können alle ermessen, welche Gefahr darin schlummert (Israel hat das bereits hautnah erfahren …).

Der Moment der Schwäche des Iran wäre vielleicht wirklich der passende Moment das ernsthaft anzugehen – aber wohl nicht durch den Märchenerzähler mit der roten Kappe, sondern durch Profis, denen das Wohl der Menschen wirklich am Herzen liegt. Warum sagen sie denn nichts dazu, Herr Gates – war das nicht mal ihr Anspruch?

Wünsche allen einen erträglichen Rest-Wahlkampf …

Der Brandenburger Tor, Berlin, 7. Februar 2025

Soll ich jetzt auch noch meinen Senf dazu geben? – 2 – „Weltteil“ Berlin

Muss ja!

Bewohner von deutlich südlicher gelegenen Gefilden der Bundesrepublik machen sich (regelmäßig aber gerade wieder besonders!) Sorgen um die Bundeshauptstadt. Das erfrischende für den zufällig so seienden oder prätentiös bekennenden Berliner an der Debatte ist, dass ihm völlig Wurscht ist, was ein Herausgeber der renommiertesten Publikation in einer Nicht-Bundeshauptstadt am Main meint.

Der Berliner will einfach nur, dass seine Kommune gut verwaltet wird – und wenn das nicht geschieht, wird der gescheiterte regierende Selbstdarsteller seine Senge rein demokratisch im Wahllokal bekommen.

Mit Staunen nimmt der Bürger , wenn er die Nerven dazu hat, zur Kenntnis, was seine „Stadt“ alles NICHT ist: Nicht wie Paris, nicht wie London, nicht wie New York und schon gar nicht wie Rom oder Buenos Aires …. Dabei hat schon Anfang des 19. Jahrhunderts der Dichter Jean Paul (aus der Fränkischen Provinz heraus) Berlin zum „Weltteil“ erklärt … dabei war damals der größte Teil der „Stadt Berlin“ noch eine Ansammlung von glücklichen Dörfern (z.B. Schöneberg!) ohne Flughafen, regiert von einem König „in Preußen“.

Mit Staunen nimmt der Berliner Bürger zur Kenntnis, dass meinungsmächtige Männer aus südlicheren Nicht-Bundeshauptstädten (und Nicht-Weltteilen nach Pauls Definition!) wohlfeile Berlin-Kritik im Rudel dirigieren, in der bundesweiten überregionalen Ausgabe ihrer Zeitung aber den Regionalteil ihrer Stadt weg lassen, weil sonst der Bundesbürger feststellen würde, das es in den anderen Kommunen eigentlich nicht besser aussieht – die Probleme sind nur anders arrangiert – die Korruption anders instrumentiert.

Berlin-Basher aller Länder vereinigt Euch, zieht alle nach Berlin und steigt praktisch in die Kommunalpolitik ein – und zeigt dann, wie es besser geht.

Derweil wird das Volk von Berlin in ca. zwei Jahren, wenn nötig den Regierenden den Hosenboden stramm ziehen – an der Wahlurne … nicht in der Praxis und nicht in der Zeitung!

Frohes Wochenende

Ihr Brandenburger Tor

10.01.2025

Soll ich jetzt auch noch meinen Senf dazu geben? – 1 – Trump-Leuchten am Horizont

Muss wohl, dachte ich schon gestern Abend, als ich las, wie Herr Günther aus Schleswig-Holstein mit Hilfe von Herrn Lanz (aus Südtirol) es geschafft hatte sich als weißer Elefant in das Treffen zwischen Merz und Söder in Seeon, Bayern, einzuschleusen.

Chapeau, Herr Günther, das hatte quasi trump’sche Qualitäten: einfach mal eine vorher (im Gegensatz zu Trump) vermutlich genau überlegte Formulierung raus hauen, so dass alles was Merz/Söder der Welt dort vorgespielt haben zur journalistischen B-Ware pulverisiert wird, gegenüber den dröhnenden Fußstapfen des weißen Elefanten. So gewinnt man mediale Deutungs-Hoheit (auch ohne Xitter und Co.) – und erzeugt ein gewisses Spannungsfeld zur Wirklichkeit, inclusive des merz’schen Klassensprecher-Momentes („bitte recht freundlich“) und dem köstlichen söder’schen Echo darauf: „Echt?“

Ich habe jetzt schon das nette bundesrepublikanische Wahl-Geplänkel über Gebühr mit einer Bedeutung aufgeladen, die es nicht hat …

Denn die Welt hat sich in der selben Zeitspanne rasend weitergedreht und wenn auch manche versuchen an Trump zu lernen, der Meister eilt allen mit ungeahnten Schritten davon – schon vor seiner Amtseinführung!

Trump hält bereits jetzt täglich Pressekonferenzen ab, die eine fast apokalyptisch anmutende Stimmung in den Medien erzeugen: wie sollen sie dem Schlagtempo des zukünftigen Präsidenten noch folgen, wenn er erst täglich fünf disruptive Ankündigungen in die Welt setzt (und diejenigen mit innenpolitischem Inhalt werden vermutlich zu uns gar nicht mehr durchgestellt?).

Ich habe den Eindruck, dahinter steckt eine clevere Taktik: Trump haut alles raus, was ihm gerade in den Sinn gekommen ist oder zugeflüstert wurde (Steve Bannon soll ja auch noch irgendwo rumoren). Sofort analysieren die Medien das bis ins Detail und er kann sich gemütlich in den Nachrichten anhören, was er wohl damit gemeint oder bezweckt hat. Und siehe da: seine Andeutungen zu Ukraine, Nato, Grönland, Kanada und China ergeben tatsächlich eine strategische Sicht. Der kann er sich jetzt anschließen – oder morgen das Gegenteil davon verkünden … bis die Medien total wundgeschrieben sind und die eigenen Verbündeten nur noch dankbar sind, wenn er endlich-endlich sagt, was er wirklich (vielleicht) tun wird – egal was!

Nicht den Mut sinken lassen!

Der Brandenburger Tor

09. Januar 2025

Brandenburger Brandstifter

Ich sitze hier zu Hause am Rande von Berlin, während die ersten Wähler in Brandenburg beginnen in die Wahllokale zu strömen, um die AfD zu wählen. Sie sind quasi meine Nachbarn, habe vielleicht einen eben an der Tankstelle getroffen, als ich die Sonntagszeitung geholt habe …

Wenn wir hier an meinem Wohnort 500m nach Süden durch den Wald gehen, betreten wir Brandenburg. Der Gedanke, dass das Übertreten einer virtuellen Linie in der Landschaft darin resultiert, dass man von einem in Wahlergebniskarten schwarz oder rot eingefärbten Bezirk in einen blau eingefärbten tritt, läßt mir keine Ruhe. Ich wechsele mehrfach in der Woche von einem Bereich in den anderen. Es handelt sich für mich um reale Menschen, von deren „Wahlverhalten“ ich glücklicherweise meist nichts ahne, wenn ich ihnen an der Straßenecke die Vorfahrt einräume oder sie mir den Kassenzettel im Einkaufszentrum aushändigen … außer bei einigen Anlass-los laut pöbelnden, dummen Mitbürgern. Aber es ist ja jeder vierte oder dritte, den ich treffe – auch und gerade die stillen, unauffälligen Menschen. Denken sie tief im Inneren: jetzt habe ich endlich Macht – sie Zittern vor mir, die „Mächtigen“, die sich freiwillig in den Fesseln der „Demokratie“ gebunden haben.
Dieser Gedanke reflektiert die Schlussfolgerung meiner monatelangen Grübeleien und Recherchen:
„Die Etablierten“ Parteien haben alle zusammen jahrelang einen Angstgegner aufgebaut und damit immer größer und größer gemacht – und dieser ist auf eine Bevölkerungsgruppe  in Deutschland getroffen, die genau das gesucht hat: einen Akteur groß zu machen, nur weil die Gelegenheit besteht (und von den Betroffenen maßgeblich mit geschaffen wurde) mit seiner Stimme Macht auszuüben, Angst auszulösen, Rache zu üben. Von diesen Wählergruppen erwarten vermutlich die wenigsten, dass genau diese AfD die tatsächlichen Probleme lösen würde
Der Teil der derzeit gängigen Analyse, dass die betroffenen regierenden Parteien und Politiker die Situation damit eskaliert haben, dass sie versäumt haben, die aktuellen gesellschaftlich-wirtschaftlich-sozialen Probleme ehrlich, wirksam und nachhaltig zu adressieren, halte ich gleichzeitig für zutreffend – diese Situation verschärft das Ganze, da die Menschen tatsächlich hunderte von Gründen finden, die bisherige Politik anzuprangern. Tatsächlich halte ich es für dämlich, das Migrationsproblem wenige Wochen vor brisanten Wahlen plötzlich anders zu thematisieren als vorher … ich glaube, dass man damit nur das Wahlverhalten eskaliert – da man plötzlich die Argumente der Gegenpartei legitimiert.
Es wird auch nicht helfen, die Gegenpartei wegen seiner nachweislich verfassungsfeindlichen Gesinnung anzuprangern oder zu dämonisieren. Gewöhnt Euch bitte ganz schnell an den Gedanken, dass diese Mitbürger so wählen WEIL die AfD verfassungsfeindlich agiert!
Dahinter steht ein ganz einfacher Gedanke: eine Verfassung kann man ändern! Gerade erst sieht man die ersten aufwachen und erkennen, das das das Ziel ist – und möglich ist!
Gewöhnt Euch bitte auch an den Gedanken, dass unter den derzeitigen Wählern der AfD ein große Zahl von Menschen ist, die am Rande stehen und jubeln werden, wenn einst die ersten  Nachfahren der Migranten, die die Bundesrepublik wirtschaftlich mit aufbauen durften, deportiert werden sollten – so wie ihre Urgroßeltern und Großeltern zigtausend-fach in Fotos dokumentiert an Rande standen und sich freuten, als Juden, die ihre Nachbarn waren und deren Familien seit Jahrhunderten deutsche Bürger waren, auf der Basis von absurden Rassengesetzen nach 1933 deportiert wurden.
Macht Euch nichts vor: die Ost-Bevölkerung ist ihrer Zeit da nur voraus – das wird alles ganz Deutschland treffen, wenn Ihr das Ruder der heuchlerischen und ängstlichen Politik nicht herum reißt. Die weithin anerkannte augenblickliche Haltung ist: „man darf doch die Wähler der AfD nicht mit der AfD gleich setzten …“
WAS DENN SONST?
Die Vorstellung: da hat jemand AfD gewählt, aber der meint es nicht so, ist absurd. Haben wir unterschiedliche Wählerklassen? Solche, die mir dem Wahlrecht verantwortlich umgehen und – solche, die nicht das meinen, was sie wählen? So geht das nicht! Da könnt Ihr die Verfassung des Landes gleich zum Verhökern frei geben! Diese Menschen SIND ALLE unsere Demokratie. Auch die, die sie abschaffen wollen.
Es liegen schon wieder Menschen in den Fenstern, die anderen zurufen: Wir kriegen Euch und wir schmeißen Euch raus (wahlweise aus Amt oder Land)! PEGIDA war der verfaulte Keim aus dem das entsprungen ist: „proud to be silly“!
Dies ist die Stunde, die Demokratie zu verteidigen.
Immanuel Kant steht bei denkenden Menschen heute höher im Kurs als je zuvor – hinter dessen Maximen gehe ich nicht zurück!
… und kommt mir nicht mit „Whataboutism“ – das ist das Denkgebäude der Denkfaulen – dort sitzt Schimmel in allen Ecken!
Berlin, 22.09.2023
© Der Brandenburger Tor

Polizistenmord! Abschiebe-Logik-Defekt … sogar beim Kanzler Scholz?

Was haben Sturzfluten in Siedlungsgebieten und schwere Straftaten von (geduldeten) Flüchtlingen gemeinsam? Sie lösen landauf-landab erwartbare, ja vorgestanzte verbale Reaktionen und Diskussionen aus – einschließlich unangebrachter Lacher. Und immer sagen einige „Siehste!“ und andere: „Oh, das ist aber sehr schwierig…“

Der Tod des Polizisten in Mannheim durch eine Messer-Attacke hat nun aber nochmal eine sehr spezielle Wendung hervorgebracht:

Plötzlich steht alleine die Abschiebung in ein Land wie Afghanistan im Vordergrund – und die Debatte blubbert  in Parlament und Talkshows so unscharf vor sich hin, dass man sich die Haare raufen könnte.

Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Nun wird über die Abschiebung von straffälligen Flüchtlingen debattiert. Wann gilt ein Mensch hier als Straftäter? Wenn er rechtskräftig verurteilt ist … durch ein Gericht, nicht durch die Meinung. Und das soll doch bitte auch so bleiben?

Also Punkt 1: der vermutliche (oder offensichtliche) Täter wird vor Gericht gestellt … und nehmen wir gleich an, dass er auch verurteilt wird.

Was dann? Das dürfte doch klar sein: der Verurteilte tritt in diesem Rechtsstaat seine Strafe an – und je nach Urteil stellt sich dann die Frage „was nun?“ viele Jahre später – oder vielleicht nie. Der Ruf „Und jetzt füttern wir den auch noch auf unsere Kosten durch!“ kommt bei mir gleich nach dem althergebrachten „Rübe ab!“ – ja, man kann alles vermeiden oder haben, sobald es geltendes RECHT ist. Sie wollen doch auch weiter im Rechtsstaat leben? Na also!

Punkt 2: Nehmen wir jetzt mal an – demnächst werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, einen verurteilten Straftäter in sein Heimatland abzuschieben und es gibt auch dafür einen legalen Kommunikationsweg mit dessen Heimatstaat (z.B. Afghanistan).

Der Fall des Polizistenmordes in Mannheim ist offensichtlich ja ursprünglich ein öfentlicher Angriff gegen Islam-Gegner. Als Gewalttat also aus islamistischer Haltung begangen. Die Tat entspricht also exakt dem Gedankengut der in Afghanistan herrschenden Taliban. Wo sollte da das Problem liegen, der dortigen Regierung die „Rücknahme“ des Täters schmackhaft zu machen, da der sich ja in bestmöglicher Weise für das Taliban-System qualifiziert hat?

Der Täter wird in Afghanistan mit Freuden aufgenommen werden, belobigt und belohnt werden. Möglicherweise bekommt er ein qualifizierte Spezialausbildung und wird mit einer Spezialeinheit wieder in den Westen entsendet, um weitere Morde an Ungläubigen zu begehen.

Liebe Politiker: es stecken große Risiken in den vorgestanzten Reflex-Erklärungen genau wie in den Lachern im falschen Zusammenhang (diesmal im Berliner Abgeordnetenhaus).

Berlin, 7. Juni 2024

Herbert Börger

 

 

Die tägliche Kolumne 31 – Politik als Inszenierung … kommt mir bitte nicht mit Logik! (Tempo 30 in Berlin)

Die Szene: in Berlin wurde 2018 auf 34 Straßenabschnitten Tempo 30 eingeführt – eine Maßnahme, für die bekanntlich überall eher hohe Hürden gelten. In diesem Falle war es aber nicht eine grünversiffte Verwaltung, die das verordnet hat – ein Umweltverband (DUH) hatte dies gerichtlich wegen zu hoher Luft-Schadstoffwerte durchgesetzt. Entsprechend erhielten die 30km/h-Schilder die Unterschrift „Luftreinhaltung“.

Und jetzt kommt’s: in einem „fortgeschriebenen Luftreinhaltungsplan“ (der neuen Verkehrssenatorin) wird heute vorgeschlagen, diese 34 Beschränkungen wieder aufzuheben weil: die Luft jetzt wieder sauber sei!

Wow – das ist mal logisch! Erfolgreiche Lösungen werden abgeschafft, weil sie erfolgreich sind! Studieren Sie bitte den Ausbildungsgang der CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiber, damit Sie erfahren, wo man so denken lernt.

Gut – es könnte auch sein, dass es einfach daran liegt, dass die CDU ja in Berlin unter anderem mit dem Versprechen in die Regierung gekommen ist, mit diesem ganzen „Tempo-30- und Radwege-Wahnsinn“ aufzuräumen. Die Senatorin kann vielleicht schon auch logisch denken, aber in diesem Falle ist es eben logischer, dass sie das Wahlversprechen (oder die Erwartung Ihrer Wähler) blind ohne Ansehen der Fakten erfüllen muss …

Übrigens: neben der Senatsposition für Verkehr im Land Berlin gibt es in jedem Berliner Bezirk noch eine/n Verkehrs-Stadtrat/rätin. Ein Bezirk in Berlin ist so groß wie eine bundesdeutsche Großstadt. Diese 12 (!) Verkehrstadträte und Verkehrsstadträtinnen kennen und planen die Verhältnisse vor Ort – haben in dieser Sache aber nix zu sagen … die meisten wollen aber anscheinend das Luftreinhaltungstempo 30 behalten.

Das ist aber wieder eine andere Frage: generell verbeißen sich Landesregierung von Berlin (Senat) und die Bezirksregierungen gerade in einer Reihe von Zuständigkeitsfragen … Lösung völlig offen. Kein Plan!

Apropos „kein Plan“!

Mich errinnert das Ganze auch wieder an die Corona-Debatte … die auch, als die größte Not vorbei war, wieder fast völlig in der Versenkung verschwunden ist. „Wir wollen doch bitte nicht schon wieder über unangenehme Dinge sprechen!“ – die könnten uns ja zum Handeln zwingen.  Selbst der Gesundheitsminister macht lieber gleich das Cannabis-Fass auf, anstatt die Schlüsse aus der COVID-19-Pandemie aufzuarbeiten.

Berlin, 22.03.2024

Der Brandenburger Tor

P.S. Das lag wohl in der Luft: am heutigen Morgen (23.03.) erfahre ich, dass sich Christian Drosten einen gesellschaftlichen Aufarbeitungsprozess wünscht. Wobei wohl erst mal notwendig wäre, einen breiten Konsens über die FAKTEN zu erzielen. Sonst setzt sich am Ende noch mehrheitlich durch, dass Impfen und Kontaktverbote in der Pandemie nichts bringen. Querdenker-Meinungen sitzen eventuell hartnäckiger im gesellschaftlichen Gedächtnis als wissenschaftliche Erkenntnis. Siehe oben: Tempo 30 zur Luftreinhaltung.

Die tägliche Kolumne – 30 – Gesetze sind keine Absichtserklärungen!

Die Bundesrepublich Deutschland wird im vor der Tür stehenden Jahr 2024 fünfundsiebzig Jahre alt. Während dieser Zeit wurden jedes Jahr vom Parlament Gesetze neu beschlossen oder geändert – nur wenige wurden gelöscht. Es ist daraus ein monströses Gesetzes-Gebilde entstanden, wobei man noch berücksichtigen muss, dass viele Gesetze Einfluss auf andere schon existierende Gesetze haben und dass die Gesetze  Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürger und des gesamten Staates haben.

Dadurch sind wir nicht nur ein Rechtsstaat sondern auch ein „Rechtsanwalts-und Richter-Staat“ geworden. Es ist zunehmend üblich geworden, dass die Opposition Gesetze von Gerichten überprüfen lässt, anstatt dass die zu beschreitenden Wege zwischen Regierung und Opposition bis zu Ende ausgefochten werden. Für die Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft wird die Dienstleistung der Gerichte beansprucht.

Zu dieser aus meiner Sicht unbefriedigenden  Situation gesellt sich zunehmend eine weitere Tendenz: es werden in oft extrem wichtigen Zukunftsthemen Gesetze beschlossen, ohne die Voraussetzungen gleichzeitig zu schaffen, dass die Gesetze auch wirklich durchgeführt bzw. durchgesetzt werden können!

Ich will nur ein simples Beispiel nennen:

Vor fast genau 10 Jahren wurde der Rechtsanspruch auf Krippen/Kita-Betreuung jedes Kindes ab dem Alter von einem Jahr geschaffen – Punkt.

Dieser Anspruch wird bis heute nicht annähernd erfüllt – es fehlt eine große Zahl von Erziehern. Ob theoretisch überhaupt genug Plätze da wären erscheint mir zweifelhaft. Die Frage der frühkindlichen Betreuung ist alles andere als ein „Luxusproblem“ der Gesellschaft. Seitdem wird an dem Thema herumgedoktort. Es wurden weitere Richtlinien für niedrigere Betreuungs-Schlüssel in diesem Bereich erlassen, die das Problem verschärfen – und auch wieder fast nie eingehalten werden (können). Sowie andere löbliche „Gute-Kita“-Gesetze …

Dieses „Nicht-erfüllbare-Gesetze“ Problem breitet sich aus wie eine Seuche – und zwar in extrem bedeutende Bereiche wie Klimagesetze, Klimafolgen und Wirtschaft.  Da wird zunehmend ein ganzes Heer von „Absichtserklärungen im Gesetzesrang“ beschlossen, deren komplexe Auswirkungen und Voraussetzungen in Gesellschaft und Wirtschaft nicht wirklich geklärt sind. Dieser Vorwurf trifft nicht EINZELNE Parteien, sondern ist über alle derzeitigen politischen Kräfte verbreitet.

So hätte die Überschrift richtiger lauten sollen: „Absichtserklärungen sind keine Gesetze!“

Und dann wird ein Thema (Klimapolitik) noch neu in den Verfassungs-Rang erhoben, weil man es eben WILL – aber ohne annähernd zu wissen, ob man es KANN. Und schon vor 10 Jahren wurde die „Schuldenbremse“ in den Verfassungsrang erhoben, die der Regierung heute endgültig nur noch wenige Reaktions-Möglichkeiten läßt. Schon die lineare prozentuale Koppelung der Schuldenquote and das BIP erscheint mir absurd: wenn das BIP sinken sollte, müsste man eigetlich die öffentlichen Investitionen erhöhen, nicht senken!

Dies hat kein AfD-Anhänger geschrieben: ich bin genau das Gegenteil jener Klientel! Sie können das in diesem seit 7 Jahren bestehenden Blog inhaltlich überprüfen. Vielmehr fördern genau die Politiker die AfD, die sich den Ruhm großartiger Gesetzesvorhaben ans Revers heften, ohne sich um deren Voraussetzungen und Erfüllbarkeit zu kümmern. Dies ist eine verkappte Form des Populismus – eine „ich wünsch mir was“-Gesetzespolitik.

Hiermit endet vorläufig mein täglicher Blog – ich werde mich wieder von Zeit zu Zeit und von Thema zu Thema immer wieder melden. Ich wünsche allen eine ruhige Winter-Zeit ohne neue schmerzliche Krisen!

Aphorismus des Tages (Danke, Herr Merz – Sie klassifizierten die aktuelle Regierung als „Klempner der Macht“ … und dies ist mein Kommentar):

Wenn die ganze Regierung aus Klempnern bestünde, wüssten die als Selbständige Unternehmer jedenfalls, was sie tun müssen und wie eine Bilanz auszusehen hat! (Der Brandenburger Tor)

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 30.11.2023