Das fängt ja gut an – 334 – Kommunikation Jung zu Alt

Ich fühle mich heute früh sehr-sehr zufrieden (das ist die Vorstufe des Glücks…): heute – kurz nach Mitternacht, schickte uns einer unsere Söhne einen Link zu einem wirklich beeindruckenden,  stark dystopisch eingefärbten Animationsfilm auf youtube (https://m.youtube.com/watch?v=j800SVeiS5I&feature=share) – kurz nach sechs Uhr heute früh äußerte sich ein anderer Sohn (wir sind über einen Chat-Kanal alle gleichzeitig verbunden) zu dem Fundstück und wir hatten einen kurzen Austausch darüber, der demnächst in einem GESPRÄCH Auge-in-Auge führen wird.

Es geht hier nicht um den Inhalt des Animationsfilmes, den ich oben nur deshalb geteilt habe, um einen Eindruck zu schaffen, um welche Art von Inhalt es ging.

Vielmehr wollte ich hier teilen, welches Glück es sein kann, wenn man im fortgeschrittenen Alter im (virtuellen) Kreise seiner Familie eine REGE Kommunikation haben kann. Die ist vor allem auch dadurch geprägt, dass die Älteren und die Jüngeren jeweils unterschiedliche Dinge wissen bzw. erfahren haben, die die jeweils andere Generation nicht hat… wobei der Austausch in großem gegenseitigen Respekt verläuft! (Wir Eltern sind etwa doppelt so alt wie unser jüngster Sohn…)

Dies ist gleichzeitig ein Loblied auf die verfügbaren Möglichkeiten des Netzes: eine solche spontane ad-hoc-Kommunikation wäre ja früher überhaupt nicht denkbar gewesen, wenn man nicht am selben Ort ist (und das ist eben die Regel!). Man stelle sich vor, einer hätte den Impuls, dem anderen etwas mitzuteilen und ruft an: besetzt oder geht nicht ran. Bis zum Abend ist der „Impuls“ verloren oder vergessen. Sie würden Vater/Mutter wohl auch nicht einfach so kurz nach Mitternacht anrufen… Eine kurze Mail oder Nachricht kann man aufnehmen, nachdem man sich einen Kaffee gemacht hat und bevor man in 15 Minuten zur U-Bahn, ins Studio oder in den Stall muss. Jüngere schaffen es sogar stehend in der U-Bahn darauf zu antworten… Denkt auch ein bißchen daran, wenn Ihr das nächste Mal darüber lamentiert, dass die alle dort nur auf Ihre Mobiltelefone starren: vielleicht starren sie ja gar nicht, sondern chatten ganz intensiv mit Ihren Altvorderen?

Danke Internet und mobiles Netz!

Ja, was sonst, werden Sie sagen – das ist doch alles sehr trivial!

Stimmt – ist es … ich möchte trotzden immer wieder sagen: gerade der Diskurs zwischen Jung und Alt ist wichtig und kann – richtig angewendet – sehr stark von den neuen Möglichkeiten profitieren!

Aphorismus des Tages: „Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein.“ (J.W. von Goethe, dt. Dichter, 1749 – 1832)

Bild des Tages: Sehr oft möchte ich ein Baum sein… Sehr lange wachsen… in der Hoffnung, dass diese gierige und erfolgreiche Spezies eines zweibeinigen Tieres meine Baumfreunde um mich herum stehen läßt!

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Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 27. November 2017

Das fängt ja gut an – 347 – braucht Familie Demokratie?

Aphorismus des Tages: “ Die Familie ist die älteste aller Gemeinschaften und die einzige natürliche.“ (Jean-Jacques Rousseau, 1712-1778, französischer Philosoph)

Gibt es Demokratie in der Familie?….

… braucht Familie Demokratie?

Wenn man, wie ich, dem Rousseau-Zitat zustimmt, folgt daraus, dass die Familie keine Form der Demokratie ist, denn: Demokratie ist eine Staatsform und als solche einerseits „willkürlich“ andererseits „künstlich“. (Beide Attribute sind hier nicht als Bewertungen, sondern als sachliche Zuordnungen verstanden!) „Demokratie“ ist mir in keinem Falle als Prinzip der Natur bekannt – und das wird von Demokratie-Gegnern gerne als Argument gegen sie benutzt… was natürlich sinnlos ist. (Sollte es relevante Beispiele für Demokratie in der Natur geben, wäre ich für Belehrung dankbar!) Somit sind „naturbelassene“ (also „un-erzogene“) Menschen erst mal keine Demokraten.

Dennoch kann man die Frage auf einer „höheren Ebene“ stellen: kann man wesentliche Elemente der Demokratie in die Familie einfügen – zum Beispiel, um dort bereits demokratische Prinzipien zu „üben“? Schwierig!

(Definition: als Familie ist in diesem Diskurs verstanden: Eltern plus noch nicht volljährige Kinder (egal wieviele von jeder Sorte und Geschlecht).)

Gerade halbwüchsige Familienmitglieder zwischen 12 und 16 bringen diesen Punkt gerne selbst auf, sobald sie erfahren haben, was Demokratie ist, und wie sie (ungefähr) funktioniert. In diesem Alter fühlt man sich (naturgemäß) von allen Seiten unterdrückt (von Familienmitgliedern, Schule). Sie versprechen sich davon Freiheit, eigenen Einfluss – Selbstbestimmung.

Dem steht – bei nicht volljährigen Kindern – die Aufsichts- und Sorge-Pflicht der Eltern entgegen. Von dieser Pflicht kann man sich nicht entbinden mit der Begründung: „das Kind hat es so gewollt“ oder „wir haben das demokratisch so beschlossen“. Das gilt nicht! Alles beginnt ja eigentlich schon damit, dass Kinder nicht gefragt werden, ob sie gezeugt werden möchten…..

Daraus folgt: Familie in der obigen Definition kann keine „Untermenge der Demokratie“ sein. Familie braucht keine Demokratie, sie ist für die Funktion der Familie nicht wichtig. Die Prinzipien der Demokratie erlernt man durch Bildung – und Beobachtung der Vorgänge in Politik und Gesellschaft.

Viel wichtiger ist, dass die Familie einer der wichtigsten Übungsräume für die Grenzen der persönlichen Freiheit sein muss: wo ist die Grenze meiner individuelle Freiheit – wo beginnt der Anspruch der Anderen? Das ist die Grundlage JEDER Gesellschaftsform – AUCH der demokratischen. Familien in denen dieses „Training“ nicht erfolgreich absolviert wird, vergehen sich an jeder Gesellschaft, in die sie neue Mitglieder entsenden, die ihre Grenzen nicht kennen. Man muss allerdings befürchten, dass die Demokratie gegen diese Form der Störung besonders empfindlich ist.

Sind alle Kinder volljährig geworden und haben – meistens – das Nest verlassen und ihren autonomen Lebensweg beschritten, beginnt ein völlig neues Spiel für die „neue Familie“: jetzt KANN sie, wenn alles gut läuft, die Früchte ernten und (auch) eine Demokratie sein.

Ich hatte vor drei Tagen über die „digitale Brutpflege“ geschrieben ( Das fängt ja gut an – 350 ) – in dem dort geschilderten „virtuellen Nest“ herrscht bei uns „vollendete Demokratie“… glaube ich.

Witz des Tages – komplexe familiäre Herrschaftverhältnisse:

Enkelin, 8 Jahre: „Oma, der Opa glaubt, dass er immer alles bestimmen darf!“ Oma: „Wir lassen ihn in dem Glauben.“

Bild des Tages: Die letzte Frucht des Jahres am Baum – bald werden die „Früchtchen“ völlig autonom ihren Lebensweg finden!

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Herbert Börger

Der Brandenburger Tor, 13. November 2017