Den Sinn der Idee des Völkerbundes und deren Ausgestaltung nach dem 2. Weltkrieg in Form der Vereinten Nationen brauche ich sicher niemandem heute zu erklären.
Was ist aber aus der großen Idee zur Vermeidung von Krieg und Unterdrückung geworden?
Als wichtig und anerkannt, dürften die Teilorganisationen zur Bewahrung und Schutz von Kultur, Bildung, Gesundheit und gegen Hunger und Flüchtlingselend gelten.
Aber die Idee der globalen Schiedsorganisation, d.h. „Weltregierung“ oder „globaler Rechtsstaat“ mit „Weltpolizei“-Kompetenzen kann meines Erachtens als gescheitert betrachtet werden.
Dafür verantwortlich sind diese „Geburtsfehler“:
1. Fünf Veto-Mächte im Sicherheitsrat
2. Die UNO hat keine eigenen Eingreiftruppen
Hinzu kommt noch, dass der dahinter stehende Gerichtshof selbst von mehreren der größten Veto-Mitgliedern nicht vollständig anerkannt ist.
Diese Krankheiten haben sich inzwischen zu einer fast vollständigen Lähmung entwickelt.
Ich weiß nicht, was zu tun wäre. Wie sollte sie reformiert werden? Ist der riesige Gesamtaufwand noch gerechtfertigt, damit die UN derzeit bei einigen wenigen regionalen Konflikten helfen kann?
Aber ich sehe ähnliche Probleme auch bei anderen, klassisch eigentlich sehr gut aufgestellten Bündnissen: man hat den Eindruck, dass sie wie ein Organismus von einem Krebs von innen ausgehöhlt und zerstört werden. Gibt es eine Diagnose dafür? Ich kann meinerseits nur erkennen, dass in allen Fällen Autokratie und Nationalismus mit im Spiel sind.
Das beste Beispiel ist für mich neben den UN derzeit die NATO, in der gerade der NATO-Partner Türkei sich mit einer fremden Macht (Russland) in engste – kriegerische und wirtschaftliche – Beziehungen verbündet und (verdeckt) gegen Sanktionen verstößt, die die NATO verhängt hat. Russland selbst währenddessen bezeichnet die NATO offen feindlich als seinen größten Feind und gibt im Staatsfernsehen Vernichtungsphantasien gegen die NATO Raum.
Und selbst in der EU gibt es derzeit zwei von 27 Mitglieder, die offen und ohne erkennbare Reue gegen Bündnisstatuten verstoßen – aber die kann man wenigstens sanktionieren.
Jetzt werden vielleicht „Realpolitiker“ sagen: heult nicht rum – so ist die Welt halt und auch wir haben noch irgendwelche Interessen an dem letzten Schurkenstaaten. Verträge werden ja eigentlich gemacht, weil man es für durchaus möglich hält, dass jemand sie verletzt.
Wenn das so wäre, würde ich dafür plädieren, dass man sich eine Realpolitik ausdenkt, in der der Vertragsbruch dem „Brecher“ wirklich sehr weh tut – und wenn der den deshalb nicht unterschreibt, gibt es eben keinen Vertrag – und man nutzt die gewonnene Zeit, um bessere Partner zu finden!
Was für eine Welt!
Herzlich
Der Brandenburger Tor
Herbert Börger, 28.11.2023