Nackter Wahnsinn …

… Potsdam – nicht Dein Ernst!?

Ich schlenderte gestern mit meiner Frau aus der Altstadt Potsdams in Richtung der Langen Brücke. Da erblickten wir direkt hinter der Straßenbahnhaltestelle neben der Kollonade dieses Ensemble, das offensichtlich dem rekonstruierten Stadtschloss bzw. Landtag neu hinzugefügt wurde:

LANDTAG_PUTTI

Ich war regelrecht geschockt! Für einen Abiturienten-Scherz erscheint es wesentlich zu aufwändig.

NackterWahnsinn1_MG_0239_crop

Das rekonstruierte Knobelsdorff’sche Residenzschloss ist ein sehr schöner, edler und würdiger Baukörper für einen würdigen Zweck genutzt – und die Potsdamer Bürger wollten halt mehrheitlich lieber die historische Rückschau in ihrer Stadt anstatt die Chance zu nutzen, ein Zeichen zeitgenössischer Achitektur zu setzen.

Aber nun? Rokokko-Kitsch aus feudalistischer Zeit hinter der Straßenbahnhaltestelle … ? Selten ist das Gefühl des Fremdschämens so heftig in mir aufgestiegen.

Hier das Ensemble noch einmal unter Einbezug des Umfeldes (nein – nichts installiert!) – schade: kein Putto auf dem e-Roller …

IMG_0239_web

Hier werden also künftig Menschen auf dem Weg von ihrem Erst- zum Zweit-Job vorbei hetzen. Welche Botschaft sendet dieses „Ding“ jenen Menschen? Vielleicht: wenn Du Dich ordentlich anstrengst und Deine erste Milliarde zusammengekratzt hast, kannst Du Dich auch mit ein paar Millionen Spendengeld in Deiner Stadt verewigen – den rekonstruktions-wütigen Potsdamer Vereinen wird da immer noch etwas einfallen …! Irgendwas muss mit dem vielen Geld ja geschehen.

Sollte aber jemand eine Information besitzen, dass das Putten-Septet doch irgend einen (klugen) Ironiebezug hat, wäre ich dankbar für Ihren Kommentar … auch gerne per Email an den admin dieser Seite.

Der Brandenburger Tor

Berlin, April 2023

P.S.: Heute, am 30.08.23 war ich anläßlich eines Barberini-Besuchers wieder vor Ort. Insgeheim hatte ich gehofft, dass es vielleicht doch nur eine temporäre Installation für Film-Dreharbeiten gewesen sein könnte … aber es ist immer noch da!

Auch wiederholte visuelle Untersuchung ergibt übrigens keinen Zusammenhang der „Amouretten-Treppe“ zu einer Tür in der Außenwand des Landtags-Schlosses. Also vielleicht doch ein Kunstwerk mit philosophisch-gegenwartskritischem Bezug … oder gar eine kafkaeske Parabel?

P.P.S.: Nun habe ich mich doch endlich bequemt, zu recherchieren, was es mit dem „Lusttreppchen“ auf sich hat … Ergebnis:

https://www.spsg.de/index.php?id=12080

Hm, ich muss sagen:

Die Stellen und Autoritäten, die hier aktiv verantwortlich sind, haben den Kontakt zu den Realitäten unseres Landes völlig verloren und betreibt eine absurde Rekonstruktions-Verdisneylandisierung von Potsdam.

Das fängt ja gut an – 299 – Ein Rückblick um 6 Jahre

Zeit für einen Rückblick!

Nein: ich blicke nicht auf das gestern vergangene Jahr zurück! Das wäre nun wirklich albern … Ich halte Sie alle für geistig völlig präsent: das wissen Sie doch selbst alles noch, was im abgelaufenen Jahr geschah – und wenn nicht, dann wäre es doch deprimierend, wenn ich Sie jetzt damit konfrontieren würde. Wir wollen lieber nach vorne schauen – ab morgen!

Mein Rückblick geht einige Jahre weiter zurück. Ich habe erst geschwankt zwischen 6 oder 7 Jahren. 7-Jahres-Intervalle (also 6,5 … 7,5 Jahre) waren in meinem eigenen Berufsleben durchgängig bedeutende Einschnitte. Dann habe ich mich aber doch für 6 Jahre entschieden weil ich 72 Jahre alt bin und Zahlenspiele liebe.

Mein Alter ist also 72 = 6 x 12. Man kann das sprachlich unterschiedlich ausdrücken und dabei fällt mir auf, was für ein Dickicht von Assoziationen Sprache sein kann… Sage ich: „ich bin 6 Dutzend Jahre alt“ so ist das schlimmste was assoziativ passieren kann, dass sich jemand 6 Kartons mit je 12 Eiern vorstellt.

Sage ich aber: „ich bin 12 mal 6 Jahre alt“ dann klingt das irgendwie merkwürdig: zwölf mal versucht – aber immer bei 6 Jahren hängen geblieben? Nun ja, ich glaube das ist genau, was meine Frau denkt …

Der Jahreswechsel 2011/2012 war medienseitig beherrscht durch mehrere „Persönlichkeiten“, sagen wir mal für alle vier zutreffend: „schillernde Persönlichkeiten“ – aber auf ganz unterschiedliche Weise.

Die erste Presönlichkeit war der damalige Bundespräsident Christian Wulff.

Der kämpfte in den Wochen um den Jahreswechsel um seinen guten Ruf. Ich schrieb am 24.12.2011 auf: >>Viele mögen meinen, Wulff sei zu retten … aber er ist „verbrannt“! Seine Autorität ist als dem derzeitigen Hauptobjekt der Zeitungskarrikaturen und Comedien-Szene nicht zu retten. Ich gebe ihm noch 2 Wochen.<<

Es wurden dann 6 Wochen mehr (17.2.2012) – aber das waren 6 Wochen, auf die Wulff im Nachhinein sicher gerne verzichtet hätte!

Am 4.2.12 notierte ich folgenden schrägen Einfall: „Kommt ein Bundespräsident zum Psychiater und fragt: Hatte ich nicht vor 205 Jahren das Spießrutenlaufen abgeschafft?“

Das Spießrutenlaufen war für Christian Wulff sehr real – die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen erwiesen sich schließlich als nicht haltbar. Gestolpert ist er nachträglich betrachtet über ein katastrophales Krisen-Management.

Vorerst gescheitert“ – einen anderen Rücktritt hatte es bereits im Frühjahr des Jahres 2011 gegeben. Wenn Sie heute in die bekannte Suchmaschine den Begriff „Der Lügenbaron“ eingeben, stoßen Sie an 7. Stelle auf „Karl-Theodor zu Guttenberg„.

Die Veröffentlichung einer Art Rechtfertigungsschrift mit dem Titel „Vorerst gescheitert“ jetzt genau zum Jahreswechsel 2011/12 – inhaltlich ohne nennenswerte Selbsterkenntnis seit dem Rücktritt – erwies sich ebenfalls als kein gutes Krisenmanagement.

Ich notierte mir damals die Zukunftsvision: “ Die Erfolgs-Story des Lügenbarons geht weiter: „Vorläufig gescheitert – Teil 2: Endgültig gescheitert!“

Die dritte Person in meinem Rückblick auf die Jahreswende 2011/12 ist: Thilo Sarrazin.

Ich notierte am 29.01.2012 unter dem Titel „Zufall schafft Erkenntnis“ folgendes:

(Anmerkung: der Zufall bestand darin, dass ich eine Original-Ausgabe von „Mein Kampf“ in den 1960er Jahren im Bücherschrank meines Vaters fand und sorgfältig aufbewahrt habe, so dass ich just in dem Zeitpunkt, als Herr Sarrazin durchs Fernsehen tönen durfte, diese zur Hand hatte!)

Seit einigen Tagen Dauerbeschallung mit Sarrazin-Worten war schließlich der Punkt erreicht – ich sehe einen kurzen Fernseh-Ausschnitt aus einer originalen Sarrazin-Rede:

„Wenn man in eine Herde von Rennpferden einen Ackergaul einkreuzt, dann sinkt anschließend die …. Geschwindigkeit merklich…“

Ich habe „Mein Kampf“ aufgeschlagen und begonnen zu lesen. Natürlich zuerst die Pamphlete über die RASSEN! Sofort ist sie erkennbar: die Diktion, die Wortwahl.

Bei Adolf Hitler, Mein Kampf steht – nachdem er mehrere Beispiele über Arten aus dem Tierreich beschrieben hatte wörtlich folgendes:

… Das Ergebnis der Rassenkreuzung ist also, ganz kurz gesagt, immer folgendes: a) Niedergang des Niveaus der höheren Rasse, b) körperlicher und geistiger  Rückgang und damit der Beginn eines, … , fortschreitenden Siechtums.

Angewidert wendet sich der Zeitgenosse ab – es bleibt nur zu sagen: zukünftig einfach die Klappe halten, Herr Sarrazin!

Zur Erholung von soviel „schwierigen“ Themen ein zwar auch trauriges Ereignis – aber eines das eine großartige Persönlichkeit unseres Geisteslebens ins Licht rückt. Ich notierte unter dem 29.1.2012:

„Letzte Woche ist Carl Weissner gestorben!“

(Es war genau der 24.01.12) Das war der Mann, der uns Deutschen Charles Bukowski geschenkt hat! Und auch alle die anderen Underground-, Beat- und Cut-up-Autoren übersetzt hat! Ein wirklich großer Name – und nicht einmal so alt geworden wie ich jetzt bin….

Bleibt mir nur noch ein letzter Punkt aus meinen Notizen jener Wochen nachzutragen:

Unter dem 20.1.2012 schrieb ich:

„Immer wieder gibt es Anläufe, andere „weiche“ Drogen außer Alkohol zu legalisieren. Für den Fall, das dies bei Cannabis eintritt, hat die Yoghurt-Marke „Froop“ bereits ein Produkt in der Schublade:

Yoghurt des Jahres: Maracuya-Marihuana<

Und für den Fall, dass auch harte Drogen dann folgen würden, hat Mövenpick in der Schublade:

Eis des Jahres: Schnee auf dem Kilimandscharo<

Auf die Yoghurt-Sorte warte ich aber trotz inzwischen erfolgter begrenzter Freigabe von GRAS noch heute.

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 01. Januar 2018