Die tägliche Kolumne – 9 – Die Getriebenen 2

Wie müssen wir uns den Arbeitstag eines Politikers vorstellen?

Kategorie: Bundespolitiker. Unter-Gruppe: Regierungspartei.

Ort: irgendein Ministerium – Zeit: früh um 6:00 h

Email-Eingang: „Bling – bling – bling!!!“  Erste Mail: Hast Du gestern „Lanz“ gesehen? Wer hat den denn da hin geschickt? Das gibt Ärger – und morgen ist die nächste Umfrage fällig! Zweite Mail: Gibt es beim ZDF keinen Rundfunkdraht? (Freud’scher Versprecher!) Kann man den nicht canceln? Dritte Mail: das hätte es unter Helmut Schmidt nicht gegeben! Da hätte man sich wenigstens hinten rum einen reingewürgt und nicht auf offener Bühne.

Unter-Gruppe: Christliche Oppositionspartei

Anlass: Fraktionssitzung – Zeit: 9:00 h

Ist denn schon Weihnachten? So ein Geschenk bekommt man nicht jeden Tag – wer macht jetzt aus der Vorlage der Regierung etwas für uns? – Fraktionsvorsitzender: Hab‘ ich doch längst erledigt! Schau gefälligst in meinen X-Account. Alle anderen im Saal: Neiiiiiiiin!!! Nicht schon wieder.

Kategorie: Kommunalpolitiker

Ort: Rathaus irgendeiner niederbayerischen Gemeinde – Zeit: bei der gemeinsamen Brotzeit

Die da oben fetzen sich mal wieder endlos. Wir ziehen jetz einfach unser Ding durch. Der Hubert gibt uns Feuerschutz – der hat jetzt einen Opfer-Status erreicht und darf alles sagen, was er will. Mit dem neuen Landrat geht da was! Das ist so krass! Wir schwimmen auf der Umfrage-Welle …

(Der Autor ist stolz: “ … und nicht einmal den Begriff Populismus benutzt!“)

Copyright Der Brandenburger Tor

09.11.2023 Herbert Börger

Die tägliche Kolumne – 8 – Die Getriebenen 1

Nun ist es wieder geschehen:

Eine Politiker-Runde hat sich von allen (vernünftigen) Regeln, die sonst für Gremiensitzungen oder gar das Arbeitsrecht bestehen könnten, befreit und bis in den frühen Morgen durchgetagt.

Der Chef der Veranstaltung – Kanzler Olaf Scholz –  hatte das  Ergebnis der Veranstaltung (sog. „Flüchtlingsgipfel“, owohl kein einziger Flüchtling dabei war …) morgens vor der Presse als „historisch“ bezeichnet. Dies hatte ich zunächst der Tatsache zugeordnet, dass ihm während der Nachtsitzung kein Ministerpräsident temporär von der Fahne gegangen war (wie Angela Merkel seinerzeit der legendäre Horst Seehofer). Am Ergebnis kann es ja nicht gelegen haben …

Dann fiel mir ein, was ich wenige Tage zuvor gelesen hatte: bei Schlafentzug wird im Gehirn viel Dopamin ausgeschüttet (richtig: hat mit Doping zu tun!), das legendäre Glückshormon – und das ist eben in der Lage, die Teilnehmer am Schlafentzug zu euphorisieren! Einschränkend muss man anmerken, dass die Forschungsergebnisse nicht an Kanzlern/Ministerpräsidenten ermittelt wurden, sondern an Mäusen und irgendwelchen anderen Wirbeltieren …

Andererseits muss man bedenken, dass die Mäuse ja voraussichtlich nicht – wie unsere Politiker – zusätzlich von Populismus getrieben sind, eine Vorerkrankung, die nach meiner Vorstellung doch die Bereitschaft des Organismus zum demonstrativen Ausschütten von Dopamin erhöhen könnte.

Interessant war im Zusammenhang zu den eingangs erwähnten Regeln und Vorschriften eine Beobachtung, die ich zufällig gestern gerade unabhängig von diesen Ereignissen machen durfte:

Ich brachte ein Paket zu einer DHL-Packstation, vor der zufällig gerade ein Paketwagen hielt. Das ist manchmal eine schöne Gelegenheit, das Paket mit weniger Stress am Scanner der Station los zu werden. Nicht so in diesem Falle! Die beiden Mitarbeiter konnten das Paket leider nicht entgegen nehmen, da ihr Scanner gerade zentral zur Einhaltung der Pausenzeiten in den Pausenmodus geschaltet und daher nicht benutzbar war!

Ist das nicht eine großartige Fürsorge des Arbeitgebers? So frage ich Sie als Bürger dieses Landes: wollen Sie, dass der „Scholzomat“ auch so eine Pausen-Zwangssteuerung bekommt? (Wer weiß, was der sonst unter Dopamin-Einfluss demnächst noch alles als historisch verkünden wird?)

Nein, Sie können hier im Gegensatz zu anderen journalistischen On-Line-Formaten nicht wirklich abstimmen … ich halte sowas nämlich für populistischen Journalismus-Schwachsinn.

Morgen dann etwas Ernstes zu den getriebenen Politikern …

Copyright Der Brandenburger Tor

08.11.2023, Herbert Börger

Die tägliche Kolumne -1 – Halloween

Gestern abend, 31.10.2023:

In den Spätnachrichten von rbb24 wird (gefühlt) 5 Minuten über den abendlichen Halloween-Auftrieb im Stadteil Berlin-Gatow berichtet. In Erinnerung ist mir geblieben, dass eine Frau sich beklagte, sie habe extra 5 Liter Kartoffelsuppe gekocht, die sie nun wegen des Regens nicht verteilen könne (?). Diese Information wird nun auf Ewig in den Archiven des Fernsehsenders rbb erhalten bleiben!

Bei einem der offenbar unvermeidlichen Anwohner-Interviews stellt sich schließlich heraus, dass dies heute der bedeutendste Feiertag des Jahres sei.

Nächster Beitrag: in gekonnt kurzgefassten 15-20 Sekunden wird darauf hingewiesen, dass sich heute abend auch Menschen in Kirchen trafen, um eines Martin Luther zu gedenken, der vor 506 Jahren möglicherweise (!) ein Plakat mit 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche von Wittenberg anschlug.

Im Jahr 2033 wird sich ein Kind seine Hausaufgabe über die „Lutherische Reformation“ von einer KI im „Stile einer 12-jährigen Schülerin“ erstellen lassen:

Vor dem Jahr 1517 waren in Europa alle Menschen katholisch, deshalb hatten sie noch nicht gemerkt, wie schlimm es ist, katholisch zu sein. Aber Martin Luther verschloss auf dem Weg zur Halloween-Party seine Kirche in Wittenberge und hängte 95 Thesen an die Tür. Obwohl die Thesen in lateinischer Sprache geschrieben waren, fanden alle das gut und traten in seine neue Religion ein, die viel besser sein sollte. Mein Opa sagt immer, dass die Menschen das lesen konnten, weil sie eine viel längere Aufmerksamkeits-Spanne hatten! Ausserdem hat Martin Luther  11 Tage später noch eine Übersetzung in Deutsch gemacht, daher werden wir dann den Martins-Tag feiern.

Aber das ist heute auch schon alles vorbei, da jetzt alle nur noch im Internet sind, was leider auch nicht immer nett ist. Aber da kann man jetzt gar nicht mehr austreten.

Aphorismus des Tages:

Die KI ist eine unendlich große, träumende Maschine.

Sie saugt das auf, was wir  für Realität gehalten haben und schafft (vorläufig nur nach Anweisung) etwas, was wir als unsere Wünsche wieder erkennen … so wie wir eine Person oder Landschaft im Traum schon zu kennen glauben. Unsere Träume erscheinen uns ohnehin oft plausiebler als das „wirklich“ erlebte.

01.11.2023, Copyright: Der Brandenburger Tor – Herbert Börger

 

Reisen stählt …

… zumindest die Entscheidungsfähigkeit!

(oder: Mehdorn ist an ALLEM schuld…)

Entscheidungen gefordert! aber fix bitte…

Nichtraucher?

Diese eine Entscheidung wurde uns abgenommen.

Aber dann: l

…lohnt sich 1. Klasse auf dieser Fahrtstrecke überhaupt ?

Reservierung?

Sitz mit Tisch?

Fenster oder Gang?

Abteil oder Großraum?

Im letzten Falle ist die Begegnung mit einem H1N1 wahrscheinlicher – trifft man aber auf einen im Abteil, hat er viel Zeit einen voll zu durchseuchen!

Über Köln oder Düsseldorf???

(Was soll das denn? Gesinnungs-Schnüffelei?)

Bahncard?

25?

50?

110 Prozent?

Sparpreis oder Normalpreis?

Mit oder ohne Zugbindung?

Mitreisende?

Mini-Gruppe?

Vorausbuchung?

Als alt gedienter Häufig-Bahnfahrer habe ich den Vergleich, dass der Kauf einer simplen Hin- und Rückfahrt mit Reservierung nun etwa doppelt so lange dauert wie ganz früher – trotz monströser Server-Computer und Programme im Hintergrund.

Sicherheitshalber werden die ganzen Daten vermutlich gespeichert – auf Vorrat… man weiß ja nie wozu man etwas noch mal braucht. (Stimmt – wenn ich so in meinen Keller schaue!)

Man kann dann in einigen Jahren gezielt einen Versicherungsvertreter auf dessen Wunsch (und gegen einen Obolus…) neben mich setzen, weil Leute mit meinem Nutzerprofil besonders anfällig dagegen sind, Versicherungen während der Bahnfahrt abzuschließen…

Es sei denn, ich ergänze aktiv mein Profil: keine Versicherungsvertreter neben mich setzen, bitte!!!

Dagegen ist Fliegen ein Klacks!

Wie wohl unsere entscheidungsgehemmten jüngeren Nachfahren mit so komplizierten Situationen klar kommen? Sie kommen ja bekanntlich schon mit so simplen Fragen schwer zurecht wie: „Soll ich mich binden? Und warum ausgerechnet mit Ihr/Ihm – ohne alle anderen ausprobiert zu haben?“

Weiter geht es dann im Abteil – die Wahl kann ich übrigens empfehlen: sie schützt vor der Fernwirkung von Acht-Personen-Gruppenreisenden, die – euphorisiert von  den vorbei huschenden Bäumen, Brücken und Bahnhöfen – pausenlos hysterisch lachen müssen.

Das Abteil schafft ein bisschen Gruppenmentalität und ermöglicht manchmal noch ein Gespräch:

Die Standard-Eröffnung ist die Verspätung – in Ermangelung einer solchen (häufiger als Sie denken!) das Wetter. An beidem ist natürlich Bahnchef Mehdorn schuld!

Wenn Sie mehr von dem Gespräch haben wollen, empfiehlt sich, die Widerspruchs-Position einzunehmen.

Also: als einziger nicht auf die Bahn schimpfen sondern Verständnis zeigen: bei der hoch-komplexen Netzsituation in Deutschland ist es eine Bravour-Leistung, dass es nicht noch mehr Verspätung gibt… und dann die Selbstmörder alle!

Knapp die Hälfte Der Gesprächspartner kippt sofort um und stimmt Ihnen zu. Zwei Reisende folgen nach der Argumentation mit – frei erfundenen – statistischen Daten. Der letzte verstummt verbittert, weil er jetzt in der Minderheit ist.

Eine Alternative: Sie teilen mit, dass der Mehdorn das jetzt gar nicht mehr macht!

Verblüffung: wieso gibt es dann immer noch Verspätung?

Aber keiner weiß, wie der Boss der Bahn jetzt heißt – ich auch nicht…

Das ist eine gefährliche Situation!

Unmut könnte sich jetzt anders äußern, schlimmstenfalls gegen das aktuelle Zugpersonal richten.

Liebe politisch Verantwortliche!

Ein Vorschlag zum Schutze des Zugpersonals:

Jeder, der die Führung der Bahn übernimmt, sollte sich amtlich in „Mehdorn“ umbenennen (nein: der II., III., VI. … brauchen wir nicht).

So ein klares Feindbild wirkt Wunder zur Ableitung negativer Emotionen.

Herr Mehdorn (I.) wird sicher nichts dagegen haben, bei dem großen Einvernehmen, in dem er sich vom Amt getrennt hat!

Zum Trost wird er schließlich ja doch noch als „Mehdorn der Große“ in die Geschichte eingehen…

Copyright Der Brandenburger Tor, Herbert Börger, 2010

Vorsicht vor vermeintlich angenehmen Beschäftigungen !

Mit einem Aphorismus wäre manchmal im Grunde alles gesagt…

Problem:

wenn ich alle Themen, die ich in meinem Essay streifen wollte, nur in Form von Aphorismen darreichen würden, wäre zwar dasselbe gesagt – aber Sie könnten nach 5 Minuten das Buch zu klappen!

….und hätten für eine Woche was nachzudenken!

Auch keine schlechte Lösung – im Interesse beider Seiten, wohlgemerkt. Sie hätten dann frei – und ich könnten mich auch endlich angenehmeren Beschäftigungen als es das Schreiben ist, widmen.

Obwohl:

einige vermeintlich angenehme Tätigkeiten haben es besonders faustdick hinter den Ohren, wenn man sie mal genauer betrachtet.

Beispiel: von Zeit zu Zeit wünschen wir uns alle mal, in Geld zu schwimmen. Also – im übertragenden Sinne…

Sie, gnädige Frau, stellen Sie sich bitte vor, dass Sie dauernd im Geld schwimmen würden.  Ach ja, gerne? Na, warten wir mal ab:

Nach 3 Jahren haben Sie alle kosmetischen Operationen zweimal durch, niemand kennt Sie mehr wieder, nicht mal Ihre Kinder, außerdem genügt es denen sowieso, wenn Ihr Scheck kommt – Sie sehen inzwischen aus wie die Werbe-Tusse von Saturn, lebenslänglich.

Sie ziehen von Trauminsel zu Trauminsel, aber Sie fühlen sich nirgendwo zu Hause.

Das beunruhigt Sie und sie konsultieren ihren Star-Psychotherapeuten – ein tapferer Mann, der sich jede Mühe gibt, aber nicht einmal er schafft es mit seinen Liquidationen, Sie von Ihrem eigentlichen Übel zu befreien, nämlich von dem Geld, in dem Sie schwimmen.

Schließlich löst der Therapeut dieses Problem, indem er Ihnen mitteilt:

das liegt daran, dass Sie dort – auf ihrer Trauminsel – tatsächlich nicht zuhause sind!

Dort kennen Sie niemanden – alle betrachten Sie nur als nie versiegende Trinkgeld-Quelle – bei kräftigem Wind ist es wahnsinnig gefährlich, unter Palmen herumzulaufen und zu 85% des Jahres steht der Wind so, dass es am Strand höllisch nach verwesenden Meeres-Organismen stinkt und ins Wasser können Sie auch nicht gehen, weil es da furchtbar giftige Quallen gibt.

Jetzt ist der Punkt gekommen, an dem Sie beginnen von einem einfachen Häuschen an einem sandigen Brandenburgischen Kartoffelacker zu träumen, an dem keine Kokosnüsse neben Ihnen herunter krachen und es nur 75% des Jahres nach Gülle stinkt, aber das merken Sie gar nicht mehr, denn das sind Sie ja gewohnt. Und der Bauer, der gerade auf dem Trecker vorbeifährt grüßt Sie, weil er Sie kennt.

So gesehen sind Sie hier viel besser aufgehoben.

Denken Sie mal drüber nach – dann kann ich ja jetzt Schluss machen und etwas angenehmeres tun…! Tschüß!

Copyright 2009, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger

Das Böse im Menschen mit der Gentechnik eliminieren!?

(Dies ist eine Mischung aus Glosse und Essay – ich nenne das, seit ich es vor 10 Jahren erfand, „Glossay„. Den folgenden Text habe ich am 17.06.2011 geschrieben. Ich finde, er passt sehr gut zum heutigen Thema des Trans-Humanismus.

EIN DISKURS

(Der „Skeptiker“ in diesem folgenden Dialog bin ich…)

– Es ist jetzt nachgewiesen: man kann Embryonen so behandeln, dass das Böse im Menschen eliminiert wird!

– Wer hat das nachgewiesen?

– Ein gigantisches amerikanisches Forscherteam, finanziert von Bill Gates mit zig Milliarden.

– Glaub‘ ich nicht.

– Doch: Gates will, dass die Welt gut wird – wirklich!

– Ich zweifle nicht daran, dass der sowas will. Ich glaube nicht an das Ergebnis, dass die Welt gut wird dadurch, dass man „das Böse“ im Menschen eliminiert.

– Wieso? Ist doch eine Super-Konzept: warum immer die Folgen des Bösen in der Welt bekämpfen anstatt das Böse an der Wurzel zu tilgen?

– Das wollte Hitler auch. Und das ist nur ein Beispiel für die, die vermeintlich Gutes bewirken wollten und dadurch Böses taten.

– Hmpfff?

– Hitler hat sich damit „begnügt“, den Teil der Menschheit auszurotten der für ihn das Böse verkörperte. Dieser will nun gleich die ganze Menschheit ausrotten! Ich gebe zu: das ist eine wirklich konsequente Lösung!

– Wie kommst Du darauf?

– Die behandelten Embryonen sind keine „Menschen“ mehr.

– So’n Quatsch! Wenn man das Böse in den Menschen auslöscht sind das dann eben „gute Menschen“ – ist doch prima!

– Irrtum! Ich habe immer geahnt, dass man verblödet, wenn man zu reich wird! Nur das Gute und Böse zusammen ergeben – annähernd im Gleichgewicht gehalten – einen einigermaßen erträglichen Menschen.

– Das verstehe ich nicht…

– Diese „Gut-Menschen“. von denen da gefaselt wird, werden furchtbar sein, weil sie nicht mehr wissen, was gut und böse ist – alleine schon weil ihnen die Kategorie dafür fehlt.

– In Philosophie war ich nie so stark…

– Und offensichtlich auch nicht in Logik! „Gut“ alleine gibt es genauso wenig wie Licht oder Finsternis – beides ist jeweils für sich alleine eine Apokalypse!

– Tja… ?

– Aber mal eine konkrete Frage: wie wollen die das denn überhaupt machen? Wenn da quasi begonnen wird, eine „Gutmenschen-Sekte“ zu züchten: die sind doch ohne Hochspannungszaun drum herum den vielen „Gut/Böse-Normalos“ gar nicht gewachsen. Das ist wie wenn man eine Population von Menschen völlig keimfrei aufwachsen ließe: die würde der kleinste eindringende Keim sofort ausrotten!

– Tja, das soll ja auch keine Sekte werden – eher umgekehrt: die Vereinigten Staaten (also die an-sich-Guten!) haben einen Antrag auf Zwangs-Behandlung aller Embryonen ab 1.1.2022 bei der UNO gestellt.

– Erstaunlich – sonst war doch UNO immer eher des Teufels…  Und wenn sich jemand trotzdem weigert, seine Nachkommenschaft zu behandeln? – Sowas verletzt doch ein Menschenrecht.

– Nein das verletzt kein Menschenrecht: es wurde umgekehrt als Menschenrecht anerkannt, dass Embryonen das Recht haben behandelt zu werden. Also verletzt Du mit Deiner Weigerung das Menschenrecht deiner Nachkommen… Du wirst dann mit Deiner Nachkommenschaft in die unbewohnbaren Gebiete um alle GAU-Reaktoren umgesiedelt. Dort müßt ihr für das fehlende Bruttosozialprodukt schuften.

– Dann gehe ich eben da hin – lieber verstrahlt unter Menschen als unter Monstern.

– Naja, so toll sind die Perspektiven für uns noch konventionell gut-bösen  Alt-Menschen eigentlich auch nicht: solange bis die gesamte Menschheit bis Alter 70 Jahre auf den neuen Gutmenschen-Typen umgestellt ist: wir bekommen ein Grundeinkommen, müssen für das Bruttosozialprodukt arbeiten und werden in einer Art geschlossenen Anstalt unter Aufsicht gehalten.

– Da wäre es aber billiger, das jetzt mit dem gesamten Forscherteam und ihren Geldgebern zu machen, die wären in einer geschlossenen Anstalt unter Gleichgesinnten sicher sehr glücklich – Selbstversuch ist bei denen doch sowieso gerade in Mode.

© Copyright 2018, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger

Hüh, Ackergaul Chronos!

Hier und da fallen in oder zwischen den Zeilen meiner Prosa verräterische Bemerkungen über

„kurze, schmerzfreie Momente“, die der Eigner des Körpergehäuses als „Glück“ empfindet.

Fachkundigen Lesern aus einschlägigen Berufen verrät dies zweifellos, dass dieser Körper-Eigner offenbar die Gefilde jenseits des sechzigsten Lebensjahres durchpflügt, wo – um im Bilde zu bleiben – die Äcker immer steiniger werden und der Pflug daher laufend von Kollisionen erschüttert und am vorwärts Stürmen gehindert wird.

Ja: Stürmen!

Denn: im Gegensatz zu den offenbar schwindenden Kräften dessen, der den Pflug zu führen hat – ohne dass er ein Wahl hätte – scheinen die Kräfte des Ackergauls ins Unermessliche zu wachsen! Immer schneller zerrt er den Pflug durch den holprigen Acker – bis er schließlich den Entkräfteten samt Pflug unter die Scholle zieht!

Dampfend und schnaubend bleibt der Gaul stehen.

Sein Name?

CHRONOS!

Und schon blickt er sich nach einem neuen Opfer um….

Nachsatz:

Manche Bilder erlangen eigenmächtig eine gewisse unwiderstehliche, barocke Kraft und reißen einen hin.

Ich möchte aber ausdrücklich und aus eigener Erfahrung hier nachsetzen, dass ich die Äcker des Menschenlebens jenseits der Sechzig keinesfalls für unfruchtbar halte, so wie ich die analoge Behauptung, dass die Jugend eben „schmerzfrei“ sei, für eine Legende halte.

Und dies ist keineswegs im übertragenden Sinne gemeint… Etwa: die Schmerzen des Alters sind körperlich, die der Jugend seelisch!

Nein! Ich vergleiche Gleiches mit Gleichem: die Zipperlein der Jugend sind noch kein gesellschaftliches Thema, besonders weil die Youngsters damit noch nicht einen Arzt „unterhalten“ wollen… Vor allem aber wähnt man sich weit entfernt vom bleichen Tode, und neigt eher zur Auffassung, das gehe schon wieder weg – was es ja auch meistens tut!

Will sagen:

„Die Summe der Schmerzen ist über die Lebensdauer konstant!“

Copyright 2009, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger

Es fährt noch ein Zug von der Gare de l’Est

oder: Train-A-Grand-Vitesse-Déprimé

(Motto: so ein Zug ist ja schließlich auch nur ein Mensch!)

Eigentlich fährt natürlich ständig ein Zug von der Gare de l’Est, besonders nach Deutschland – und mittlerweile: was für Züge! SuperHochgeschwindigkeitszüge (im Nachbarland Train a Grand Vitesse = TGV genannt).

Aber auch deutsche! – die 400 km/h und mehr erreichen können und dabei sanft und leise dahin schweben – wenn sie dürfen!

Leider ist die Fahrt von Paris nach Mannheim für den deutschstämmigen Superzug eine geradezu erniedrigende Prozedur!

Kaum ist der Rand der Ile de France erklommen, geht der Zug schnurstracks auf Höchstgeschwindigkeit und gleitet mit grandioser Fahrtruhe seinem Heimatland entgegen.

Dafür haben unsere westlichen Nachbarn extra eine gerade Linie mit dem Lineal von Paris bis ins Lothringen nördlich von Metz gezogen und dann auf der Linie entlang ein neues Gleis ohne Haltestelle gebaut. Das scheint dem weißen Pfeil auf Schienen mächtig zu behagen.

Als erfahrener und technikverliebter Reisender blicke ich mich jetzt erwartungsfroh um, da ich gerne wüsste wie schnell der jetzt unterwegs ist.

Da sind zwar hochmoderne elektronische Anzeigetafeln mit roter Schrift an beiden Wagenenden, aber die geben in winziger Schrift, die man vom Sitzplatz ohnehin nicht lesen kann, ständig nur bekloppte Reservierungs-Hinweise, die der, der hier im Zug sitzt, jetzt gerade nicht braucht, denn sonst säße er ja nicht hier…!

Kaum aber ist das grandiose Vehikel in Lothringen – wahrscheinlich eine Strafe für die teilweise deutsche Vorgeschichte – auf einen Schleichgang abgebremst worden, erscheint plötzlich doch noch in riesigen Lettern weithin sichtbar auf dieser Tafel: 125 km/h !!! Erstaunlich, ich hätte jetzt 60 km/h geschätzt…

Noch einmal beschleunigt das weiße Phantom mächtig – prompt erscheint in der Anzeige wieder Kleingedrucktes. Erst als wir gemächlich nach Saarbrücken hinein bummeln, freut sich die Großanzeige wieder über sagenhafte 100 km/h.

Hier keimte bei mir der Verdacht auf, es könnte durchaus dies quasi eine Demonstration von systemkritischen Programmierern mit Zugang zum Anzeige-System darstellen, die jedem, der bereit ist das wahrzunehmen entgegen schreit: sieh nur – in diesem Bummeltempo ist Euer Land in die Zukunft unterwegs, und in nicht ferner Zeit wird die Zukunft über euch hinwegbrausen, so wie dieses weiße Phantom über die triste Landschaft der Champagne!

Herr Mehdorn würde dies wahrscheinlich nicht bemerken, selbst wenn er im Zug säße, denn er weiß das ja schon und er würde sich eben darüber freuen, wie elegant sein Geisterzug durch Frankreich huschen kann.

Nun finde ich eine derartige zukunftspolitische Demonstration gar nicht schlecht, hätte da aber noch einen eigenen Vorschlag parat:

man nutze die Anzeige, die ja den größten Teil der Fahrtzeit eher ungenutzt ist, um auf ihr kurze Gedichte und Aphorismen  anzuschreiben – gerne auch für den Reisezweck passend umgedichtet:

„Ich setzte

meinen Fuß

in den Zug –

– und er trug!“

(Sorry, Hilde!)

oder

„Ein Zug ist ein Zug ist ein Zug“

Aber vielleicht ist das zu teuer, wegen der fälligen Tantiemen an die Dichter und ihre Erben…. Und der garantiert tantiemefreie Ovid ist eben lateinisch.. und nicht ganz jugendfrei.

(Aber falls doch Interesse besteht: ich habe als Gymnasiast eine fabelhafte Ovid-Übersetzung verfasst – in Hexametern! – die hätte ich günstig abzugeben.)

Es folgt, was man schon ahnte: nach ausgiebigem Halt in Saarbrücken – wahrscheinlich darf nur ein Lockführer der passenden Nation jeweils den Wachhalte-Knopf im Leitstand drücken – schaukelt uns der Schienen-Potenzprotz für den Rest der Reise durch idyllische, heimische Täler und Auen.

Das gezügelt dahin gleitende Schienen-Ungetüm träumt jetzt wahrscheinlich schon wieder von der Rückfahrt, wenn es wieder wie ein Pfeil über die karge Champagne- und Marne-Landschaft fliegen darf.

Für mich hielt die elektronische Anzeigetafel allerdings noch eine kleine Gemeinheit parat: als ich kurz vor Saarbrücken aufblickte, stellte die Anzeige in großen Lettern gerade die Frage:

„Haben Sie auch nichts vergessen?“.

Kurz darauf erschien – für das Volk der französischen Analphabeten eingebettet zwischen Piktogrammen eines Koffers und eines Regenschirmes: „Oublié quelle-que chose?“

Das war natürlich an die gerichtet, die – überrascht über die kurze Fahrt und halb besoffen jetzt gerade noch rechtzeitig aus dem Bord-Bistro torkelten und in Saarbrücken ohne ihr Gepäck aussteigen wollten.

Anstatt dessen durchfuhr es mich siedend heiß: am letzten Tag in Paris hatte ich mein Gepäck im Hotel deponiert, um es auf der Metro-Fahrt zum Bahnhof bei einer kurzen Unterbrechung in St.Germain-des-Prés dort abzuholen. Und das hatte ich vergessen!

Die ganze Zeit des Aufenthaltes im Bahnhof von Saarbrücken redete ich auf den Schaffner ein, er möge den Lokführer zur Umkehr bewegen, um mein Gepäck noch aus dem Hotel abzuholen. Ich ließ erst nach der Weiterfahrt von ihm ab, da mir auch klar war, dass der Zug nicht auf offener Strecke umdrehen konnte.

Im Augenwinkel sah ich noch, dass er danach sofort zum Telefonhörer griff, und ich befürchtete schon, dass in Kaiserslautern einige Pfleger in weißen Anzügen am Bahnsteig stehen würden. Zeit genug wäre ja gewesen, um sie zu mobilisieren… Aber ich hörte dann, dass er doch nur seine Frau anrief, sie möge ihm schon mal einen Melissentee kochen, heute seien wieder lauter Bekloppte im Zug unterwegs!

Kurz vor Mannheim wache ich auf, als wir durch Ludwigshafen ruckelten.

(Bitte: das heißt jetzt „Metropolregion Rhein-Neckar“ – sic! Ob jemand den mittelhochdeutschen Stabreim gemerkt hat? Vielleicht eine beabsichtigte Erinnerung an die Nibelungen?).

Der Blick nach oben offenbarte mir erleichternd die Anwesenheit meines Koffers – verursacht die extrem hohe Reisegeschwindigkeit vielleicht doch schlechte Träume?

Als ich meinen zentnerschweren Trolley zum Ausgang zerre, angelsächselt die Anzeigetafel ironisch auf mich ein:

„Your Luggage?“

(O Sanctus Globalinius!)

Copyright 2009, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger

Der starke Vielfraß und das Wunderkraut – (k)ein Märchen

Es war einmal (und es war vielleicht auch nicht – wie in türkischen Märchen hinzugesetzt werden soll, wie ich hörte …) ein unglaublich starker Mann. Er saß auf einem schönen, traditionsreichen und fruchtbaren Land. Da er so stark war, die meisten Menschen aber in Ruhe leben wollen, hatte er die Macht im Lande an sich gezogen und man hatte teils aus Bequemlichkeit, teil aus Angst dies zugelassen.

Der unglaublich starke Mann brauchte aber auch unglaublich viel Fressen, um seine Macht, die er immer mehr auf seine einzige Person zugeschnitten hatte zu befriedigen.

Nachdem er schließlich das ganz Land leergefressen hatte und schon fast keiner mehr wagte, seinen Anteil am Ertrag des Landes einzufordern richtete er seinen Augenmerk auf die Grenzen des Landes und sah alle die guten Früchte, die die Menschen dort zur Verfügung hatten.

„Ihr müsst mir davon abgeben!“ rief er denen zu, „denn ich bin unglaublich stark und ich habe nichts, während Ihr im Luxus lebt. Das ist ungerecht!“ Erst drohte er nur – und dann fing er an, sich zu nehmen, was er von den Nachbarn wollte. Erst kleine Portionen, dann immer größere.

Er fraß und fraß.

Die Nachbarn fingen an, an den Grenzen des Vielfraßes stachelige und übel riechende Gewächse anzupflanzen. Aber es half nichts: der unglaublich starke Mann hatte längst aufgehört, irgendetwas zu schmecken oder zu fühlen – weder stachelig noch bitter – nichts schien ihm etwas anhaben zu können. Wenn er dann die Macht übernommen hatte, riss er alles an sich, denn er war inzwischen der Meinung, dass es für die Menschen da draußen historisch viel großartiger sei, unter seiner Macht zu verhungern, als einfach so dahin zu vegetieren, ohne seiner Größe zu dienen.

In seinem Fressens-Rausch hatte der unglaublich starke Mann völlig vergessen an seine liebe Großmutter zu denken. Großmütterchen hatte ihn als Kind gehätschelt und behütet – nun wurde sie von ihm nicht mehr beachtet. Sie war aber jetzt von großer Sorgen gebeugt, darüber, was aus ihrem Enkel geworden war.

Nun gut, sagte sie zu sich, wir haben bei Vladis Erziehung versagt: wir müssen versuchen das wieder gut zu machen. Und so machte sie sich auf den Weg, um ein Kräutlein zu suchen, dass ihren Enkel heilen könnte. Sie zog durch das Land, sie sprach mit allen Weisen des Volkes und bekam dabei so manchen Rat, pflückte dann ein Kraut, das sie dann an seine Leibspeise, das „Oligarchen-Schutzgeld“ , mischte. Aber nichts wirkte, nichts bewegte den Vielfraß zu einer Umkehr.

Eines Tages traf sie eine uralte Frau, die ihr Ur-Ur-Enkelkind auf dem Schoß hätschelte. Die Greisin gab ihr lächelnd folgenden Rat: „Von weisen Männern, die selbst schon ihr Leben lang unter der Macht des unglaublich starken Mannes leben, kannst Du keine Hilfe erwarten. Suche das „Weise Kind“ – es kennt die Lösung. Durchwandere die Dörfer – es könnte in jedem einzelnen sein.“

So durchwanderte die Großmutter des unglaublich starken Mannes viele Dörfer in der Mitte des Landes und beobachtete dort das Leben und achtete besonders auf die Kinder.

Eines Tages fand sie vor einem Dorf ein Kind von etwa 8 Jahren in einem Feld kauern, das sanft und zart ein zierliches Grünpflänzchen zu hegen schien. Es strich über die Blätter des Krautes und zog immer wieder leicht aber über eine längere Zeit daran. Ab und zu erhob das Kind den Blick und lächelte die alte Frau an, die geduldig zu Warten beschlossen hatte, um zu erleben, was hier geschah. Irgendwie hatte sie das Gefühl, hier am Ziel zu sein.

Das Pflänzchen bildete zusammen mit tausenden gleichen Kräutern eine schimmernde Wiese, die sich über den ganzen Talgrund des Baches ausbreitete. Das Kind schenkte seine ganze Aufmerksamkeit aber ausschließlich einer einzigen kleinen Pflanze am Rande der Wiese.

Nachdem die Großmutter dem Kind eine Stunde zugeschaut hatte, fragte sie das Kind: „Wie nennst Du das Kraut – und was tust Du damit: wirst Du es pflücken?“

„Es heißt Wunderkraut“, sagt das Kind, „ja, ich werde es pflücken, aber das dauert noch einige Zeit. Es ist mühselig, aber es erhält uns als Gemeinschaft, sagt meine Urgroßmutter. “

„Was machst Du dann mit dem Kraut?“

„Ich bringe es meiner Urgroßmutter, die mir beigebracht hat, das Kraut zu ernten. Die wird es an unser Abendessen tun, damit es uns stark und gesund erhält.“

„Musst Du jeden Tag so lange Zeit damit verbringen, ein einziges Kraut zu pflücken?“

Inzwischen hatte sich ein alter Mann genähert und setzte sich ein Stück weiter ebenfalls an den Wiesenrand und begann ein Kraut zu hegen.

„Nein, das tut jeden Tag am Nachmittag ein anderes Familienmitglied. Man kann sich eigentlich auch nicht dabei unterhalten, denn ich muss, während ich immer wieder sanft an der Pflanze ziehe, meine Gedanken hinab senden zu den Wurzeln – sie sind zehnmal länger als die Pflanze selbst. Dabei erfahre ich ihre Gesetze und kann sie schließlich mit sanfter Kraft heraus ziehen. Wenn Du hier bleibst, kannst Du erleben, was dann passiert.“

Dann schwieg das Kind wieder und widmete sich – genau wie der alte Mann in der Nähe – nur noch der Pflanze.

Die Großmutter saß da und verlor vollständig das Gefühl für die Zeit, obwohl inzwischen etwa zehn weitere Menschen sich am Wiesenrand dazu gesellt hatten. Deshalb konnte sie hinterher auch nicht genau sagen, wie lange es dauerte, bis sich das Kind aufrichtete und glücklich strahlend das Pflänzchen mit dem langen, unversehrten Wurzelgeflecht daran in die Höhe hielt. Es lief ein freundliches Raunen durch die Menschengruppe – auch mit einem „Gut gemacht, Yuri“ dazwischen.

Das Erstaunlichste aber war, dass in dem Moment, in dem das Kind die Pflanze mit der Wurzel heraus gezogen hatte, ein wundervoller Duft die Luft erfüllte, der bewirkte, dass unmittelbar ein tiefes Glücksgefühl die Großmutter durchströmte. Das überzeugte sie davon, dass hier etwas ganz Besonderes geschah, denn eigentlich war sie durch die Sorge um ihren Enkel schon ganz grämlich geworden.

Das Kind lief zu seiner Urgoßmutter und die Großmutter des unglaublich starken Mannes folgte ihm und lernte nun die Menschen im Dorf kennen, die sie mit freundlicher Gastlichkeit empfingen. Leider musste sie erfahren, dass man das „Wunderkraut“ nicht haltbar machen konnte, damit sie es mitnehmen konnte. Sie musste sich damit begnügen, nun diese Geschichte zu kennen und mit sich führen zu können.

Leider ist es ja gar nicht so verwunderlich, dass „Großmutter Vielfraß“ in gleichem Grade dumm war, wie ihr Enkel stark  zu sein glaubte. Man muss ihr wohl aber zugute halten, dass sie verständlicherweise daran glaubte, dass auch in ihrem Enkel tief drinnen etwas Gutes schlummerte, von dem sie hoffte, dass es durch das Wunderkraut zum Vorschein gebracht werden könnte.

Also ging sie zu ihrem Enkel und berichtete ihm von ihrem Fund und schlug ihm vor, von dem Kraut zu kosten, da es anscheinend die Menschen weise und friedlich mache.

Der unglaublich starke Mann ließ sofort seine Truppen in das Nachbarland einmarschieren und verkündete: „Ihr habt das unglaubliche Glück, dass ich die Last auf mich nehme, auch Euch zu beschützen und für Euch zu sorgen. Zum Ausgleich müsst Ihr mir nur Euren Besitz aushändigen.“ Daraufhin verfiel das Land in großes Elend und eine Hungersnot brach aus, da der Vielfraß ja alles Essbare für sich brauchte.

Aus dem Gebiet des Wunderkrautes ließ er alle Menschen evakuieren, die Region streng bewachen und seine Truppen mussten einen geschützten Korridor bilden, durch den er schließlich zum Wunderkraut gelang. Denn obwohl er glaubte, der stärkste und natürlich weiseste Mann der Welt zu sein – denn er glaubte selbstverständlich selbst alles, was er der Welt ständig über sich und seine Größe bekannt gab – hatte er mittlerweile panische Angst vor dem kleinsten Mäuslein, von dem er annahm, dass es ein Instrument seiner Feinde sei, die ihn vernichten wollten.

Von der Erzählung seiner wunderlichen alten Großmutter glaubte er natürlich kein Wort, sondern befahl, das Wunderkraut mit allen möglichen Werkzeugen und Maschinen auszugraben und zu ernten: aber man roch nichts, wer die matschigen, zerzausten Kräutlein auf seinen Befehl probierte, schmeckte und spürte nichts davon.

Als schon fast alle Flächen, die vom Wunderkraut bewachsen waren, bis auf wenige Kräutlein verwüstet waren, ordnete er an, dass seine Großmutter seinen drei Vizegenerälen ihre Geschichte noch einmal erzählte. Alle drei mühten sich ab, ein Kräutlein mit Geduld heraus zu ziehen. Zwei Vizegeneräle mühten sich vergeblich – dem letzten aber gelang es nach vielen Stunden. Als er den Duft der herausgezogenen Wurzeln wahr nahm, wurden ihm die Last und Verantwortung all seiner Untaten als Helfershelfer des unglaublich starken Mannes schlagartig bewusst und er tötete sich selbst augenblicklich, indem er sich in sein Schwert stürzte. Die anderen beiden Vizegeneräle brachte der Vielfraß eigenhändig um, da sie versagt hatten.

Die Großmutter des starken Mannes kehrte traurig und erschüttert nach Hause zurück. Da wurde ihr heimlich die Nachricht überbracht, dass das Kind, das sie zuerst bei dem Wunderkraut getroffen hatte, in einem Kerker der Hauptstadt gefangen sei. Sofort machte sie sich auf den weg dorthin. Sie verspürte das Bedürfnis, sich bei dem Kind zu entschuldigen.

Das Kind nahm aber die Entschuldigung der Großmutter nicht an. Es sagte:

„Was Du getan hast, hast Du getan und es hatte schreckliche Folgen. Ich kann Dir aber nicht verzeihen, da Du das, was Du tun KÖNNTEST, nicht getan hast – und Du bist die einzige, die es tun kann: versohle Deinem Enkel, der glaubt, ein unglaublich starker Mann zu sein, den Hintern … denn Du bist die Einzige, die das tun kann!“

„Ich bin eine schwache, alte Frau,“ erwiederte die Großmutter des starken Mannes, „wie könnte ich meinen Enkel körperlich züchtigen?“

„Du kannst!“ erwiederte das Kind. „Aber Du willst es nicht. Wenn Du es nicht tust, musst Du mit der Schuld leben.“

Zweifelnd machte sich die Großmutter auf den Weg. Sie erkannte aber, dass der Rat des Kindes die einzige Möglichkeit darstellte, an der Situation etwas zu ändern. Sie erwartete, dass der Enkel sie mit einem Schlag zerschmettern würde, wenn sie versuchen würde ihm Gewalt anzutun. Aber sie erkannte, dass es die einzige Möglichkeit sein würde, sich von Ihrer Schuld zu befreien.

So ging sie zu Ihrem Enkel, dem unglaublich starken Mann, legte ihn über das Knie und versohlte ihm den Hinter, dass er drei Wochen nicht mehr sitzen konnte. Dann stellte sie ihn ein Ultimatum: wenn er die Regierung nicht niederlegte, würde sie aller Welt erzählen, dass sie ihn über das Knie gelegt hatte – und es auch noch öffentlich wieder tun, sodass alle es sähen.

Da sah der unglaublich schwache starke Mann ein, dass sein Spiel aus war und zog sich hinter die sieben Berge zurück.

Seine Großmutter aber rief die im Land die Republik aus und machte das Kind und seine Großmutter zu Sonderministern für die Neuaufzucht des Wunderkrautes überall im Lande – und sie lebten glücklich und in Frieden.

Berlin, den 31. März 2022

Der Brandenburger Tor

 

Als sich Pandemie noch auf Ironie reimte

Aphorismus des Tages:

„Humor ist die Geschenkverpackung der Verzweiflung!“ (Der Brandenburger Tor)

Ist die Pandemie das Problem oder die Lösung?

Ich blätterte in meinen alten Aufzeichnungen während der Pandemie – hatte ich da schon mal die Lösung gefunden?

Unter dem 18.02.2020 fand ich immerhin DIES:

Ich bin mal wieder im Baumarkt unterwegs mit dem Ziel, dereinst wirklich jede noch so kleine und abgelegene Erdkrume im Garten (wenn nötig) zweimal am Tag zu befeuchten (ich tue dies schon im 4. Jahr!).

Die „Einkaufenden“ – die gleichzeitig Pandemie-Teilnehmer sind! – Umkurven sich zunächst elegant mit ihren obligatorischen Einkaufsgefährten in gebotenem Abstand. Unvermittelt stoße ich mitten im Markt auf eine schier unübersehbare Reihe von Menschen, die stoisch vor sich hin dösen: also nehmen wir einmal an, dass dies die Kassenschlange sei – auch wenn die Kassen noch nicht sichtbar ist … aber ich kenne die Richtung: die stimmt.

Immer wieder verlasse ich die Schlange, weil mir einfällt, welchen Adapter-Verteiler-Nippel mit 1/2-Zoll-3/4-Zoll-Übergang ich vergessen habe, um beim Zurückkehren festzustellen, dass ich von den Bewohnern der Schlange in die frei gehaltene Lücke wieder hineingewunken werde. Welche geheime Kraft hat es geschafft, dass plötzlich alle Menschen so aufeinander achten? Wird das von Dauer sein?

Hatte ich schon erwähnt, dass wir gerade in einer Pandemie leben?

Das ist irgendwie aufregend und neu! Das Virus – wenn man sich daran gewöhnt hat, ist es kein Problem mehr, dass es „sächlichen“ Geschlechts (also eigentlich KEINES Geschlechts) ist. Das ist sogar gut. Da das Wort so viel benutz wird, ist es praktisch, dass wir uns dabei nicht gleichzeitig mit seiner Genderisierung beschäftigen müssen.

Das Virus ist allgegenwärtig – aber unsichtbar. Deshalb beschäftigt es die Phantasie. Das ist aber für Viele problematisch – so ohne visuelle Komponente, quasi abstrakt – aber trotzdem sächlich. Darum haben Wissenschaftler es trotz seiner Kleinheit sichtbar gemacht – und siehe da: es sieht aus wie ein Käseigel mit lauter aufgespießten Bonbel-Kügelchen. Da wir es uns jetzt vorstellen können, hat es jetzt einen Kosenamen: wir sagen Corona zu ihm … äh – zu es? Wieso sagen wir „ihm“ zu „es“? Obwohl es SARS-CoV-2 heißt.

Habe ich schon erwähnt, dass dieses Corona-Virus sau-gefährlich ist?

Besonders für meine Frau und mich – so an die 75 und mit Vorerkrankungen, die alleine dieses Buch füllen würden. Weil es so gefährlich ist (und obwohl es so klein ist), wird das Bild vom Corona immer sehr-sehr groß dargestellt. In einer Talkshow ist das Bild vom CORONA hinten an der Wand meist größer als die „Talkenden“ (eine der schönsten Gender-Bezeichnungen, die ich kenne! Das wäre doch mal ein Name für eine Punk-Band: „Corona und die Talkenden“).

Das Virus spricht zu den Menschen durch sogenannte „Virologen“ („wir logen“? – na egal!).

Habe ich schon erwähnt, dass wir praktisch über nichts anderes mehr sprechen als über Corona? – und Trump natürlich …

Virologen sind extrem vertrauenswürdige Menschen (so eine Art Schamanen der Wissenschaft) die das, was das Virus vor sich hin quatscht, entschlüsseln und übersetzen – und zwar für unsere Regierenden. Die sagen uns dann alle 14 Tag, was wir tun müssen – bzw. eigentlich, was wir NICHT tun sollen – oder was wir nicht sollen müssten … sagen die Virologen, sagen zu uns die Regierenden.

Habe ich schon erwähnt, dass unsere Regierenden sehr klug sind?

Sie wollen uns nicht sagen, dass wir etwas tun  – oder eigentlich lassen – müssen, sondern sie lassen uns das – notfalls sogar durch die Kanzlerin – von den Virologen ausrichten, was wir tun – oder lassen – sollen.

Wir Bürger sind enorm folgsam und tun nicht, was wir lassen sollen.

Es gibt auch ein paar Leute die heulen rum: sie wollen ihr „altes Leben“ wieder und behaupten, es gäbe noch etwas anderes als das Virus. Aber das haben die Virologen noch nicht geschafft, dem Virus das zu übersetzen, damit es sich daran hält.

Schade!

Berlin, 20. Mai 2021