Hüh, Ackergaul Chronos!

Hier und da fallen in oder zwischen den Zeilen meiner Prosa verräterische Bemerkungen über

„kurze, schmerzfreie Momente“, die der Eigner des Körpergehäuses als „Glück“ empfindet.

Fachkundigen Lesern aus einschlägigen Berufen verrät dies zweifellos, dass dieser Körper-Eigner offenbar die Gefilde jenseits des sechzigsten Lebensjahres durchpflügt, wo – um im Bilde zu bleiben – die Äcker immer steiniger werden und der Pflug daher laufend von Kollisionen erschüttert und am vorwärts Stürmen gehindert wird.

Ja: Stürmen!

Denn: im Gegensatz zu den offenbar schwindenden Kräften dessen, der den Pflug zu führen hat – ohne dass er ein Wahl hätte – scheinen die Kräfte des Ackergauls ins Unermessliche zu wachsen! Immer schneller zerrt er den Pflug durch den holprigen Acker – bis er schließlich den Entkräfteten samt Pflug unter die Scholle zieht!

Dampfend und schnaubend bleibt der Gaul stehen.

Sein Name?

CHRONOS!

Und schon blickt er sich nach einem neuen Opfer um….

Nachsatz:

Manche Bilder erlangen eigenmächtig eine gewisse unwiderstehliche, barocke Kraft und reißen einen hin.

Ich möchte aber ausdrücklich und aus eigener Erfahrung hier nachsetzen, dass ich die Äcker des Menschenlebens jenseits der Sechzig keinesfalls für unfruchtbar halte, so wie ich die analoge Behauptung, dass die Jugend eben „schmerzfrei“ sei, für eine Legende halte.

Und dies ist keineswegs im übertragenden Sinne gemeint… Etwa: die Schmerzen des Alters sind körperlich, die der Jugend seelisch!

Nein! Ich vergleiche Gleiches mit Gleichem: die Zipperlein der Jugend sind noch kein gesellschaftliches Thema, besonders weil die Youngsters damit noch nicht einen Arzt „unterhalten“ wollen… Vor allem aber wähnt man sich weit entfernt vom bleichen Tode, und neigt eher zur Auffassung, das gehe schon wieder weg – was es ja auch meistens tut!

Will sagen:

„Die Summe der Schmerzen ist über die Lebensdauer konstant!“

Copyright 2009, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger