Brandenburger Brandstifter

Ich sitze hier zu Hause am Rande von Berlin, während die ersten Wähler in Brandenburg beginnen in die Wahllokale zu strömen, um die AfD zu wählen. Sie sind quasi meine Nachbarn, habe vielleicht einen eben an der Tankstelle getroffen, als ich die Sonntagszeitung geholt habe …

Wenn wir hier an meinem Wohnort 500m nach Süden durch den Wald gehen, betreten wir Brandenburg. Der Gedanke, dass das Übertreten einer virtuellen Linie in der Landschaft darin resultiert, dass man von einem in Wahlergebniskarten schwarz oder rot eingefärbten Bezirk in einen blau eingefärbten tritt, läßt mir keine Ruhe. Ich wechsele mehrfach in der Woche von einem Bereich in den anderen. Es handelt sich für mich um reale Menschen, von deren „Wahlverhalten“ ich glücklicherweise meist nichts ahne, wenn ich ihnen an der Straßenecke die Vorfahrt einräume oder sie mir den Kassenzettel im Einkaufszentrum aushändigen … außer bei einigen Anlass-los laut pöbelnden, dummen Mitbürgern. Aber es ist ja jeder vierte oder dritte, den ich treffe – auch und gerade die stillen, unauffälligen Menschen. Denken sie tief im Inneren: jetzt habe ich endlich Macht – sie Zittern vor mir, die „Mächtigen“, die sich freiwillig in den Fesseln der „Demokratie“ gebunden haben.
Dieser Gedanke reflektiert die Schlussfolgerung meiner monatelangen Grübeleien und Recherchen:
„Die Etablierten“ Parteien haben alle zusammen jahrelang einen Angstgegner aufgebaut und damit immer größer und größer gemacht – und dieser ist auf eine Bevölkerungsgruppe  in Deutschland getroffen, die genau das gesucht hat: einen Akteur groß zu machen, nur weil die Gelegenheit besteht (und von den Betroffenen maßgeblich mit geschaffen wurde) mit seiner Stimme Macht auszuüben, Angst auszulösen, Rache zu üben. Von diesen Wählergruppen erwarten vermutlich die wenigsten, dass genau diese AfD die tatsächlichen Probleme lösen würde
Der Teil der derzeit gängigen Analyse, dass die betroffenen regierenden Parteien und Politiker die Situation damit eskaliert haben, dass sie versäumt haben, die aktuellen gesellschaftlich-wirtschaftlich-sozialen Probleme ehrlich, wirksam und nachhaltig zu adressieren, halte ich gleichzeitig für zutreffend – diese Situation verschärft das Ganze, da die Menschen tatsächlich hunderte von Gründen finden, die bisherige Politik anzuprangern. Tatsächlich halte ich es für dämlich, das Migrationsproblem wenige Wochen vor brisanten Wahlen plötzlich anders zu thematisieren als vorher … ich glaube, dass man damit nur das Wahlverhalten eskaliert – da man plötzlich die Argumente der Gegenpartei legitimiert.
Es wird auch nicht helfen, die Gegenpartei wegen seiner nachweislich verfassungsfeindlichen Gesinnung anzuprangern oder zu dämonisieren. Gewöhnt Euch bitte ganz schnell an den Gedanken, dass diese Mitbürger so wählen WEIL die AfD verfassungsfeindlich agiert!
Dahinter steht ein ganz einfacher Gedanke: eine Verfassung kann man ändern! Gerade erst sieht man die ersten aufwachen und erkennen, das das das Ziel ist – und möglich ist!
Gewöhnt Euch bitte auch an den Gedanken, dass unter den derzeitigen Wählern der AfD ein große Zahl von Menschen ist, die am Rande stehen und jubeln werden, wenn einst die ersten  Nachfahren der Migranten, die die Bundesrepublik wirtschaftlich mit aufbauen durften, deportiert werden sollten – so wie ihre Urgroßeltern und Großeltern zigtausend-fach in Fotos dokumentiert an Rande standen und sich freuten, als Juden, die ihre Nachbarn waren und deren Familien seit Jahrhunderten deutsche Bürger waren, auf der Basis von absurden Rassengesetzen nach 1933 deportiert wurden.
Macht Euch nichts vor: die Ost-Bevölkerung ist ihrer Zeit da nur voraus – das wird alles ganz Deutschland treffen, wenn Ihr das Ruder der heuchlerischen und ängstlichen Politik nicht herum reißt. Die weithin anerkannte augenblickliche Haltung ist: „man darf doch die Wähler der AfD nicht mit der AfD gleich setzten …“
WAS DENN SONST?
Die Vorstellung: da hat jemand AfD gewählt, aber der meint es nicht so, ist absurd. Haben wir unterschiedliche Wählerklassen? Solche, die mir dem Wahlrecht verantwortlich umgehen und – solche, die nicht das meinen, was sie wählen? So geht das nicht! Da könnt Ihr die Verfassung des Landes gleich zum Verhökern frei geben! Diese Menschen SIND ALLE unsere Demokratie. Auch die, die sie abschaffen wollen.
Es liegen schon wieder Menschen in den Fenstern, die anderen zurufen: Wir kriegen Euch und wir schmeißen Euch raus (wahlweise aus Amt oder Land)! PEGIDA war der verfaulte Keim aus dem das entsprungen ist: „proud to be silly“!
Dies ist die Stunde, die Demokratie zu verteidigen.
Immanuel Kant steht bei denkenden Menschen heute höher im Kurs als je zuvor – hinter dessen Maximen gehe ich nicht zurück!
… und kommt mir nicht mit „Whataboutism“ – das ist das Denkgebäude der Denkfaulen – dort sitzt Schimmel in allen Ecken!
Berlin, 22.09.2023
© Der Brandenburger Tor

Polizistenmord! Abschiebe-Logik-Defekt … sogar beim Kanzler Scholz?

Was haben Sturzfluten in Siedlungsgebieten und schwere Straftaten von (geduldeten) Flüchtlingen gemeinsam? Sie lösen landauf-landab erwartbare, ja vorgestanzte verbale Reaktionen und Diskussionen aus – einschließlich unangebrachter Lacher. Und immer sagen einige „Siehste!“ und andere: „Oh, das ist aber sehr schwierig…“

Der Tod des Polizisten in Mannheim durch eine Messer-Attacke hat nun aber nochmal eine sehr spezielle Wendung hervorgebracht:

Plötzlich steht alleine die Abschiebung in ein Land wie Afghanistan im Vordergrund – und die Debatte blubbert  in Parlament und Talkshows so unscharf vor sich hin, dass man sich die Haare raufen könnte.

Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Nun wird über die Abschiebung von straffälligen Flüchtlingen debattiert. Wann gilt ein Mensch hier als Straftäter? Wenn er rechtskräftig verurteilt ist … durch ein Gericht, nicht durch die Meinung. Und das soll doch bitte auch so bleiben?

Also Punkt 1: der vermutliche (oder offensichtliche) Täter wird vor Gericht gestellt … und nehmen wir gleich an, dass er auch verurteilt wird.

Was dann? Das dürfte doch klar sein: der Verurteilte tritt in diesem Rechtsstaat seine Strafe an – und je nach Urteil stellt sich dann die Frage „was nun?“ viele Jahre später – oder vielleicht nie. Der Ruf „Und jetzt füttern wir den auch noch auf unsere Kosten durch!“ kommt bei mir gleich nach dem althergebrachten „Rübe ab!“ – ja, man kann alles vermeiden oder haben, sobald es geltendes RECHT ist. Sie wollen doch auch weiter im Rechtsstaat leben? Na also!

Punkt 2: Nehmen wir jetzt mal an – demnächst werden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, einen verurteilten Straftäter in sein Heimatland abzuschieben und es gibt auch dafür einen legalen Kommunikationsweg mit dessen Heimatstaat (z.B. Afghanistan).

Der Fall des Polizistenmordes in Mannheim ist offensichtlich ja ursprünglich ein öfentlicher Angriff gegen Islam-Gegner. Als Gewalttat also aus islamistischer Haltung begangen. Die Tat entspricht also exakt dem Gedankengut der in Afghanistan herrschenden Taliban. Wo sollte da das Problem liegen, der dortigen Regierung die „Rücknahme“ des Täters schmackhaft zu machen, da der sich ja in bestmöglicher Weise für das Taliban-System qualifiziert hat?

Der Täter wird in Afghanistan mit Freuden aufgenommen werden, belobigt und belohnt werden. Möglicherweise bekommt er ein qualifizierte Spezialausbildung und wird mit einer Spezialeinheit wieder in den Westen entsendet, um weitere Morde an Ungläubigen zu begehen.

Liebe Politiker: es stecken große Risiken in den vorgestanzten Reflex-Erklärungen genau wie in den Lachern im falschen Zusammenhang (diesmal im Berliner Abgeordnetenhaus).

Berlin, 7. Juni 2024

Herbert Börger

 

 

Die tägliche Kolumne – 30 – Gesetze sind keine Absichtserklärungen!

Die Bundesrepublich Deutschland wird im vor der Tür stehenden Jahr 2024 fünfundsiebzig Jahre alt. Während dieser Zeit wurden jedes Jahr vom Parlament Gesetze neu beschlossen oder geändert – nur wenige wurden gelöscht. Es ist daraus ein monströses Gesetzes-Gebilde entstanden, wobei man noch berücksichtigen muss, dass viele Gesetze Einfluss auf andere schon existierende Gesetze haben und dass die Gesetze  Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bürger und des gesamten Staates haben.

Dadurch sind wir nicht nur ein Rechtsstaat sondern auch ein „Rechtsanwalts-und Richter-Staat“ geworden. Es ist zunehmend üblich geworden, dass die Opposition Gesetze von Gerichten überprüfen lässt, anstatt dass die zu beschreitenden Wege zwischen Regierung und Opposition bis zu Ende ausgefochten werden. Für die Funktionsfähigkeit unserer Gesellschaft wird die Dienstleistung der Gerichte beansprucht.

Zu dieser aus meiner Sicht unbefriedigenden  Situation gesellt sich zunehmend eine weitere Tendenz: es werden in oft extrem wichtigen Zukunftsthemen Gesetze beschlossen, ohne die Voraussetzungen gleichzeitig zu schaffen, dass die Gesetze auch wirklich durchgeführt bzw. durchgesetzt werden können!

Ich will nur ein simples Beispiel nennen:

Vor fast genau 10 Jahren wurde der Rechtsanspruch auf Krippen/Kita-Betreuung jedes Kindes ab dem Alter von einem Jahr geschaffen – Punkt.

Dieser Anspruch wird bis heute nicht annähernd erfüllt – es fehlt eine große Zahl von Erziehern. Ob theoretisch überhaupt genug Plätze da wären erscheint mir zweifelhaft. Die Frage der frühkindlichen Betreuung ist alles andere als ein „Luxusproblem“ der Gesellschaft. Seitdem wird an dem Thema herumgedoktort. Es wurden weitere Richtlinien für niedrigere Betreuungs-Schlüssel in diesem Bereich erlassen, die das Problem verschärfen – und auch wieder fast nie eingehalten werden (können). Sowie andere löbliche „Gute-Kita“-Gesetze …

Dieses „Nicht-erfüllbare-Gesetze“ Problem breitet sich aus wie eine Seuche – und zwar in extrem bedeutende Bereiche wie Klimagesetze, Klimafolgen und Wirtschaft.  Da wird zunehmend ein ganzes Heer von „Absichtserklärungen im Gesetzesrang“ beschlossen, deren komplexe Auswirkungen und Voraussetzungen in Gesellschaft und Wirtschaft nicht wirklich geklärt sind. Dieser Vorwurf trifft nicht EINZELNE Parteien, sondern ist über alle derzeitigen politischen Kräfte verbreitet.

So hätte die Überschrift richtiger lauten sollen: „Absichtserklärungen sind keine Gesetze!“

Und dann wird ein Thema (Klimapolitik) noch neu in den Verfassungs-Rang erhoben, weil man es eben WILL – aber ohne annähernd zu wissen, ob man es KANN. Und schon vor 10 Jahren wurde die „Schuldenbremse“ in den Verfassungsrang erhoben, die der Regierung heute endgültig nur noch wenige Reaktions-Möglichkeiten läßt. Schon die lineare prozentuale Koppelung der Schuldenquote and das BIP erscheint mir absurd: wenn das BIP sinken sollte, müsste man eigetlich die öffentlichen Investitionen erhöhen, nicht senken!

Dies hat kein AfD-Anhänger geschrieben: ich bin genau das Gegenteil jener Klientel! Sie können das in diesem seit 7 Jahren bestehenden Blog inhaltlich überprüfen. Vielmehr fördern genau die Politiker die AfD, die sich den Ruhm großartiger Gesetzesvorhaben ans Revers heften, ohne sich um deren Voraussetzungen und Erfüllbarkeit zu kümmern. Dies ist eine verkappte Form des Populismus – eine „ich wünsch mir was“-Gesetzespolitik.

Hiermit endet vorläufig mein täglicher Blog – ich werde mich wieder von Zeit zu Zeit und von Thema zu Thema immer wieder melden. Ich wünsche allen eine ruhige Winter-Zeit ohne neue schmerzliche Krisen!

Aphorismus des Tages (Danke, Herr Merz – Sie klassifizierten die aktuelle Regierung als „Klempner der Macht“ … und dies ist mein Kommentar):

Wenn die ganze Regierung aus Klempnern bestünde, wüssten die als Selbständige Unternehmer jedenfalls, was sie tun müssen und wie eine Bilanz auszusehen hat! (Der Brandenburger Tor)

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 30.11.2023

Die tägliche Kolumne – 24 – Die „Ideologie“ der Grünen

Viele Kommunikationsprozesse beginnen schleichend und lange Zeit fällt eventuell niemandem auf, dass da etwas schief läuft.

Aus meiner Sicht ist ein gutes Beispiel dafür der schlechte Ruf, den „Politiker“ pauschal gesehen bei der Bevölkerung genießen, die sie dennoch als Volksvertreter oder Amtsträger wählt. Umfragen bei den Bürgern über das Ansehen derjenigen, die sie regieren und verwalten, ergeben regelmäßig ein Ranking mit Ärzten an der Spitze und Bankern an der vorletzten, Politikern an der letzten Stelle und dahinter würde nur noch der Henker stehen, wenn es ihn bei uns noch gäbe. Aber wer weiß …

Das wird als generell akzeptiert so hingenommen, nicht einmal die Betroffenen regen sich darüber noch auf. Vielleicht steht auch „unfähig“ bald im Duden als typischstes Attribut zum Wort „Politiker“?

Dass das für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft nicht gesund sein kann, dass diejenigen, die für das Ganze stellvertretend entscheiden und handeln fast unwidersprochen quasi als unfähiges Lumpenpack empfunden oder bezeichnet werden, wird nach kurzem Nachdenken jedem klar sein.

Ich halte es sogar für möglich, dass es die Antriebskraft hinter der Schaukel ist, auf der in regelmäßigen Abständen Rechtspopulisten hoch kommen – weil sie als „unbefleckte Mandatsempfänger“ nie irgendwas getan oder entschieden haben und damit einer breiten Masse irgendwann als Alternative erscheinen.

Das heißt also: schlampig gemachte und fahrlässig geduldete Sprachbilder können einen großen Einfluss auf das gesellschaftliche Klima haben.

Gerade entsteht da eine neue Erzählung – im Neu-Sprech würde das heißen: das „Narrativ“ geht „viral“.

Das ist die Annahme einer „Ideologie“ der Grünen. Von konservativen bayrischen Politikern nicht erfunden aber derzeit mit großer Freude gepflegt.

Ich stelle fest: ich bin kein „Grüner“ sondern nur ein rational denkender Humanist.

Die neue Erzählung zielt eindeutig darauf hin, die politischen Vorstellungen der „Grünen“ als eine Art Verschwörungstheorie zu brandmarken. Das wird gelingen, wenn die Erzählung der Ideologie immer und immer wieder wiederholt wird, sich dann auch immer weiter verbreitet – und im Wesentlichen unwiderspochen bleibt. Irgendwann „ist es dann so“ im gesellschafltichen Konsens.

Die grüne Idee ist aber keine Ideologie, sondern eine Erzählung, die aus Tatsachen sachliche Schlüsse zieht. So ungefähr das Gegenteil von einer Ideologie. Und so hat sie in der Bevölkerung schnell eine enorme Kraft entwickelt.

Wenn Medien und Bürger es zulassen, dass ein rationales Konzept in einer existenziell wichtigen Frage auf diesem Wege diskreditiert wird, wird der Konsens im Umgang mit der Klimakrise möglicherweise wieder zurück-pendeln in eine Einstellung: lasst uns unseren Wohlstand jetzt genießen – sollte es doch so schlimm kommen wie die da sagen, trifft es ja wahrscheinlich eher die Anderen – so what!

Besonders tragisch erscheint es mir, dass die Erzählung von der (sachlich fundierten) „grünen Ideologie“ von den politischen Kräften forciert wird, die sich auf ein eigene religiös fundierte Erzählung berufen, die wenig originäre Lösungsvorschläge bietet, außer der Möglichkeit über das Wasser zu gehen und auf Gott zu vertrauen – zweifelsfrei mit dem „C“ im Namen ihrer Bewegung notiert.

Im Namen unserer Kinder und Enkel rufe ich die Medien dieses Landes dazu auf: lassen Sie das nicht zu!

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 14.11.2023

Die tägliche Kolumne – 16 – Die Annahme des besten Falles …

… als Grundlage des Bundeshaushaltes wirkt nicht vertrauensbildend.

Wenn der Kanzler nach der Niederlage vor dem Verfassungsgericht sinngemäß verkündet:

„Wir sind anderer Meinung – aber wir werden uns netterweise dran halten.“

… dann müssen wir ihn daran erinnern, dass Deutschland sonst kein Rechtsstaat wäre.

Das eigentlich (das Vertrauen) Erschütternde ist aber eben die offensichtliche Tatsache, dass die Regierung keinen echten „Plan B“ in der Schublade liegen hatte! Man tritt wie ertappte Schüler vor die Öffentlichkeit und nicht wie eine professionell und entschlossen handelnde Regierung.

Die Regierung verläßt sich blind auf das Eintreten des besten Falles (siehe: Das fängt ja gut an – 313 – Annahme des besten Falles. Die Kölner sagen „Es ist doch noch immer gut gegangen!“ – an diesem Debakel sind sie aber ausnahmsweise nicht schuld …) und mir fällt leider in der Kürze auch nichts ein, was Gutes an der Schlechten Situation sein könnte … außer dass grundloser Optimismus zukünftig weniger beliebt wird – und nicht nur beim Haushalt. Die schwierige demografische Entwicklung und die Klimakrise rollen sichtbar seit 50-60 Jahren auf uns zu – und alle Regierungen scheinen auf ein Wunder zu hoffen.

Herr Scholz: als wir gestern abend zur Tram gingen dräute eine riesige Schwarze Wolkenwand in Richtung unserer geplanten Fahrt. Da hatten wir einen Regenschirm dabei und – wir haben ihn dann in diesem Falle doch nicht gebraucht …

Nun ja – das Verfassungsgericht beschimpft man wohl besser nicht, höchstens die Schuldenbremse … ein bisschen. Aber die hat man ja selbst in die Verfassung geschrieben. Da muss dann jetzt das Klima warten und die Wirtschaft selber mit der Transformation zurecht kommen.

Wenn dies eine Glosse wäre, würde ich jetzt schreiben: das Gehalt des Bundeskanzlers sollte deutlich erhöht werden, denn er macht jetzt den Job der Opposition und der Klimakleber gleich mit! … und die dunkelste Zeit des Jahres rollt auch gerade auf uns zu.

Auch kann ich leider nicht rufen: „Um Himmels Willen! Wen soll ich denn nun bei der Nächsten Wahl wählen?“ – weil ich nicht an Gott glaube. Vielleicht überlege ich mir das mit dem Glauben doch noch mal: es ist einfacher!

Nie verzagen, lieber Leser!

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 16.11.2023

 

Die tägliche Kolumne – 6 – Ratlos im Deutschen Theater

Ratlos im Deutschen Theater …

… an den Schauspielern kann es nicht gelegen haben, dass ich anschließend ratlos der nächsten U-Bahn zustrebte …

… denn die Schauspieler hatten gestern abend in der Kammer des DT die Regie-Einfälle in Spiel und Sprache großartig umgesetzt: fast beängstigend perfekt, wie die beiden marionettengleich ätherisch über die Bühne schwebten und dabei den Text hochsprachlich und gestochen in den Raum akzentuierten.

Zwei Elemente waren es, die diesen guten Eindruck wieder zunichte machten:

Erstens der Textinhalt, der sich in banalen Endloskreisen an den scheinbaren Lächerlichkeiten der Ur-Religions-Metaphern (daher der Froschgott!) und den dämlichen religiös-geistigen Taschenspielertricks des 19. Jahrhunders abarbeitet.

Liebe Frau Lausund: nach Ionesco kann man „die letzten Dinge“ so nicht mehr bringen (außer in einem Musical) ohne das Publikum massiv zu unterfordern.

Zweitens die Aufblähung eines 40-Minuten-Monologs mittels lächerlicher Endlos-Tanzeinlagen mit brachialer  (also bedeutungsschwanger weil laut?) Soundkollage. Während sich ärgerliche Langeweile immer mehr ausbreitet, verflüchtigen sich die letzten positiven Ansätze des Stücks.

Angesichts der sehr guten Leistungen aller Darsteller hätte sich ein Buh verboten, denn die Autorin war nicht da.

Noch ein Gedanke, der mir dann in der U-Bahn kam: den Informationen zum Stück entnahm ich, dass es eigentlich ein Monolog einer Person (m/w) sei. Das Sowohl-als-auch Mann und Frau des Regieeinfalls mag ja ganz witzig sein und die Bühne besser bespielen. Aber ist es dem ticketzahlenden Theatergänger wirklich egal, ob aus einer Person für 40 Minuten sechs Personen für 90 Minuten plus Soundkollage plus Tanz werden?… ohne erkennbaren Zusatznutzen? … und letztlich ist es ja auch meine eigene Zeit, die währenddessen verstreicht (in der ich auf ein wirklich geistreiches Stück gehofft hatte).

Es drängte sich mir ein fatales Bild auf: jemand hatte einen Strohhalm in den Froschgott gesteckt und ihn dann riesig aufgeblasen … schrecklich. Liebe Intendanz: wenn ich in ein Musical gehen wollte, würde ich in ein Musical gehen.

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06.11.2023, Herbert Börger

Die tägliche Kolumne – 3 – Hitparade der Schrecken

Die Krisen und Schrecken  auf der Welt und in unserem Land sind kaum noch zu zählen. Manche schauen dann über die Landesgrenze, um festzustellen, dass es beim Nachbarn vielleicht noch schlimmer ist … Sie stellen sicher schnell fest, dass „Whataboutism“ auch keine Lösung ist. In das „Ja, aber“ kann man sich auch nicht ewig flüchten.

Analysiert man die heutige Tageszeitung, stellt man fest, dass es überhaupt nur zwei positive Artikel gibt:

Ein Artikel preist eine gerade verstorbene Person ganzseitig und fast euphorisch – nur komisch, dass die dafür erst sterben musste, nachdem sie 30 Jahre fast vergessen wurde.

Der andere befasst sich mit Urs Fischer, der sich selbst nach 11 Niederlagen in Folge emotional großer Beliebtheit erfreut. Es gibt sie also noch, die integeren Persönlichkeiten, die nach großen Erfolgen nicht gleich in die Tonne getreten werden, wenn es mal nicht optimal läuft. Schön. Aber was wäre, wenn Urs Fischer doch schuld wäre am Niedergang seiner Mannschaft?

Sogar die positiv erscheinenden Nachrichten sind irgendwie subversiv …

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Herbert Börger, 03. November 2023

Die tägliche Kolumne – 2 – Chapeau, Herr Habeck

Meine Idee für diese tägliche Kurzkolumne war unter anderem getragen von der Hoffnung, tagespolitische Themen weitestgehend zu vermeiden. Bei tagespolitischem Bezug fehlt zwangsläufig ja die angemessene Tiefe für ein Thema. Das gelingt offenbar nicht immer:

Gestern Abend 01.11.2023 (heute Nacht) verfolgten wir eine weitere super-anstrengende Gesprächsrunde bei Markus Lanz, die sich um den Hamas-Israel-Konflikt drehte. Dies war die vielleicht gelungenste Runde bei Lanz überhaupt – jemals … (?)

Aber ich berichte hier nicht primär über die Sendung als solche, die erstaunlicherweise sogar ein greifbares „Fazit“ hinterließ: ALLE politisch verantwortlichen haben derzeit die Pflicht, mit Einsatz aller diplomatischen Mittel ein Ausweiten des Konfliktes zu verhindern! (Ja, da geistert ein früher Spruch von Scholl-Latour über die politischen Risiken der Nahostregion durch  den Raum!)

Aber darum geht es mir im Moment nicht.

Markus Lanz gab der jüdischen Autorin Deborah Feldmann (Nachfahrin einer Holocaust-Überlebenden) extrem viel Raum um ihre humanistisch-pazifistisch geprägte Sicht sehr empathisch darzustellen, die zusammenfassend sagt, dass derzeit die Juden „selektiv“ geschützt werden, den Palästinensern derselbe menschenrechtliche Schutz verweigert wird (unter anderem auch von der deutschen Regierung).

Vizekanzler Habek war aus Berlin zugeschaltet. Selten habe ich einen Politiker – Minister und Vizekanzler zumal – in einer so schwierigen Situation auf offener Bühne gesehen. Wie Habek unmittelbar darauf als Mensch und Amtsinhaber antwortete, war eine rhetorisch-inhaltliche Meisterleistung zwischen glaubwürdiger Empathie und entschlossener und nachvollziehbarer Einordnung der Situation für die deutsche Politik.

Habek ist mit einem derartigen Auftritt einer der respektabelsten und ministrabelsten Politiker des Landes derzeit – auch wenn ich die Vorgänge unter ihm in seinem eigentlichen Amt oft leider kritisieren muss.

Zurück zur Sache: in der Runde saß auch die Konfliktforscherin Florence Gaub, die empfahl, aus vergleichbaren weltpolitischen Konstellationen zu lernen, in denen eine rein militärische Lösung nie möglich war. Dies sei die Stunde der Diplomatie, um noch viel größeres Unheil zu verhüten.

Auch in diesem Sinne (nämlich der Stunde der Diplomatie) äußerte sich Habeck mahnend, dass er viel größere Gefahren am Horizont sehe als nur den lokalen Konflikt um Gaza. (Zitat:“Der Zug fährt derzeit in eine ganz andere Richtung!“)

Noch ein Nachsatz zum  Pazifismus-Verständnis von Frau Feldmann:

Sie bestritt, eine Pazifistin zu sein, und wollte dies plausibel dadurch machen, dass sie wisse, dass britische Soldaten angreifen und deutsche Soldaten töten mussten, um schließlich das deutsche Vernichtungslager Bergen-Belsen zu befreien, wodurch ihre Urgroßmutter vor der Ermordung im Rahmend er „Endlösung der Juden“ gerettet wurde. Sie konnte allerdings den Widerspruch dazu nicht auflösen, dass sie den israelischen Staat dazu auffordert, der Hamas quasi die andere Wange zu zeigen, d.h. auf den Gegenschlag zu verzichten.

Die Tragik besteht ganz offensichtlich darin, dass der gegenwärtig hoch-explosive Konflikt weder durch eine militärische Auslöschung der Hamas, noch durch einen einseitigen Waffenstillstand seitens Israel zu lösen sein wird.

Das ist immerhin eine respektable Erkenntnis aus 45 Minuten Talkshow … oder hatte jemand erwarte, dass hier die LÖSUNG des Konflikts gefunden würde?

P.S.: Etwas gewundert hat mich die Sprachbildung bei Frau Feldmann – nämlich es werden Israelis (Juden) „selektiv“ geschützt … Wird hier schon wieder jemand selektiert?

Copyright Der Brandenburger Tor

Herbert Börger, 2.11.2023

Die tägliche Kolumne -1 – Halloween

Gestern abend, 31.10.2023:

In den Spätnachrichten von rbb24 wird (gefühlt) 5 Minuten über den abendlichen Halloween-Auftrieb im Stadteil Berlin-Gatow berichtet. In Erinnerung ist mir geblieben, dass eine Frau sich beklagte, sie habe extra 5 Liter Kartoffelsuppe gekocht, die sie nun wegen des Regens nicht verteilen könne (?). Diese Information wird nun auf Ewig in den Archiven des Fernsehsenders rbb erhalten bleiben!

Bei einem der offenbar unvermeidlichen Anwohner-Interviews stellt sich schließlich heraus, dass dies heute der bedeutendste Feiertag des Jahres sei.

Nächster Beitrag: in gekonnt kurzgefassten 15-20 Sekunden wird darauf hingewiesen, dass sich heute abend auch Menschen in Kirchen trafen, um eines Martin Luther zu gedenken, der vor 506 Jahren möglicherweise (!) ein Plakat mit 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche von Wittenberg anschlug.

Im Jahr 2033 wird sich ein Kind seine Hausaufgabe über die „Lutherische Reformation“ von einer KI im „Stile einer 12-jährigen Schülerin“ erstellen lassen:

Vor dem Jahr 1517 waren in Europa alle Menschen katholisch, deshalb hatten sie noch nicht gemerkt, wie schlimm es ist, katholisch zu sein. Aber Martin Luther verschloss auf dem Weg zur Halloween-Party seine Kirche in Wittenberge und hängte 95 Thesen an die Tür. Obwohl die Thesen in lateinischer Sprache geschrieben waren, fanden alle das gut und traten in seine neue Religion ein, die viel besser sein sollte. Mein Opa sagt immer, dass die Menschen das lesen konnten, weil sie eine viel längere Aufmerksamkeits-Spanne hatten! Ausserdem hat Martin Luther  11 Tage später noch eine Übersetzung in Deutsch gemacht, daher werden wir dann den Martins-Tag feiern.

Aber das ist heute auch schon alles vorbei, da jetzt alle nur noch im Internet sind, was leider auch nicht immer nett ist. Aber da kann man jetzt gar nicht mehr austreten.

Aphorismus des Tages:

Die KI ist eine unendlich große, träumende Maschine.

Sie saugt das auf, was wir  für Realität gehalten haben und schafft (vorläufig nur nach Anweisung) etwas, was wir als unsere Wünsche wieder erkennen … so wie wir eine Person oder Landschaft im Traum schon zu kennen glauben. Unsere Träume erscheinen uns ohnehin oft plausiebler als das „wirklich“ erlebte.

01.11.2023, Copyright: Der Brandenburger Tor – Herbert Börger

 

Das Böse im Menschen mit der Gentechnik eliminieren!?

(Dies ist eine Mischung aus Glosse und Essay – ich nenne das, seit ich es vor 10 Jahren erfand, „Glossay„. Den folgenden Text habe ich am 17.06.2011 geschrieben. Ich finde, er passt sehr gut zum heutigen Thema des Trans-Humanismus.

EIN DISKURS

(Der „Skeptiker“ in diesem folgenden Dialog bin ich…)

– Es ist jetzt nachgewiesen: man kann Embryonen so behandeln, dass das Böse im Menschen eliminiert wird!

– Wer hat das nachgewiesen?

– Ein gigantisches amerikanisches Forscherteam, finanziert von Bill Gates mit zig Milliarden.

– Glaub‘ ich nicht.

– Doch: Gates will, dass die Welt gut wird – wirklich!

– Ich zweifle nicht daran, dass der sowas will. Ich glaube nicht an das Ergebnis, dass die Welt gut wird dadurch, dass man „das Böse“ im Menschen eliminiert.

– Wieso? Ist doch eine Super-Konzept: warum immer die Folgen des Bösen in der Welt bekämpfen anstatt das Böse an der Wurzel zu tilgen?

– Das wollte Hitler auch. Und das ist nur ein Beispiel für die, die vermeintlich Gutes bewirken wollten und dadurch Böses taten.

– Hmpfff?

– Hitler hat sich damit „begnügt“, den Teil der Menschheit auszurotten der für ihn das Böse verkörperte. Dieser will nun gleich die ganze Menschheit ausrotten! Ich gebe zu: das ist eine wirklich konsequente Lösung!

– Wie kommst Du darauf?

– Die behandelten Embryonen sind keine „Menschen“ mehr.

– So’n Quatsch! Wenn man das Böse in den Menschen auslöscht sind das dann eben „gute Menschen“ – ist doch prima!

– Irrtum! Ich habe immer geahnt, dass man verblödet, wenn man zu reich wird! Nur das Gute und Böse zusammen ergeben – annähernd im Gleichgewicht gehalten – einen einigermaßen erträglichen Menschen.

– Das verstehe ich nicht…

– Diese „Gut-Menschen“. von denen da gefaselt wird, werden furchtbar sein, weil sie nicht mehr wissen, was gut und böse ist – alleine schon weil ihnen die Kategorie dafür fehlt.

– In Philosophie war ich nie so stark…

– Und offensichtlich auch nicht in Logik! „Gut“ alleine gibt es genauso wenig wie Licht oder Finsternis – beides ist jeweils für sich alleine eine Apokalypse!

– Tja… ?

– Aber mal eine konkrete Frage: wie wollen die das denn überhaupt machen? Wenn da quasi begonnen wird, eine „Gutmenschen-Sekte“ zu züchten: die sind doch ohne Hochspannungszaun drum herum den vielen „Gut/Böse-Normalos“ gar nicht gewachsen. Das ist wie wenn man eine Population von Menschen völlig keimfrei aufwachsen ließe: die würde der kleinste eindringende Keim sofort ausrotten!

– Tja, das soll ja auch keine Sekte werden – eher umgekehrt: die Vereinigten Staaten (also die an-sich-Guten!) haben einen Antrag auf Zwangs-Behandlung aller Embryonen ab 1.1.2022 bei der UNO gestellt.

– Erstaunlich – sonst war doch UNO immer eher des Teufels…  Und wenn sich jemand trotzdem weigert, seine Nachkommenschaft zu behandeln? – Sowas verletzt doch ein Menschenrecht.

– Nein das verletzt kein Menschenrecht: es wurde umgekehrt als Menschenrecht anerkannt, dass Embryonen das Recht haben behandelt zu werden. Also verletzt Du mit Deiner Weigerung das Menschenrecht deiner Nachkommen… Du wirst dann mit Deiner Nachkommenschaft in die unbewohnbaren Gebiete um alle GAU-Reaktoren umgesiedelt. Dort müßt ihr für das fehlende Bruttosozialprodukt schuften.

– Dann gehe ich eben da hin – lieber verstrahlt unter Menschen als unter Monstern.

– Naja, so toll sind die Perspektiven für uns noch konventionell gut-bösen  Alt-Menschen eigentlich auch nicht: solange bis die gesamte Menschheit bis Alter 70 Jahre auf den neuen Gutmenschen-Typen umgestellt ist: wir bekommen ein Grundeinkommen, müssen für das Bruttosozialprodukt arbeiten und werden in einer Art geschlossenen Anstalt unter Aufsicht gehalten.

– Da wäre es aber billiger, das jetzt mit dem gesamten Forscherteam und ihren Geldgebern zu machen, die wären in einer geschlossenen Anstalt unter Gleichgesinnten sicher sehr glücklich – Selbstversuch ist bei denen doch sowieso gerade in Mode.

© Copyright 2018, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger