Das fängt ja gut an – 351 – Die digitale Pest:  T R O L L E !

Die digitale Pest:  T R O L L E !

Stellen Sie sich vor: eine lebhafte Gesprächsrunde unter Freunden und Bekannten. Eine überschaubare Zahl von Gesprächsteilnehmern in einer Runde um einen Tisch. Man kann sich beim Gespräch in die Augen sehen. Jeder bringt zu einem Thema, das hier alle interessiert, seine Informationen und Erfahrungen oder Vermutungen ein. Der Gesprächsfaden wird hin und her gesponnen. Manchmal macht einer einen Scherz – ohne die anderen zu verletzen. Am Ende haben alle gewonnen – im ungünstigsten Falle hat uns  das nicht viel weiter gebracht. Die Runde geht irgendwann auseinander und freut sich wahrscheinlich auf den nächsten Austausch. Ist es mal dabei zu einer persönlichen Verletzung gekommen oder hat jemand unangemessen provoziert, dann wird er von den Gutwilligen bald gestellt – entweder kommt es zu einer Entschuldigung oder der Verurrsacher ist beim nächsten Mal nicht mehr dabei …

Im Netz sind solche Szenarien seit längerer Zeit auch möglich geworden, ohne dass man jetzt gerade um den physischen Tisch herum sitzt – und wahrscheinlich waren alle begeistert davon, wie ich auch: ein „Echtzeit-Austausch“ jederzeit, selbst wenn die Teilnehmer auf unterschiedlichen Kontinenten sitzen. Wir hofften – und hoffen immer noch – das dies die Gesellschaft voran bringen könnte.

Aber dann …

Eine alltägliche Situation in Blogs und Foren ist inzwischen diese: es geht um ein sachliches Thema – sagen wir: Eine astrophysikalische Entdeckung über Gravitationswellen und Neutronensterne. Statements, Fragen und Antworten bewegen sich zunächst in normalem Rahem.

Nach sehr kurzer Zeit schaltet sich „aus dem OFF“ anonym eine Stimme ein, die irgendwelche absurde und unbegründete Behauptungen augstellt. Die Gesprächsrunde reagiert darauf – nach kürzester Zeit kommt es zu persönlichen Angriffen und Beleidigungen. Wenn nicht ein erfahrener Admin die Diskussion begleitet, der das Zeichen des Fisches oder „DNFTT“ eingibt, fliegt den Gesprächsteilnehmern der Diskurs nach kurzer Zeit um die Ohren.

Der aus Sonderzeichen konstruierte Fisch ( ><)))*> ) oder DNFTT bedeutet: „Do not feed the Troll“. Der destruktive Störer wird in der Netzkultur „Troll“ genannt. Wenn alle Beteiligten die Bedeutung der Zeichen kennen und sich an die Methode halten, wird der Troll dann ignoriert… und zieht vielleicht ab.

Das geschieht heute andauernd! Selbst wenn eine Gemeinschaft, die Trolle abzuschütteln lernt, ist die Freude an der Gesprächskultur dadurch erheblich gestört!

Beschäftigt man sich näher mit dem Thema, stellt man fest, dass es Organisationen gibt, die viele Trolle gezielt durch die Foren und Netzbereiche schicken, um damit Einfluß zu nehmen (politisch, kommerziell  oder einfach destruktiv wirken – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt …).

Und die gruseligste Variante: da müssen nicht nur Menschan an den Tastaturen sitzen! Mittlerweile sollen sich Software-Roboter als Trolle durch das Netz bewegen (Fachsprache: „bots„).

Deshalb wird die „große digitale Freiheit des Netzes“ zunehmend wieder eingeschränkt, da Foren sich zum Schutz davor abschotten (nur mit überprüften Log-Ins benutzbar).

Dadurch wird ein wesentlicher Freiheitsgrad des Netzes unterdrückt: die überraschende „Möglichkeit des Unerwarteten„.

Ich wüßte gerne: was passiert, wenn sich zwei „Troll-bots“ unterschiedlicher Auftraggeber in einem Forum treffen? Erkennen die, das der andere ein bot ist? Können die sich gegenseitig asusschalten?

Schöne neue Welt!

Aphorismus des Tages: „Bist du denn dümmer als ein Kleinkind, dass du nicht wenigstens eine neugierige Frage am Tag stellst?“ (Der Brandenburger Tor)

… diese Frage möchte ich allen stellen, die einen Erkenntnisgewinn dadurch vermeiden, dass sie immer dieselben einmal lieb gewonnenen Antworten nachbeten, anstatt sich und andere ständig zu fragen: warum ist das so? kann man das ändern? wollen wir das ändern? Aus Lebenserfahrung weiß ich, dass diejenigen, die immer wieder „nachgebohrt“ haben, schon bei den Lehrern höchst unbeliebt waren: sie stören den Routineablauf, sie lassen die „Möglichkeit des Unerwarteten“ aufblitzen! Das soll bitte unterbunden werden! – Leider!

Bild des Tages: Unterschiedliche Erscheinungsformen ähnlicher Dinge… ein Bild-Gleichnis.

TeichTest100_crop1

Herbert Börger

Der Brandenburger Tor, Berlin, 09. November 2017