Die tägliche Kolumne – 22 – Strauchelnder Musterknabe

Man muss wohl sagen: Europas Wirtschafts-Musterknabe hat einen Titanensturz hingelegt, wie ich ihn glaube in fast 60 Jahren Politikwahrnehmung als Bürger noch nicht erlebt zu haben. Erschwerender Aspekt: die nun fehlenden Mittel betreffen überwiegend nicht den konservativen Kernhaushalt sondern gerade die Zukunftsprojekte – also das Wichtigste, was das Land bewegen muss!

Das hat auch der Wirtschaftsminister Habek klar erkannt und gestern bei Lanz auch gesagt. Offenbar hat er sich gefangen und beschlossen zu kämpfen – recht so! Sein Statement in dieser Sache hat er dort gestern ja geradezu mit Verve vorgetragen. Wenigstens scheint er sich ja voll in die Schlacht zu werfen, im Bewusstsein, dass das Scheitern der Zukunftsprojekte, die in hohem Grade im Osten angesiedelt sind, die größte Katastrophe überhaupt darstellen könnte. Die AfD brauch nur am Rande zu stehen und nichts zu sagen und nichts zu tun!

Das wird einem jetzt immer klarer: diese Regierung hatte den größten Teil ihrer Zukunftspläne auf ein lahmendes Maultier gepackt, das bereits vor dem Erreichen der Start-Linie zusammengebrochen ist!

Ich halte das für so gravierend, dass diese Regierung sich eine Wiederwahl in zwei Jahren wohl grundsätzlich abschminken kann. Sie kann jetzt nur versuchen den Schaden vom Land abzuwenden. Das wäre ja nicht so schlimm, wenn die Alternativen nicht so dünn wären. Jemand, der nicht Merz hieße, könnte jetzt die CDU vielleicht schnurstracks zur absoluten Mehrheit führen. Weswegen muss Herr Merz eigenlich ständig so beleidigt (und herablassend) wirken – soll das etwa die großen Zukunftschancen mit der heutigen Opposition signalisieren? Das Aufdecken der handwerklichen Fehler einer Regierung ist geradezu eine Pflicht der Opposition – reicht aber für sich noch nicht zum Nachweis eigener Fähigkeiten.

Durch eine Ansage des Finanzministers, dass wir dann eben ohne das Maultier eine „wirksamere“ Politik machen müssten, fühle ich mich persönlich beleidigt: warum haben Sie dann diese wirksamere Politik nicht einfach schon bisher gemacht, Herr Lindner? Das ist derselbe Tenor wie seinerzeit die Aussage, wir sollten wegen des Klimawandels nichts unternehmen weil ja noch neue Technologien gefunden werden könnten, die uns dann retten können …

Irgend jemand hat unbedingt – aber ohne Not – eine heldenhafte Haushaltsdisziplin auf Grundlage der Schuldenbremse demonstrieren wollen. Das ist zu einem Knüppel zwischen die Beine der eigenen Regierung geworden – nein, nicht geworfen von der Opposition sondern ein Eigengewächs!

Und vom Kanzler kein anderes Wort, als das Versprechen, dass er sich ab jetzt an die Verfassung halten werde. Die Bevölkerung fühlt sich mit Recht sehr verunsichert. Da muss ein Kanzler sich grundlegend und nachhaltig äußern, sonst erweckt er den Eindruck, dass seine „Wummse“ letzlich auch nur Populismus waren …

Trotzdem einen schönen Tag! Vielleicht kommt ja heute der Bote mit der erlösenden Botschaft!?

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 22.11.2013

 

Die tägliche Kolumne – 16 – Die Annahme des besten Falles …

… als Grundlage des Bundeshaushaltes wirkt nicht vertrauensbildend.

Wenn der Kanzler nach der Niederlage vor dem Verfassungsgericht sinngemäß verkündet:

„Wir sind anderer Meinung – aber wir werden uns netterweise dran halten.“

… dann müssen wir ihn daran erinnern, dass Deutschland sonst kein Rechtsstaat wäre.

Das eigentlich (das Vertrauen) Erschütternde ist aber eben die offensichtliche Tatsache, dass die Regierung keinen echten „Plan B“ in der Schublade liegen hatte! Man tritt wie ertappte Schüler vor die Öffentlichkeit und nicht wie eine professionell und entschlossen handelnde Regierung.

Die Regierung verläßt sich blind auf das Eintreten des besten Falles (siehe: Das fängt ja gut an – 313 – Annahme des besten Falles. Die Kölner sagen „Es ist doch noch immer gut gegangen!“ – an diesem Debakel sind sie aber ausnahmsweise nicht schuld …) und mir fällt leider in der Kürze auch nichts ein, was Gutes an der Schlechten Situation sein könnte … außer dass grundloser Optimismus zukünftig weniger beliebt wird – und nicht nur beim Haushalt. Die schwierige demografische Entwicklung und die Klimakrise rollen sichtbar seit 50-60 Jahren auf uns zu – und alle Regierungen scheinen auf ein Wunder zu hoffen.

Herr Scholz: als wir gestern abend zur Tram gingen dräute eine riesige Schwarze Wolkenwand in Richtung unserer geplanten Fahrt. Da hatten wir einen Regenschirm dabei und – wir haben ihn dann in diesem Falle doch nicht gebraucht …

Nun ja – das Verfassungsgericht beschimpft man wohl besser nicht, höchstens die Schuldenbremse … ein bisschen. Aber die hat man ja selbst in die Verfassung geschrieben. Da muss dann jetzt das Klima warten und die Wirtschaft selber mit der Transformation zurecht kommen.

Wenn dies eine Glosse wäre, würde ich jetzt schreiben: das Gehalt des Bundeskanzlers sollte deutlich erhöht werden, denn er macht jetzt den Job der Opposition und der Klimakleber gleich mit! … und die dunkelste Zeit des Jahres rollt auch gerade auf uns zu.

Auch kann ich leider nicht rufen: „Um Himmels Willen! Wen soll ich denn nun bei der Nächsten Wahl wählen?“ – weil ich nicht an Gott glaube. Vielleicht überlege ich mir das mit dem Glauben doch noch mal: es ist einfacher!

Nie verzagen, lieber Leser!

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 16.11.2023