Das fängt ja gut an – 331 – Achtet auf einander!

Sind wir alle TRUMPel-Tiere? Ist Mr. President vielleicht nur die Spitze des Eisberges?

Ich meine: da könnte was dran sein – und: ich bin mit dieserMeinung nicht allein.

Gestern veröffentlichte ein anderer Präsident, nämlich der von der Freien Universität in Berlin, Herr Peter-André Alt, eine Meinungs-Kolumne in der Berliner Zeitung zu diesem Thema: „Überall Narzissten.“ Er tut dies – wie immer – in einer klaren, nüchternen Spache mit präzisen Formulierungen. Obwohl er wahrscheinlich in seiner beruflichen Position weniger mit „normalen Menschen“ auf der Straße und in der S-Bahn zusammen kommt als Sie und ich, stellt er einen Hang zur absoluten Überhöhung der eigenen Ansprüche in der Gesellschaft fest. Zum Schluß ein bisschen pastoral… (Naja – er hat dafür sicher auch viel Kontakt mit den tausenden Studenten in seiner Uni… und deren Hirte ist er ja in gewisser Weise!)

Das Schlimme ist, dass sich alle, wie sie da durch den täglichen Trubel treiben, an dieses egozentrische Verhaltensschema GEWÖHNT haben. Wenn es eng wird, schalten die meisten auf einen „Nahkampf-Modus“ um (als ob sie eine Kampfmaschine in einer Konsole wären…)  Das kann man beobachten, wenn die Dinge einen Moment lang mal anders ablaufen als sonst. Dazu möchte ich nur zwei Erlebnisse berichten, die ich vorgestern in meinem Einzelhandels-Jagdrevier in Köpenick um das Forum herum hatte:

Ich kam mit der Tram vor dem Forum an. (Die katsatrophale Verkehrs-Situation dort ist mal einen eigenen Blog-Beitrag wert! Ein Beispiel für maximales städteplanerisches Versagen!) Die Tram hatte schon mal mehrere Stop-und-Go-Anläufe gebrauch, um sich in die Haltestelle zu schieben. Endstation – alle wollen raus. ich stand vor der breiten Falt-Tür in der ersten Reihe bereit – neben mir eine junge Frau mit Einkaufstüten. Als die Türen sich endlich öffnen, wird der Ausstieg halb versperrt von einem neben der Tram vor der Ampel wartenden Pkw. Ich springe hinunter und warte neben dem Auto und gebe der Frau neben mir ein Zeichen, dass sie durchgehen soll. Sie verharrt kurz und starrt mich an und sagt: „Das ist mir ja noch nie passiert!“ Anscheinend hatte sie fest damit gerechnet, dass ich brutal vorpreschen und sie ausbremsen würde.

Kurz danach ging ich an anderer Stelle durch eine schwere Schwingtür und hielt diese dem hinter mir gehenden älteren Mann, der sein gesamtes Hab und Gut in großen Tüten mit sich zu schleppen schien, diese Tür weit auf, damit er bequem durchgehen konnte. Dieser stoppte kurz und starrte mich verblüfft an (war er misstrauisch geworden, was ich wohl im Schilde führen mochte?) – ging dann aber wortlos weiter.

Zwei winzig-kleine Tages-Momente. Mein Verhalten ist aus meiner Perspektive das normalste überhaupt! Wenn es das für die anderen Bürger, deren Weg ich zufällig kreuzte, auch normal gewesen wäre, dann hätte jeder kurz genickt und ein bisschen gelächelt – ich habe hier anscheinen aber die „Norm“ verletzt und deshalb nicht einmal dieses leise Lächeln bekommen – schade.

Ich will also dasselbe sagen, wie der FU-Präsident: achten wir doch bitte auf unsere Mitbürger, die vor, neben oder hinter uns sind – und zeigen uns dann gegenseitig die Achtung, die jeder verdient.

Dann bekommen wir vielleicht im Lauf des Tages öfters mal wieder ein kleines Lächeln…

(Ich weiß – auch ein bisschen pastoral – Wort zum Donnerstag!)

Aphorismus des Tages: heute kein Aphorismus – obwohl es zum obigen Thema sicher hunderte gäbe – sondern die Aufklärung zur Fage, die ich gestern ankündigte, Wikipedia stellen zu wollen: woher kommt „ans Eingemachte“ gehen.

Dafür ist Wikipedia nicht zuständig. Es ist eine Redewendung – und dafür gibt es den Duden sowie eine Vielzahl anderer Sprüche Portale…

Nun ja: das ist in diesem Falle ganz einfach: man darf es eben wort-wörtlich nehmen! „Das Eingemachte“ sind die Konserven/Reserven, die man für den Winter, für schlechte Zeiten angelegt hat. Und wenn man in den Keller geht, um von der planmäßig angelegten Reserve zu leben – dann geht man eben ans „Eingemachte“.

Meine Mutter hat noch kräftig im Sommer und Herbst Obst und Gemüse eingemacht.

Eine meiner Tanten hatte sogar eine Dosen-Bördel-Maschine (die benutzten Dosen wurden nicht in den Müll geworfen sondern oben am Rand rundum abgeschnitten und dann noch mehrmals verwendet – wurden dabei natürlich immer kürzer! Dazu gab es an der Bördelmaschine eine zweite Vorrichtung, die die Dosen präzise rundum mit einem Rollmesser beschneiden konnte. Alle Nachbarn kamen dazu zu meiner Tante – für jede beschnittene/Verschlossene Dose bekam meine Tante ein paar Pfennige.)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 30. November 2017

 

 

Das fängt ja gut an – 332 – Wikipedia

Wie oft am Tag benutzen Sie Wikipedia (deutsch oder englisch)?

Ich selbst kann da keine statistische Zahl für mich sagen – mal gar nicht, mal 30-mal, je nach dem, womit ich mich beschäftige – und so wird es den meisten gehen.

Ich habe gerade 50,00 € gespendet (in Kenntnis aller im Netz kursierenden Vorbehalte) – und werde es wieder tun. Dazu weiter unten.

Wikipedia ist ein nicht-mehr-weg-zu-denkender Teil unseres geistigen und sachbezogen-kreativen Lebens geworden. Wikipedia macht uns effektiv, produktiv, zielgerichtet. Auch für den Diskurs mit anderen Menschen hat Wikipedia eine durchweg positive Wirkung: wir kommen an einen Punkt, in dem wir uns über die Sachlage nicht einig sind – ein Klick – geklärt – der Diskurs kann auf gemeinsamer Grundlage weiter gehen.

Früher stand dagegen ein Gang zur Enzyklopädie im Bücherregal: Band heraussuchen – verflixt, wer hat schon wieder alle Bände durcheinandergewirbelt? ATF-Blis müsste doch ganz links stehen! (Ja – ich hatte die 17. Auflage! 25 Bände, DM 79,00 statt DM 89,00 pro Band, weil ich die Vorsatzblätter des Großen Brockhaus meines Vaters einsenden konnte! Gekauft als Student – waren wir damals reich!) – Artikel suchen… dabei blieb man bei 4 anderen, sehr interessanten Artikeln hängen… dann die Information lesen. Band wieder zurück wuchten – dabei die Bände mal endlich wieder in die richtige Reihenfolge stellen!

Haben Sie mit-gestoppt? Naja, das wissen wir ja alle… aber es ist so schön, auch mal wieder die positiven Seiten des Old-School-Recherchierens zu erwähnen: unbeabsichtigt auf Sachen stoßen, die einen immer schon mal interessiert haben – Finden ohne zu Suchen! Die absolute Königsdisziplin der Old-School-Recherche… Aber, dafür gibt es eigentlich auch modernere digitale Pendents….

Aber das Handeln ohne konkretes Ziel können wir uns neben unseren 2-3 Jobs ja sowieso nicht mehr leisten! Da könnte man ja gleich „spazieren gehen“!

Nun aber ans „Eingemachte“ (wo kommt dieser blöde Spruch eigentlich her? Muss ich mal Wikipedia fragen, obwohl…):

Man kann keinen Artikel über Wikipedia in Foren oder Presse-Portalen lesen, ohne dass binnen 5 Minuten einer sendet: „Wiki ist eine Propaganda-Plattform, die uns manipulieren will.“ – oder ähnlich bzw. noch schlimmer im Duktus.

Wikipedia ist eine Platform für „selbst-organisierte Wissensakkumulation“. Selbstorganisations-Strukturen sind nicht-autoritär geführte Organismen, die auf Basis von einigen wenigen (aber strikten!) Regeln, in der Lage sind Neues zu schaffen. Das einfachste und wirksamste Argument gegen den Manipulations-Vorwurf ist die Tatsache, dass sich JEDER – auch der, der gerade meckert! – in das Gesamtwerk einbringen kann – jederzeit – zu jedem Thema (von Relevanz!). Er muss sich allerdings bewußt sein, dass diese Inhalte überprüft werden – eben auch wieder von der „Community“. Das ist gelebte Demokratie.

Es liegt nahe, dass kommerziell interessierte Wirtschaftsteilnehmer oder Narzisten versuchen, sich in einem solche Medium gut „zu verkaufen“. Wenn das geschieht, tun sie das sicher nicht selber, sondern veranlassen andere dazu. Die Kontrolle funktioniert in diesem Bereich besonders gut, weil selbstverständlich die Konkurrenten oder Widersacher in Wirtschaft und Wissenschaften ständig darauf ein wachsames Auge haben – auch dies ein wichtiger Bestandteil der „Selbstorganisation“.

Investigative Artikel kommen auch immer wieder auf den Aspekt der Fake-News in Wikipedia zu sprechen: dabei berichten sie dann immer wieder von denselben zwei Fällen von Fake oder Manipulation… Erstens die Insel, die es gar nicht gibt, zweitens der hinzugemogelt Vorname von Theodor zu Guttenberg (wie bitte? Geht’s noch?). Diese Informationen haben natürlich mein Vertrauen in die On-Line-Enzyklopädie maßgeblich zerstört (IRONIE!!!). Wissen Sie übrigens, dass mehrere Inseln, die gar nicht existieren, teilweise seit dem 17. Jh. in offiziellen Seekarten eingetragen waren oder sind (auch Google-Maps!)? Über die Forderung, dass solch ein Medium „völlig Fake- oder Irrtums-frei“ sein sollte kann ich nur schmunzeln.

Das Medium der On-Line-Enzyklopädie ist so offensichtlich so erfolgreich, dass Kreationisten in den USA (die sich teilweise auch hinter dem Fake-Begriff „Intelligent-Design“ verstecken) eine eigene Online-Enzyklopädie nur für Kreationisten-„Wissen“ aufbauen („Conservapedia“ – nein, die ist nicht wirklich demokratisch selbst-organisiert…).

Reden wir auch über Geld! Wikipedia ist eines der unerwartet riesigen erfolgreichen Projekte der Digitalen Welt seit der Jahrtausendwende (als wir noch erwarteten, dass alle nicht-Apple-PCs zusammenbrechen könnten, nur weil das marktführende Betriebssystem den Wechsel in ein neues Jahrtausend nicht vorausgesehen hatte…).

Alle anderen „Geschäftsideen“ der „digitalen Revolution“ haben als Ergebnis unvorstellbare Milliardenvermögen der Gründer gehabt. Und wir alle haben in das Millardenvermögen von Bill Gates munter eingezahlt! Die Wiki-Platform ist eine Non-Profit-Organisation, die von Spenden getragen wird (und zukünftig vielleicht von den Erträgen des Rücklagen-Kapitals). Entgegen den immer wieder vorgetragenen Behauptungen, ist die Mittelverwendung TRANSPARENT. Der Wirtschaftsplan ist veröffentlich – das ist gesetzlich so vorgeschrieben!

Viele Nutzer der Plattform – die in den meisten Fällen selbst nicht dafür gespendet haben – regen sich öffentlich über eine „unglaubliche Verschwendung“ der Spenden-Mittel durch die leitende Stiftung auf. Leute, die die Enzyklopädie täglich und selbstverständlich KOSTENLOS nutzen (und vermutlich gerne in aller Zukunft nutzen wollen!) – und damit ständig einen Mehrwert für sich selbst schaffen! – kritisieren, dass Wikipedia „teuer“ sei. Das „Hosting“ mache ja nur gut 3% des Budgets aus….

Man liest: Die Spendenbettelei „nerve“ die Nutzer! Ich kann das wirklich nicht fassen: da wird eine kostenlose Mehrwehrtmaschine genutzt, deren Unabhängigkeit gerade durch die Non-Profit-Struktur und Werbefreiheit gewährleistet werden kann – und die Nutznießer beschweren sich darüber, dass sie diese Unabhängigkeit auch weiter mit gewährleisten sollen!

Wozu muss die Stiftung die hohen Rücklage-Vermögen aufbauen?, wird gefragt, dann sollen sie doch um weniger Geld betteln! Es sollte auch dem mit wirtschaftlichen Zusammenhängen weniger vertrauten einsehbar sein, das auch ein Non-Profit-Unternehmen wie ein Wirtschafts-Unternehmen geführt werden muss, wenn man dessen Zukunft sicher stellen will. Nach den verfügbaren Daten ist das Rücklage-Vermögen in gutem Einklang mit dem Budget gewachsen – und Wiki hat erklärt, man strebe ein Rücklagevermögen an, aus dem schließlich ein Betrieb der Platform auch ohne Spendenabhängigkeit möglich sein wird. Das würde noch mehr Unabhängigkeit bedeuten. Bis dahin werde ich weiter spenden… Besonders grinsen muss ich immer bei dem immer wieder aufkommenden Vorwurf der „Professionalität“ – sogar die Spendensammlung sei professionalisiert! Es wollen also viele auf die zuverlässigen, kostenlosen, frei zitierbaren Inhalte zurückgreifen… auch in Zukunft – aber das soll bitte von einem Chaoten-Haufen betrieben werden?

Ausblenden möchte ich hier die Neid-Debatte, die sich mittlerweile um den Gründer Jimmy Wales rankt: er sei mit Berühmten und Supperreichen gesehen worden…

… ich gönne und wünsche Jimmy Wales (nein, nicht Prince of Wales!) ein sehr gutes Gehalt und ein sehr schönes Leben – nach allem, was er uns geschenkt hat!

… sagt ein völlig unabhängiger Blogger in einem werbefreien (aber nicht Copyright-freien!) non-profit-Blog. (Mit Herrn Wales weder verwandt noch verschwägert!)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 29. November 2017

 

Das fängt ja gut an – 333 – Glyphosat-Skandal

Wer (von der SPD) jetzt noch eine Große Koalition schmieden sollte, hat die Konsequenzen daraus dann auch verdient! Es lebe die Minderheitsregierung, in der zukünftig kein Minister mehr einen Freifahrtschein für seine Zukunft lösen darf – ohne Konsequenzen für ALLE anderen Themen.

Eigentlich wollte ich heute einen Blogbeitrag über Wikipedia schreiben… Aber die Ereignisse haben mich sozusagen überrollt:

Der Landwirtschaftsminister Christian Schmidt brach alle politischen Regeln – und stieß damit nicht nur alle besorgten deutschen Glyphosat-Versuchskaninchen vor den Kopf, sondern gleich die möglicherweise aufkeimende GroKo-Verhandlung in den Abgrund. Ich habe in den Fernseh-Nachrichten Schmidts Erklärung dazu gesehen: er beruft sich auf seine Fach-Entscheidungs-Kompetenz und setzte hinzu: „So ist er halt, der Schmidt!“ Dabei sagte sein Gesichtsausdruck: ich bin so mutig, ich habe von meinem Widerstandsrecht – nein Widerstands-PFLICHT ! – Gebrauch gemacht. Ich bin eine Mischung aus Florian Geyer und Schenck Graf von Stauffenberg…

Liebe geschäftsführende Frau Merkel (und Noch-MP Seehofer): wenn dieser unfassbare Vorgang nicht zum sofortigen Ende der politischen Laufbahn dieses Herrn führt, dann haben Sie vermutlich noch nie in so kurzer Zeit so viele neue Wut-Bürger geschaffen! Es wird für Sie ohnehin schwer genug sein,  glaubhaft zu machen, dass Sie von diesem Schritt nicht vorher gewusst haben. Und wenn wirklich nicht: dann bleibt der Makel ohne Zweifel an Ihnen hängen, dass sie so viele unfähige Minister (und davon alle von der CSU) in Ihrem Kabinett toleriert haben.

Um den Schmidt muss ich ja ganz bestimmt keiner sorgen: der wird fürstlich belohnt und versorgt werden von denen, denen diese Entscheidung nutzt – bestimmt am liebsten über irgendeinen einschlägigen Verband oder eine Stiftung.

Dies sagt schnaubend ein sonst sehr sanfter Nicht-Wut-Bürger.

Herbert Börger

P.S.: „Alternativer Gedanke“ – … oder geschehen mit der ABSICHT, die Große Koalition zu verhindern…?

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 28. November 2017

Das fängt ja gut an – 334 – Kommunikation Jung zu Alt

Ich fühle mich heute früh sehr-sehr zufrieden (das ist die Vorstufe des Glücks…): heute – kurz nach Mitternacht, schickte uns einer unsere Söhne einen Link zu einem wirklich beeindruckenden,  stark dystopisch eingefärbten Animationsfilm auf youtube (https://m.youtube.com/watch?v=j800SVeiS5I&feature=share) – kurz nach sechs Uhr heute früh äußerte sich ein anderer Sohn (wir sind über einen Chat-Kanal alle gleichzeitig verbunden) zu dem Fundstück und wir hatten einen kurzen Austausch darüber, der demnächst in einem GESPRÄCH Auge-in-Auge führen wird.

Es geht hier nicht um den Inhalt des Animationsfilmes, den ich oben nur deshalb geteilt habe, um einen Eindruck zu schaffen, um welche Art von Inhalt es ging.

Vielmehr wollte ich hier teilen, welches Glück es sein kann, wenn man im fortgeschrittenen Alter im (virtuellen) Kreise seiner Familie eine REGE Kommunikation haben kann. Die ist vor allem auch dadurch geprägt, dass die Älteren und die Jüngeren jeweils unterschiedliche Dinge wissen bzw. erfahren haben, die die jeweils andere Generation nicht hat… wobei der Austausch in großem gegenseitigen Respekt verläuft! (Wir Eltern sind etwa doppelt so alt wie unser jüngster Sohn…)

Dies ist gleichzeitig ein Loblied auf die verfügbaren Möglichkeiten des Netzes: eine solche spontane ad-hoc-Kommunikation wäre ja früher überhaupt nicht denkbar gewesen, wenn man nicht am selben Ort ist (und das ist eben die Regel!). Man stelle sich vor, einer hätte den Impuls, dem anderen etwas mitzuteilen und ruft an: besetzt oder geht nicht ran. Bis zum Abend ist der „Impuls“ verloren oder vergessen. Sie würden Vater/Mutter wohl auch nicht einfach so kurz nach Mitternacht anrufen… Eine kurze Mail oder Nachricht kann man aufnehmen, nachdem man sich einen Kaffee gemacht hat und bevor man in 15 Minuten zur U-Bahn, ins Studio oder in den Stall muss. Jüngere schaffen es sogar stehend in der U-Bahn darauf zu antworten… Denkt auch ein bißchen daran, wenn Ihr das nächste Mal darüber lamentiert, dass die alle dort nur auf Ihre Mobiltelefone starren: vielleicht starren sie ja gar nicht, sondern chatten ganz intensiv mit Ihren Altvorderen?

Danke Internet und mobiles Netz!

Ja, was sonst, werden Sie sagen – das ist doch alles sehr trivial!

Stimmt – ist es … ich möchte trotzden immer wieder sagen: gerade der Diskurs zwischen Jung und Alt ist wichtig und kann – richtig angewendet – sehr stark von den neuen Möglichkeiten profitieren!

Aphorismus des Tages: „Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein.“ (J.W. von Goethe, dt. Dichter, 1749 – 1832)

Bild des Tages: Sehr oft möchte ich ein Baum sein… Sehr lange wachsen… in der Hoffnung, dass diese gierige und erfolgreiche Spezies eines zweibeinigen Tieres meine Baumfreunde um mich herum stehen läßt!

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Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 27. November 2017

Das fängt ja gut an – 335 – Regierungsverweigerung und Wahlkostenerstattung

Satire oder Realtät? Man muss den Akteuren zu Gute halten, dass jedes „erste Mal“ verwirrend ist: zum ersten Mal will niemand das Land regieren – außer Angela Merkel!

Im Willy-Brandt-Haus spielte sich gestern eine unglaubliche Szene ab:

„Martin, Du kannst doch jetzt von uns nicht verlangen, dass wir doch regieren! Wir hatten ja erwartet, dass der Frank-Walter  Dir den Kopf wäscht – aber doch nicht gleich das Gehirn!“

„Doch – es muss sein! Frank-Walter …äh, der Bundespräsident hat gesagt, bei Regierungsverweigerung bekommen wir bei der Neuwahl keine Wahlkampfkostenerstattung.“

„Na, dann machen wir eben nix – dann brauchen wir uns hinterher auch nicht zu rechtfertigen, dass wir nicht regieren wollen.“

„Ja, aber stellt Euch vor: wir bekämen ohne ein Plakat, ohne einen Auftritt von mir bei der Neuwahl ein besseres Ergebnis als vorher!?“

Aphorismus des Tages: „Wahl – Kannst Du nicht allen gefallen durch deine Tat und Dein Kunstwerk, mach es wenigen recht; vielen gefallen ist schlimm.“ (Friedrich von Schiller, dt. Dichter, 1759 – 1805)

Bild des Tages: Die Engel bringen mit den Posaunen von Jericho die Mauern des Willy-Brandt-Hauses zum Einsturz…

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Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 25. November 2017

Das fängt ja gut an – 337 – Warum nicht Minderheitsregierung?

Deutschlands politische Klasse fragt sich: was nun?
Ein zartes Gefühl der Krise weht durch das Land. Aufregend, oder? Man ist sich aber einig, dass es keine richtige Krise ist (für das Land – für einzelne Personen sehr wohl …).
Die Journalisten wirken angnehm aufgeregt – viele Politiker auch: endlich mal kein „business-as-usual“ – neue Horizonte zeichnen sich ab! Kommt dabei mal etwas wirklich Neues heraus? Der Zauber des „ersten Males“ umschwebt alles politische Handeln jetzt!
Danke, Wähler!
 … sage ich hier, obwohl man an vielen Stellen anklingen hört: „wenn der Bürger sich so einen  Mist zusammen wählt, muss er eben nochmal ran!“ (Nee – muss er nicht! Und alle wissen es.)
709 Bundestags-Abgeordnete dürfen erleben, dass ihnen vielleicht einmal endlich die Bedeutung zukommt, die sie immer schon hätten haben sollen (oder gerne gehabt hätten): vier wilde Jahre ohne diesen deformierenden Fraktionszwang…? „Abenteuer-Spielplatz Parlament„.
Zunächst stehen 5 Personen im Schlaglicht:
Zu vorderst zwei, deren „Haltbarkeitsdatum“ entweder schon in der Vergangenheit – oder jedenfalls in der näheren Zukunft liegt… (beide bestreiten das sicher):
Angela Merkel: nach mehreren (eigenhändigen) Gutachten die einzige, die nichts falsch gemacht hat und nicht versteht, wieso das nicht unter ihr so weiter geht wie bisher.
Ihre Taktik, die 200 Verhandler mit 1000 Themen schwindlig zu machen, um dann ruck-zuck die wirklich wichtigen Fragen („Knackepunkte“) in wenigen Stunden unter ihrer Regie nach Mitternacht durchzupeitschen, ging zwar auf (alle liefen unwidersprochen hinterher) – aber dann schief!
Horst Seehofer: der unter-40-CSU-Scheinriese, der jetzt  sogar von einer angezählten Angela Merkel mühelos in Schach gehalten werden kann und während der Verhandlungen von der eigenen Partei demontiert wurde.
Christian Lindner: war nach seinem Ein-Mann-FDP-Revival-Kraftakt sicher, dass er eine starke Position hat  – und die Union (nein: nicht FC Köpenick…) „naturgemäß“ zur FDP tendiert. Irrtum! In den Sondierungen hat er offensichtlich so wenig Stärke  gehabt, dass er im Schwitzkasten von Angela Merkel gelandet ist und sagte tatsächlich: “ Wir fühlten uns gedemütigt.“ Wenn er ernsthaft durchblicken ließ, der Weg des Emanuelle Macron in Frankrei sei ein Vorbild für ihn, dann zeigt er alarmierende Zeichen der Selbstüberschätzung und sollte den heutigen Aphorismus (s.u.) besonders beherzigen.
Martin Schulz geriert sich ebenfalls wie ein verstocktes Kind, das (lt. Hahne, FAZ) „nur einen Satz“ hat (den mit dem „abgewählt“ …) – und die SPD soll geeint hinter ihm stehen? Wenn das man gut geht! Sein Problem ist die immer-wieder-und-wieder falsche Metaphorik.: er meint zwar das Richtige… aber er sagt das Falsche. Wenn einer erkennt, dass seine Partei jetzt nicht regieren soll/will (aus welchem Grund auch immer), dann sollte er das sagen, und nicht zur Begründung dem Wähler etwas Fiktives in den Mund legen: als hätten alle SPD-Wähler auf den Wahlzettel geschrieben: „Ja, SPD, aber nur wenn Ihr versprecht, nicht zu regieren!“ (… was den Wahlzettel ungültig gemacht hätte!) Der Wählerauftrag in Zahlen: GroKo-Parteien – 53,4%, Jamaika-Parteien 52,5%… (Danke für die Nachhilfe Erik Marquardt!)
Zu erwartende Reaktion, wenn ihm heute der Bundespräsident (und pikanterweise Ex-Partei-Genosse) qua Amt den Kopf waschen muss: „Nein, ich will nicht – will nicht!“.
Und damit sind wir schon bei der Person Nr. 5, die jetzt in den Fokus gerückt ist:
Frank-Walter Steinmeier kommt nun als erstem Bundespräsidenten seit der Gründung der BRD eine wahrlich staatstragende Rolle zu: und wir hoffen alle, dass er das sehr klug anstellt!
Und jetzt?
Wenn es nach einer Wahl zwei Mehrheits-Koalitionsmöglichkeiten gibt… wohlgemerkt: nicht skurrile oder absurde, sondern solche, die es entweder schon mehrfach relativ schmerzfrei gegeben hat (schwarz/rot) oder vorher geradezu herbei gesehnt wurde (Jamaika)… dann besteht eigentlich kein Recht auf Neuwahlen! Der Bundespräsident darf mich Recht fordern: macht Euren Job!
Nun sind wir also statt in Jam-aika, in einem tiefen Jam-mertal gelandet:
– die FDP fühlt sich gedemütigt,
– die SPD fühlt sich generell gerade nicht so gut.
Die Minderheitsregierung ist für ein Parlament mit 709 Abgeordneten, in dem dem Kanzler-Wesen (m/w) wahrscheinlich über 100 Stimmen zur Mehrheit fehlen, eine extrem ungewohnte und sicher sehr anstrengende Regierungsaufgabe!
– Die internationalen Partner müssten etwas länger auf Deutschlands Reaktionen warten;
– Ja, es wird sicher auch teurer, da der aufgabenbezogenen auch mal etwas angeboten werden muss – als Gegenleistung.
Aber:
Man könnte sie auch als Chance sehen, dafür dass:
– mal eine Zeit lang die verkrusteten Partei-übergreifenden Strukturen aufgebrochen werden;
– viele verschiedene Verabredungen für verschiedne Problemlösungen ausprobiert werdenkönnten:
– Die Abgeordneten würden zwangsläufig sehr viel Zei im Parlament verbringen müssen, dafür weniger Zeit für Lobbyisten haben (!);
– es könnten ohne einen einzementierten Koalitionsvertrag wichtige Aufgaben jederzeit angegangen und vielleicht sogar erledigt werden;
– neben dem Kanzler-Wesen (m/w) müßten sich schon wegen der vielen Abstimmungsarbeiten zwischen den Parteien endlich politische Talente sichtbar werden, die für dringend nötige Nachfolgen gebraucht werden!
– … und sicher noch viel mehr: Chancen über Chancen…
– wobei (vielleicht) durch Entritualisierung und bessere Transparenz dem Geschäft der Populisten die Geschäftsgrundlage entzogen wird!?

Aphorismus des Tages: „Das Geschäft des Regierens und Gesetzgebens, … , ist von so großer Schwierigkeit, und Verantwortung, dass jedem ein  recht großes Misstrauen in die eigenen Kräfte, gleichsam als erste Bedingung der Tüchtigkeit, zu wünschen ist, damit er nicht ohne die strengste Prüfung seinen Entschluss fasse.“ (Friedrich Carl von Savigny (1779 – 1861) preußischer Rechtsgelehrter und Staatsminister)

Bild des Tages: Friderike (1778 – 1841) – Preußen-Prinzessin (hier ohne Unterleib und mit einem Herz aus Stein, ca. 35 kg.): Jahrzehntelang ist sie mit uns kreuz und quer durch Süddeutschland „getourt“ – jetzt ist sie heimgekehrt dahin, wo das Original dieser Skulptur entstanden ist: ins „preußische Kernland“ Berlin-Brandenburg. Was für eine Koalition.

Friderike

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 23. November 2017

Das fängt ja gut an – 339 – Ist das unabhängiger Journalismus?

Die merkwürdigen Interviews von Tina Hassel im „ARD-Brennpunkt“ gestern.

Drei-Klassen-Journalismus?

Tina Hassel, Leiterin des Hauptstadt-Studions der ARD, ist eine brilliante Journalistin: sie sieht immer blendend aus, formuliert und spricht messerschaft und sprachlich pointiert – und sie hat alle Möglichjkeiten in ihrer Position: zu ihr kommt immer die erste Garde, wie gestern abend – die Kanzlerin, Martin Schulz und Christian Lindner!

In solch einer Ausgangslage stellt sich, da es sich ja in dieser Art von Sendung nicht um reine Unterhaltung handelt, die Frage, was Tina Hassel daraus macht?

Der Ablauf gestern im Brennpunkt war typisch für Frau Hassels Art der Gesprächsführung – und das in einer überspitzten Weise.

Die Kanzlerin bekommt zur Einleitung fro forma auch kritische Fragestellung (bis zur Frage nach Rücktrittsgedanken) – aber in der Folge wird sie geradezu gestreichelt: Angela Merkel strahlt und glänzt und kann sich ungestört über viele-viele Minuten blendend präsentieren und bekommt die richtigen Bälle zugespielt. Sie hat alles im Griff und fürchtet nichts: so sehen Siegerinnen aus. (Der unbefangene Betrachter des Geschehens der letzten sechs Wochen reibt sich die Augen…)

„Nicht-Oppositionsführer“ (da nur Parteichef) Martin Schulz wird im Vergleich dazu rüde abgefertigt – in gefühlt ein Drittel der Zeit (ich habe es nicht gestoppt): ihm fällt Frau Hassel sogar ins Wort, als er etwas sagt, zu dem sie anderer Meinung zu sein scheint! Leider macht es Martin Schulz ihr auch noch sehr leicht, ihn zweitklassig abzufertigen, da er (generell zur Zeit) wie ein verstocktes Kind argumentiert…

Ich hätte es danach nicht für möglich gehalten, dass Frau Hassel dies noch steigern könnte – aber sie konnte: der Mann, der eigentlich den Anlass für den „Brennpunkt“ geliefert hatte (ja: Herr Lindner), durfte in wenigen Sätzen „entkräften“, er habe nicht vorher gewarnt, dass das möglicherweise nix wird. Massive Anlässe zur Nachfrage in seinem Statment fielen einfach so unter den Tisch – und dann wurde er nicht einmal angemessen aus dem Gespräch verabschiedet, sondern entlassen wie ein Schulbub – bei der folgenden Schaltung mit Frau Ehni im WDR stand er sogar im Wege…

Frau Hassel: in Ihrer Sendung wurden starke Bilder geschaffen, die viel stärker wirken als die gesprochenen Worte! Unabhängiger Journalismus sieht so nicht aus.

Aphorismus des Tages: „Aufrichtig zu sein kann ich versprechen, unparteiisch zu sein aber nicht.“ (J.W.v. Goethe, 1749 – 1832)

Bild des Tages: Wie der Tau glänzt hängt vom Untergrund ab – und von der Nachschärfung in der Bildbearbeitung. (Ja es besteht ein bezug zum Text…)

WieDerTauGlänzt

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 20.11.2017

Das fängt ja gut an – 340 – nach neun Wochen: besser nicht regieren!

Ein neues Gefühl für die Deutschen ab Mitternacht 19./20.11.2017:

der Nicht-regiert-werden-könnens-Schmerz!

Das Entsetzen: vier Wochen, nur damit CDU+CSU sich zusammenraufen plus fünf Wochen für eine Vierer-Sondierung… Währenddessen wurden 3…4…5 „Knackpunkte“ die ganze Zeit unter der Fußmatte verstekt – und am letzten Wochenende herausgeholt.

Das Konflikt-Management: verdient den Namen nicht – Danke Angela Merkel! (Ironie!)

Die kommende Metapher: „Das Blatt lag auf dem Tisch – aber keiner wollte es spielen!“ – ersatzweise: „Das Blatt lag auf dem Tisch – aber die FDP wollte es nicht spielen.“

Die Hölle für die meisten Printmedien: die Meldung kam nachdem die Druckerpressen angelaufen waren. Beileid! (echt…)

Alle haben es doch vorher gewußt: Sie erinnern sich? (Lange her!) „Die unmögliche Koalition.“ – „Das geht doch gar nicht!“

Erklärungsversuche: Überrascht werden wir feststellen, dass es anscheinend vier unterschiedliche „Blätter“ auf dem Tisch gab. Vielleicht saßen ja auch die vier Verhandlungsgruppen in unterschiedlichen Räumen – und haben es nicht gemerkt (Sarkasmus!). War ja auch so unübersichtlich, mit so vielen Koalitionären in jedem einzelnen Lager!

Nein! Da kommt keine Schadenfreude auf, denn den Schaden haben wir alle!

Man spürt fast körperlich, wie Angela Merkels Stern sinkt: trotz aller der langen Erfahrung im Amt hat Sie nicht die nötige Führungs-Stärke aufgebracht – Moderieren ist eben doch keine Führung! Zeit Online stellt fest, dass FDP – Grüne – CSU (in dieser Reihenfolge) für das Scheitern verantwortlich seien: das sehe ich anders! Nur die CDU hatte (natürlich!) die Verantwortung für die FÜHRUNG des Prozesses – dort liegt die größte Schwäche. Der geschickte Herr Lindner wollte genau das brutal sichtbar werden lassen.

Ist das die Stunde des Frank Steinmeier?

Aphorismus des Tages: „Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel.“ (Konfuzius, chinesischer Philosoph, 551 – 479 v. Chr.)

Bild des Tages: Wo liegt Jamaika?

WoLiegtJamaika?

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, den 20.11.2017

Das fängt ja gut an – 342 – Kompromiss! Bitte!

Aphorismus des Tages: „Die Spinne und die Fliege können keinen Kompromiss schließen.“ (Sprichwort – angeblich aus JAMAIKA…)

Nehmen wir einmal an, dieses Sprichwort käme wirklich aus Jamaika – dann ist es ein bedenkenswerter Beitrag zur gegenwärtigen Berliner Verhandlungs-Situation.

Das Finden von politischen Kompromissen hat generell kein gutes Ansehen – völlig zu Unrecht! Immer dran denken: es ist die schärfste Alternative zur AUTOKRATIE! Wenn der Wille zum Kompromiss erlahmt, freut sich der Autokrat!

Über ALLE Themen von öffentlichem Interesse gleichzeitig zu verhandeln ist eigentlich fast unmöglich – vielleicht auch eine Sisyphos-Arbeit… Ohne ein Minimum an „Moderation“ wird es gar nicht gehen – aber leider wirkt die „Königin der Moderation“ (Angela Merkel) sehr müde – nicht nur vom Tagespensum! Es wird auch „gordische Knoten“ im ganzen Gewirr der Themen geben, die man nur durch Durchtrennen mit dem Schwert lösen kann, damit das keine „Unendliche Geschichte“ wird. Aber die Moderatorin ist wohl nicht Alexander der Große.

Genug der Metaphern!

Was das Problem verschärft: man muss nicht nur einen sachlich sinnvollen Kompromiss finden, sondern es muss jeder auch noch sein Gesicht wahren! Oh weh! Aber es ist ja stets noch viel Platz für Symbol-Formulierungen…

Es wäre aber ein Fehler, zu glauben, dass „Kompromissfindung“ ein eindeutiger Prozess sei. Es gibt mindestens drei völlig verschiedene Grundtypen des (politischen) Kompromisses:

  1. Alle Lösungsvorschläge werden flächendeckend erst in kleine Stückchen zerlegt, die dann so wieder zusammen gefügt werden, dass zwar niemand zufrieden ist, aber keinem nachweisbar ist, dass er dabei unter dem Strich verloren hat. Danach wird kein einziger Wähler am Koalitionsvertrag wiedererkennen, was er EIGENTLICH gewählt hatte. Dies ist der schlechteste aller Kompromisse – aber die Wahrscheinlichkeit dass er in dieser Form entsteht, steigt dramatisch mit der Zahl der Kompromiss-Widersacher. Immer besonders beliebt ist diese Form des Kompromisses bei der finalen Budgetierung: Die Summe steht vorher fest – die verfügbare Summe wird mit der Gießkanne auf alle Lösungsansätze verteilt, was bedeutet, dass kein einziges vorhandenes Problem auch nur ansatzweise gelöst wird. (Ein-Kessel-Buntes-Kompromiss)
  2. Man arbeitet in zwei Stufen: erst einigt man sich auf ZIELE. Es ist überraschend, wie leicht DAS meistens ist, dabei unter Demokraten einen Konsens zu finden! Denn: meistens besteht der größte Streit über die WEGE ZUM ZIEL (man nennt das Ideologie). Dann priorisiert man diese Ziele – das ist schon sehr viel schwerer, aber man kann noch versuchen sich auf sachlicher Ebene zu finden. Notfalls fragt man Experten/Sachverständige – schwierig, wenn man keine Zeit hat. In der dritten Stufe weist man jedem Verhandlungspartner einige Grundthemen zu, bei denen er dann auch den Weg zum Ziel bestimmen darf – so wird dann auch die Regierung personell besetzt. (Der  intelligente Kompromiss)
  3. Man streitet über Themen und Ziele und ist dabei völlig offen. Aus den unterschiedlichen Vorschlägen der Gegner entsteht IM DISKURS ein vorher noch nicht vorgeschlagener, NEUER LÖSUNGSANSATZ. Den können alle akzeptieren, weil sie ihn ja GEMEINSAM geschaffen haben. Eine solche neue Gemeinsamkeit kann unglaublich motivieren und zusammenschweißen. Dazu braucht es allerdings einige hervorragende Persönlichkeiten innerhalb des Kompromiss-Prozesses. Ein Problem für sich – aber diese Persönlichkeiten gibt es vielleicht – man sah sie nur bisher nicht… und sie steigen gerade im Laufe schwieriger Prozesse manchmal an die Oberfläche. Ich gebe zu, dass dies der Glücksfall ist, die OPTIMISTISCHSTE aller Varianten. (Der überirdische Kompromiss)

Welche Form des Kompromisses wird man uns am 19./20. zumuten? Beziehungsweise: wird es überhaupt einen geben?

Wenn die Koalitionäre noch Beratungsbedarf haben sollten: meine Frau und ich haben am Sonntag den 51. Jahrestag unserer permanenten Koalitionsverhandlung mit geschätzt 25.000 Kompromissen … Wir helfen gerne!

Bild des Tages: Hier kommt sicher kein Kompromiss zustande…

kommtEin KompromissZustande?

Herbert Börger

Der Brandenburger Tor, Berlin, 18.11.2017

Das fängt ja gut an – 343 – Me Too

Erschreckende Erkenntnisse aus der Sexismus-Debatte (#MeeToo)

Seit Wochen beobachte ich folgenden Vorgang:

Ein Mann wird wegen sexuellen (oder auch „nur“ sexistischen) Übergriffen beschuldigt. In vielen Fällen macht der Betroffene nicht einmal den Versuch, das abzustreiten. In den allermeisten Fällen, in denen einer den Vorwurf abstreitet, läßt ihn seine „Umgebung“ sofort fallen – niemand verteidigt ihn.

Dafür gibt es aus meiner Sicht nur eine Erklärung: die angeklagten Vorgänge sind überhaupt nicht unbekannt, sondern im engeren und weiteren Umfeld der jeweiligen Person ist der Sachverhalt eigentlich „immer schon“ bekannt gewesen. Im Falle Harvey Weinstein, der zuum Auslöser dieser neuen Welle von Sexismus-Vorwürfen wurde, stellte sich ja heraus, dass dessen Verhalten sogar Gegenstand von Witzen war, die darüber ÖFFENTLICH gerissen wurden.

Aber dieses Phänomen ist ganz offensichtlich nicht auf die Person Weinstein begrenzt, bei der es extrem gewesen sein mag. Das MITWISSERTUM war (und ist?) offensichtlich eher der Normalfall! In erheblichem Umfang saßen/sitzen große Gesellschaftskreise in der Sexismus-Falle und schützen im Normalfall den Täter und nicht die Opfer. Warum ist das so? Opportunismus? Doppelmoral? Faszination durch jene, die sich nicht an Moral und Gesetz halten „müssen“, weil sie Ruhm und Macht – dafür aber keine Hemmungen haben?

Am besten fragt sich im Stillen jeder einzelne, wie er sich selbst da einordnet – und zieht die Konsequenzen. Nur so könnte sich dies in der Gesellschaft auf Dauer ändern.

Da gibt es auch noch einen Fall, der zeitlich noch weit vor dem Weinstein-Fall lag: der Fall des Donald Trump. Ein extremer Fall sogar! Er ist nicht beschuldigt worden, sondern hat sich sogar selbst dieses Übergriffsverhaltens GERÜHMT. Und der ist nach dem Bekanntwerden sogar zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden. Welchen Beweis brauchen wir noch dafür, das große Gesellschaftskreise sexuelle Übergriffe von Männern bereit sind zu tolerieren?

Wie war das noch mit der MENSCHENWÜRDE?

Der Aphorismus des Tages: „Mir weismachen zu wollen, dass die Würde eine menschliche Eigenschaft ist, ist reinster Hohn.“ (Gustave Flaubert, 1821 -1880, frz. Dichter)

Bild des Tages: Kein schönes Thema … gewiss! Da tränt das Herz!

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Herbert Börger

Der Brandunburger Tor, Berlin, 17. November 2017