Ratgeber: Wie man sich einem Morgenmuffel nähert

Erhalten kleine Geschenke wirklich die Freundschaft?

So müssen sich die Entdecker ferner Länder gefühlt haben, wenn sie dort erstmals den einheimischen „Wilden“ begegnet sind:

Man geht einen – an sich lieben – Menschen wecken, der ein ausgeprägter Morgenmuffel ist.

Es ist weniger die Angst, es könnten einem Pantoffel oder Schlimmeres um die Ohren fliegen (vielleicht, weil man in einem Albtraum des Muffels in der letzten Nacht fremd gegangen ist oder andere Verbrechen begangen hat) …

…nein, es ist mehr die Erwartung des nackten Grauens als Mischung aus schlechter Laune, Klage über zu wenig Schlaf, ja – auch schlimme Träume! – und überhaupt nur übelste Erwartungen an den neuen Tag, die einem entgegen prallen und vorhersehbar den Tag total vermasseln wird.

Wenn sich der Morgenmuffel schließlich nach Ablassen aller Negativ-Emotionen aus dem Tal heraus gewälzt hat und am frühen Nachmittag langsam zur Höchstform aufläuft und zwitschert wie eine Heidenlerche, haben mich die Nachwirkungen des Erlebten bereits in tiefste Depressionen gestürzt … und außerdem bin ich jetzt hunde-müde!

Also was tun, um die morgendliche Stimmungs-Katastrophe abzumildern?

Wie im oben erwähnten Falle der Begegnung mit den Eingeborenen ist es sinnvoll, ein kleines Geschenk mit zu bringen!

Bewährt hat sich eine Tasse frisch gebrühten, duftenden Kaffees: das kann der Muffel gleich riechen auch wenn er um diese Tageszeit noch nichts sieht…

(Aber ja nicht die abgestandene Brühe kredenzen, die du dir um 6 Uhr gekocht hast, als du den Tag noch in vollen Zügen genießen konntest…)

Nachrichten über das Wetter sind jetzt klug abzuwägen!

Wenn es schon den dritten Tag hintereinander regnet, ist das jetzt keine Nachricht. Höchstens bei maulwurfartigen Existenzen könnte man fallen lassen, dass es draußen ganz wunderbar noch Gartenerde rieche.

Auch Meldungen über strahlenden Sonnenschein und blauen Himmel sind eher mit Vorsicht zu behandeln, da dieses Bild dem Muffel sein augenblickliches Elend noch drastischer vor Augen führt.

Bringt man die Tageszeitung mit, sollte man die vorher einscannen und problematische Artikel redaktionell bearbeitet und neu ausgedruckt haben!

Etwa:

– SPD jubelt: CDU verlor mehr Stimmen als sie selbst (natürlich ohne zu erwähnen von welchem Niveau der jeweilig Absturz erfolgte!)

oder:

– Klimakatastrophe für uns kein Thema! Merkel sagt: da gehen wir einfach nicht hin…

Wie bitte? In Ihrer Zeitung steht das schon so?

Bei allem guten Willen fragt man sich schon manchmal, wieso eigentlich in ehelichen und eheähnlichen Lebensgemeinschaften ausschließlich Morgen-Muffel und Morgen-Jubler aufeinander treffen?

Na gut – ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, was passiert, wenn ein Morgen-Jubler auf jemanden trifft, der morgens noch bessere Laune hat, als er selbst!

Da könnte es durchaus Mechanismen geben, mit denen die Evolution solche Fälle längst völlig eliminiert hat…. oder?

 

Copyright 2009, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger