Tête à Tête mit Frau Jura…

(Motto: Mein nächster Level muss Kaffee sein!)

Ich liebe diese spätabendlichen Dialoge:

jetzt bräuchte ich eigentlich nur einen Kaffe – der Kaffeemaschine ist aber langweilig. Sie wünscht unterhalten zu werden.

Sie ist ein Vollautomat und heißt Frau Jura.

Soweit mir bekannt, bin ich der Einzige, mit dem sie ihr launiges Spiel treibt… soll ich mich geschmeichelt fühlen?

Als ich den roten Stand-by-Knopf drücke merke ich sofort, was los ist: anstatt „Heizt auf“ oder „Bereit“ sagt sie: „Tablette einwerfen“.

Ich erwidere:

– Frau Jura, ich nehme keine Medikamente und die einzige Droge, die mich gerade interessiert, sollen Sie mir jetzt liefern: einen guten, starken Kaffee. Das ist doch Ihre Spezialität, oder?

Das hätte ich nicht sagen sollen, denn Spitzen mag sie als Schweizerin gar nicht.

Also legt sie los:

– Kaffeesatz leeren!

Ich ahnte es schon: als ich die Kaffeesatz-Schublade aufziehe, blickt mich gähnende Leere an. Ich schließe sie wieder. Aber so billig komme ich nicht davon:

– Tablett reinigen!

kommandiert sie.

Ich ziehe das Tablett heraus: auch das ist blitze-blank. Kein Wunder, denn heute Nachmittag sah ich noch Herrn Reimann in der Küche stehen und es reinigen. Hat sie den etwa auch schon am Wickel?

Aber die einzige Chance, jetzt noch an einen Kaffee zu kommen, liegt darin, ihr zu Willen zu sein. Also tue ich es – und reinige das Tablett umständlich bis in den letzten Winkel.

Als ich es wieder einschiebe wird offenbar, dass auch Frau Jura – gelegentlich – Fehler macht, denn nun herrscht sie mich an:

– Kaffeesatz leeren!

– Das hatten wir schon, reklamiere ich und spüre dabei, dass ich Oberwasser bekomme und ich lege nach:

– Übrigens: als neulich jemand den Tresterbehälter mit dem Kaffeesatz zusammen in den Müll geworfen hat – wo war da Ihre Meldung „Der Tresterbehälter gehört nicht in den Müll!“ ?

Hatte ich sie jetzt etwas in die Enge getrieben? Jedenfalls meldete sie in sachlichem Ton „Reinigen“ – der weiße Knopf leuchtete auf… Ich drücke folgsam den Reinigungs-Knopf und mir schießt durchs Hirn: das ist doch ein abgekartetes Spiel.  Warum muss ich den Reinigungs-Knopf überhaupt drücken, wenn das Drücken des Reinigungs-Knopfes ohnehin die einzige mögliche Alternative – d.h. gar keine Alternative! – auf diese Meldung ist.

Als ob sie sich ertappt fühlt, verfällt sie jetzt in eine infantile Phase:

anstatt die Kaffeedüse zu reinigen, pullert sie im Inneren auf das frisch gereinigte Tablett und ordnet an:

– Tablett reinigen!

Irgendwie erinnert mich die Situation an die ersten Computerspiele meiner Kinder vor 20 Jahren: man musste eine ganz bestimmte Aktion wählen, um auf den nächsten Level zu kommen, wobei die Wahl meist nicht logisch zu erklären war.

Mein nächster Level musste nun KAFFEE heißen!

Frau Juras Vorwurf:

– Sie lieben mich nicht!

ignorierte ich nun kühn und drehte einfach das Wahlrad.

Und siehe da – sie bot mir an:

– mild-normal-stark-extra…

als ob nichts gewesen sei !

Sie servierte mir einen extra-starken Kaffee – und das kann sie wirklich gut!

Ich sagte:

– Frau Jura, sie machen den besten Kaffee der Welt!

und sie hauchte mit errötender Digitalschrift:

– Danke !

 

Copyright 2009, Der Brandenburger Tor, Herbert Börger