Die tägliche Kolumne – 18 – … dann sollen sie doch Kuchen essen!

Es ist der Marie-Antoinette zugeschriebene Satz, der im ersten Teil lautet: „Wenn sie kein Brot haben, dann …“ Und sie soll das nicht ironisch gemeint haben. Wie wir wissen, hat sie das den Kopf gekostet – wobei – sollte das Zitat authentisch sein – es um die „Gedanken“ in diesem Kopf nicht schade gewesen ist. Trotzdem ist Dummheit keinesfalls kein Grund, jemanden umzubringen – und Guillotinieren auch keine Lösung des Problems.

Reden wir über Armut – oder stellen wir wenigstens ein paar Fragen zu diesem Themenkomplex … Wenn man darüber sprechen will, muss aber definiert werden, was denn „Armut“ ist. Das ist schwierig! Und weil man für eine überschaubare gesellschaftlich-politische Debatte einfache Meßgrößen braucht, wurde eben festgelegt, dass als „arm“ gilt, wer als Einzelperson weniger als 30% vom Durchschnittseinkommen aller Deutschen zur Verfügung hat. (Hmmm. Warum nicht 28,5% oder 31,3%?) Und schwups: sind 16% aller Menschen hierzulande arm. (ja klar: das bedeutet, dass die einfachste Strategie gegen Armut darin besteht, den Prozentwert der Definition zu senken! Ja, ich gebe zu: Sarkasmus ist auch keine Lösung!)

Das Groteske daran ist: wenn die Superreichen plötzlich in Scharen ausgerechnet nach Deutschland strömen würden, also Deutschland „reicher“ würde – nähme der Prozentsatz der Armen nach dieser Definition zu. Wie sollen wir eine „Armutsdebatte“ auf dieser Grundlage führen? Mit Zahlen, die als Messgröße einen Grad der Partizipation am Wohlstand darstellen?

In der Folge reden wir in unserer Gesellschaft also – wie immer – nur noch über Geld. Kann man machen.

Wie würde der Satz von Marie-Antoinette in diese Gesellschaft heute übersetzt heißen? Vielleicht am zutreffendsten: Wenn sie kein Geld haben, sollen sie doch zum Staat gehen.

Ist das eine Lösung? Das ist eine sehr schwierige Frage – und jedenfalls in meiner 5-Minuten-Kolumne nicht zu beantworten.

Sehen wir uns zur Vorbereitung eines Diskurses darüber aber erst einmal ein paar Zahlen bezüglich Geld an:

Der Bundeshaushalt der BRD 2023 sieht folgendermaßen aus – und es war nicht meine Idee, das in Form einer „Torten“-Grafik aufzubereiten … das war schon so.

Ja: das riesige rote „Kuchenstück“ ist der Haushaltsposten für Arbeit und Soziales – 34,9% vom Gesamthaushalt. Kann man Armut dadurch bekämpfen, dass man auf diesem Weg proportional immer weiter geht?

Kurzfristiger Schluss, den ich hieraus ziehe: wir sind eines der reichsten Länder der Welt – und haben nichts besseres zu tun als unsere Bevölkerung „arm zu rechnen“. Dass es unmöglich ist, in dieser Betrachtungsweise durch immer weiteres Erhöhen der pauschalen Sozialausgaben den Anteil der per Definitionem armen Menschen zu reduzieren ist völlig offensichtlich.

Es scheint so zu sein: unsere Strategie als Gesellschaft gegen Armut ist nicht effizient!

Da wir über Effizienz reden: das zweitgrößte Kuchenstück im Haushaltskuchen ist die Verteidigung (10,52%)! Es gibt jedoch eine Debatte darüber, ob sich Deutschland gegen einen kriegerischen Angriff überhaupt verteidigen könnte.

Und beide Kuchenstücke sollen im Haushalt 2024 weiter steigen …

Müssen wir vielleicht mal eine generelle Debatte über Effizienz führen? Und generell eine andere gesellschaftliche Debatte über Prioritäten.

Falls Sie eine Lösung wissen, bitte schreiben Sie mir (Kommentarfunktion)!

Herzlich

Der Brandenburger Tor

© Herbert Börger, 18.11.2023