Weltrettung – Traum und Logik

Seit Jahrzehnten (und davon habe ich etliche auf dem Buckel) bewegt mich die Frage wirklich zutiefst, wie manche (und nicht wenige) in dieser Welt zu dem Schluss kommen können, dass sie die Welt durch Morden und Zerstören besser machen können und dieses dadurch zu begründen wagen, dass sie von einer höheren – nicht nachweisbaren – Macht den Befehl dazu bekommen haben.

Es ist mir genauso schwer verständlich, dass staatliche Organisationen weltweit vorgeblich keine andere Lösung dieses Problems finden, als es mit ebensolcher Gewalt – Töten und Zerstörung – zu bekämpfen, obwohl diese Institutionen über Think Tanks verfügen, in denen die klügsten menschlichen Köpfe der Welt zusammen kommen.

Es muss dabei klar sein, dass das Virus, dessen Ziel die Vernichtung des Andersdenkenden (oder: Andersglaubenden) ist, auch nachdem man die ganze Welt mit Feuer und Schwert überzogen hat in irgendeinem Winkel, einer Ritze überlebt haben wird, um sich von dort aus erneut auszubreiten. Wir sind darin einem Kammerjäger vergleichbar, der 270 Zimmer eines Schlosses erfolgreich vom Holzwurm befreit hat – aber eine Besenkammer (zwangsläufig …) übersehen hat. Gerade wir Deutschen haben darin einschlägige Erfahrungen in der Vergangenheit und Gegenwart.

Es ist jedoch ein geistig-moralischer Vorgang, wenn jemand beschließt, bestimmte ANDERE zu hassen und zu töten. Noch nie ist ein Gedanke oder ein Irrtum von Bomben ausgelöscht worden.

JEDER Einzelne auf dieser Welt – auch ich – ist heute von islamistischem Terror bedroht. Ich gehe aber weiter über die Straßen und Plätze Berlins, weil ich selbstverständlich denke: mich wird es ja nun nicht ausgerechnet treffen … oder?

Es kam eine Nachricht, dass einer der höchstrangigen Führer des „Islamischen Staates“ gefasst worden sei: er lebte, denn es war gerade kein verblendeter Mensch in der Nähe, der ihn kurzerhand liquidieren wollte. Ich sah in ihm einen einzigartigen Zeugen seiner geistig-moralischen Spezies, der eine große Macht hatte – unabhängig davon, ob er im Gefängnis saß oder nicht. Er saß in einem französischen Gefängnis.

Ich überzeugte einen bekannten Journalisten davon, mir zu helfen, Zugang zu diesem Menschen zu bekommen. Der Journalist sprach fließend Arabisch. Schließlich schafften wir es, alle Sicherheitschecks für den Hochsicherheits-Gefängnistrakt zu bestehen und der Mann wollte uns auch treffen, da wir ihm die Botschaft zukommen ließen, wir wollten verstehen, was ihn zu seinem Handeln antreibt. Möglicherweise half es, dass er von dem bekannten Journalisten schon gehört hatte und sich davon versprach, seine „Botschaft“ zu verbreiten.

Sofort nach unserem Eintreffen im streng bewachten Kontaktraum, überschüttete er uns dann mit dieser Botschaft, die uns ja längst bekannt war. Mein Begleiter übersetzte brav Satz für Satz. Natürlich ließen wir ihn gewähren. Als er fertig war, fragte ich ihn, ob ich ihn etwas fragen dürfe. Er willigte ein.

Ich sagte, dass ich die Sache mit den „Ungläubigen“, gegen die sich sein Haß und seine Gewalt richten, nicht verstanden habe: die meisten dieser Menschen, die eigentlich seine Brüder und Schwestern in der Schöpfung sind, würden doch auch an Gott glauben – oder gegebenenfalls ein höheres Wesen, das sie anders nennen.

Herablassend wurde ich jetzt von ihm belehrt, dass es deutlich im Koran stehe, dass es nur einen Gott gebe – und Mohammed sei dessen Prophet. Und die Ungläubigen müsse man töten.

Ich war richtig froh: genau zu dieser Aussage hatte ich ihn führen wollen – aber nicht, um mit ihm über die Auslegung des Korans zu streiten.

Ich holte nun etwas weiter aus:

Ich sagte ihm, dass ich Physiker sei, und seit meiner Jugend ein großer Bewunderer der arabischen Kultur (wie es viele gebildete Menschen bei uns seien), die die Lehren der antiken griechischen Kultur und Wissenschaften über Jahrtausende nicht nur bewahrt hatte sondern über Jahrhunderte die bedeutendsten Fortschritte in Medizin, Astronomie und vor allen Mathematik erzielt hatten – auch um diese letztlich uns zu vererben.

Der Mann sah verständlicherweise keinen Grund, mich bei meiner Lobrede auf die alte arabische Kultur zu unterbrechen und es sei hier nur noch darauf hingewiesen, dass meine Beschreibung keine willfährige Lobhudelei der arabischn Kultur gegenüber einem Araber war – sondern einfach die reine Wahrheit!

Ich wies nun darauf hin, dass Wirtschaft, Ingenieurwesen und Astronomie vor allem eine Grundlage haben: die Mathematik, dass aber die Mathematik – gemeinsam mit der Philosophie – eine noch elementarere Grundlage hat: die Logik. Auf dem Gesicht des Mannes begann sich Mißbilligung auszubreiten. Aber er hörte mir zu – meine ehrliche Hochachtung vor der arabischen Kultur hatte mir wohl ein gewisses „Guthaben“ seiner Geduld verschafft.

Ich fuhr fort: die aus der Logik entsprungenen vorher erwähnten Wissenschaften haben sich über Jahrhunderte in der Anwendung auf die erfahrbare Wirklichkeit der Welt bewährt und setzen diesen Erfolgsweg erkennbar weiter fort. Das System der Logik ist also kein Gespinst des menschlichen Gehirns, sonder dessen wirkliche geistige Leistung, die dem Menschen von seiner Entstehung her – religiös als Schöpfung bezeichnet – MITGEGEBEN ist. Sie ist dem Menschen und somit der Schöpfung eigen.

Ich persönlich glaube, dass die Fähigkeit der Logik nach der Fähigkeit zur Liebe die zweitwichtigste Gabe des Menschen ist.

Der Unmut meines Gegenübers nahm währenddessen nicht zu, aber Zweifel an meiner Ausführung schienen nicht völlig ausgeräumt zu sein.

Nun war ich da, wo ich hin wollte: wenn die Logik eine Gabe ist, die die Schöpfung dem Menschen gegeben hat, dann sind wir auch verpflichtet, sie nachprüfbar zu nutzen. (Kein Einwand…) Ich kam nun zum Kern meiner Argumentation:

Wenn die Christen sagen, dass sie an einen Gott glauben, und die Mohamedaner sagen, dass sie an einen Gott glauben – und der Prophet Mohammed sagt, dass es nur einen Gott gibt, dann bedeutet das nach den Regeln der Logik, dass der Gott der Christen und der Gott des Islam ein-und-derselbe Gott ist. Wenn Christen und Mohamedaner sich als Konsequenz gegenseitig vorwerfen, „ungläubig“ zu sein, dann ist das eine grobe Verletzung der schöpfungseigenen Logik. Denn wenn beide sagen, dass Gott der Herr der Menschen sei – und nicht etwa umgekehrt, dann ist Gott Gott, unabhängig vom Wohnort des Mensch, unabhängig vom Namen den er diesem Gott gibt oder dem Kultus der Verehrung. Sonst wäre Gott nicht Gott.

Ich war am Ziel. Unser Gegenüber hatte seine überheblich-abweisende Fassade aufgegeben. Er schien in tiefes Grübeln zu fallen. Schließlich sagte er: das muss ich mir noch einmal genau überlegen. Du sagst, dass die Logik über dem Koran steht?

Ich sagte: nein – nicht über… aber sollte im Koran stehen, das man die Ungläubigen töten soll, dann können damit nicht die Christen gemeint sein, denn sie glauben an denselben Gott. Und ja: die Logik war zeitlich schon lange vor dem Koran da – nämlich ganz ursprünglicher Bestandteil der Schöpfung.

Wir verabschiedeten uns – dass dies von seiner Seite aus nicht unfreundlich geschah, sah ich schon als großen Erfolg meiner Mission.

Mein Flugzeug war noch nicht in Berlin gelandet, da ging bereits die Meldung durch die Nachrichtenticker um die Welt, dass der IS-Führer aus dem Gefängnis heraus seine Mitstreiter aufgefordert hatte, den Kampf einzustellen und die Organisation in eine politische Gruppe zu verwandeln, die mit friedlichen politischen Mitteln für Rechte der arabischen Völker streiten solle. Der ehemalige Terrorist wies darin auch besonders darauf hin, welche fundamentale Leistung die arabische Welt vor Jahrhunderten für die Wissenschaften erbracht hatte.

Dann bin ich leider aufgewacht – besonders verwundert war ich, dass ich nun neuerdings in Träumen die Gesetze der Logik anerkannte. Früher war das genaue Gegenteil der Fall, als ich noch ohne technische Hilfsmittel im Traum fliegen konnte.

Aber von tiefster Naivität sind meine Träume offenbar noch immer geprägt …

So hat sich wohl doch nicht die Welt verändert – anscheinend habe nur ich mich verändert … und warum nicht einfach mal das Geträumte zu realisieren versuchen?

Der Brandenburger Tor

Berlin, den 3. Oktober 2018