Das fängt ja gut an – 171 – Tages-Spitzen

TOP1: „Tilt!“

Ja, was Trump in Sachen IRAN da tut, vergleiche ich mit diesem Vorgang auf dem Flipper-Spielgerät: disruptives Auslöschen der laufenden Agenda durch verletzen der Regeln: mal sehen, ob etwas Neues daraus entsteht…

Sofort denkt man an den Irak-Bush-Vorgang: zum Schlag ausholen mit der Behauptung, es lägen Beweise vor: aber diese Beweise nicht vorlegen. Werden die Beweise nachgereicht werden (passen leider nicht in einen TWEET…) wird jeder den Verdacht nicht abwehrten können, dass sie skrupellos gefälscht sein könnten.

Aber ein erstes Ergebnis aus diesem Schritt liegt schon sehr nahe:

Der Nordkoreaner KIM war sich wohl ziemlich sicher, dass Trump mit dem Iran so vorgehen würde – daher sein demonstrativer Kuschelkurs… jetzt kann er sagen: kein Vertrauen zu den USA bezüglich derartiger Vereinbarungen!!!! Sehr clever!

Die augenblicklichen Aussichten in den Krisen Iran/Nordkorea könnten die Dimension der Kuba-Krise entwickeln!

Bisher hat kein Krieg im Nahen Osten zu dauerhafter Stabilität geführt und ganz sicher gehört der Iran nicht zu den „Stabilitätsgaranten“ in der Region – ganz im Gegenteil! Und das ist ja auch der eigentliche Hintergrund für das Abkommen gewesen. Weitere Kriege führen in der Region zu immer mehr Flüchtlingen, die nach Europa drängen (wohin sonst? Nach Afrika etwa? Oder werden die USA ihre Flugzeugträger ins Mittelmeer verlegen, um die Flüchtlinge aufzunehmen?).

Was machen die Verbündeten der USA, darunter Deutschland, jetzt? Droht eine Spaltung des westlichen Bündnisses? Oder wird Trump die verunsicherten „Verbündeten“ durch sein disruptives weltpolitisches Manöver an seine Seite zwingen – und so einen Erfolg verbuchen: seht – ich bestimme die Agenda! Das ist in dieser Situation vielleicht die EIGENTLICHE Krise aus deutscher Sicht!

Nicht durch Zufall wurde nach erniedrigend langer Latenz gestern der US-Botschafter in Berlin eingesetzt, der gleich als Allererstes die Einhaltung der neuen US-Sanktionen eingefordert hat.

TOP2: Andrea „Strahles“

Mal ehrlich: glauben Sie Frau Nahles ihre gute Laune, die sie demonstrativ bei der Fraktions-Klausur zeigte? (Was heißt hier überhaupt „Klausur“ – angesichts eines durchgehenden Presse-Ereignisses über zwei Tage?)

Nach den saftigen Sprüchen von Andrea Nahles in den letzten 12 Monaten – die für mich da doch wesentlich authentischer, wenn auch unpassend erschienen – ist das derzeitige seichte Gesäusele mit aufgesetzter Fröhlichkeit völlig unglaubwürdig. Alle wissen: der nächste Hirnfurz von Herrn Dobrindt wird wieder solchen Gestank verbreiten, dass bei den Koalitionspartnern sicher die Fröhlichkeit ersterben wird!

Schluss mit der Show! Macht endlich ernste Politik und streitet Euch, wie sich das gehört!

Berliner Spitzen:

Zwei echte Berliner sprechen miteinander: sagen wir ein Hausmeister (Facility Manager – erkennbar am Sakko zur verbeulten Jeans) und ein Handwerker. Harte abgehackte Laute schallen rüde durch die Gänge, dass man versucht ist, die Polizei zu rufen. Mich erinnert das an Erlebnisse in Japan: ganz ähnlich klingt das, wenn in Tokio zwei Männer öffentlich „Gedanken austauschen“… ein schalltechnisch sehr heftiges Ereignis, ein akustischer Boxkampf. Aber keine Sorge: in beiden Fällen – die reden wirklich nur miteinander.

Aphorismus des Tages:

Bist Du ernsthaft krank oder nur krankhaft ernst?

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 9. Mai 2018

 

Das fängt ja gut an – 286 – Die SPD schafft sich ab …

Die SPD schafft sich ab … oder erfindet sich neu!

Was erleben wir da? Werden wir es nach dem Parteitag der SPD am 21.01.18 wissen? Oder ist dies ein allgemein gültiger Prozess, der nach und nach alle politischen Gruppierungen erfassen wird? Werden die Parteien „von unten“ umgekrempelt? Entsteht ein neues Bild der „politischen Partizipation“ jenseits der Politikverdrossenheit? Ist das die Götterdämmerung der Parteienlandschaft?

Ich nehme sonst nicht so gerne Stellung zu tagespolitischen Ereignissen – jedenfalls nicht zeitnah. Nach meinen Erfahrungen kann man schon mal abwarten, bis die ersten drei Säue durchs Dorf getrieben wurden… Ich sehe hier aber die sehr spannende Situation, dass eine (ehemalige?) Volkspartei sich vor den Augen Aller in ihre Einzelteile zerlegt – sich sozusagen selbst tranchiert. Ich kann mich nicht erinnern, so etwas in 45 Jahren sehr interessierter Verfolgung von Politik schon erlebt zu haben…

Die sichere Erkenntnis aus den Ereignissen in und um die SPD seit dem Vorliegen des GroKo-Sondierungspapieres am 12.1. ist heute für mich:  Es gibt derzeit keine einzige wirklich „führende“ Autorität in der SPD – der Kaiser Schulz steht völlig ohne Kleider da – d.h. ohne Basis. Es ist sehr ungewöhnlich, dass ein Verhandlungsergebnis von den Verhandlern für gerade noch akzeptabel betrachtet wird – dann der Vorstand der Partei es einstimmig annimmt – unabhängige Beobachter das Gesamtergebnis als respektabel kommentieren – und danach ein Shit-Storm in der Partei ausbricht. Man kann das, was da passiert nicht anders bezeichnen! Noch so ätzende Kritik von den JUSOS wäre ja völlig normal – aber was hier passiert ist wie Jahrhundert-Sturmflut an der Küste – und der Deichgraf ist nicht zu Hause!

Schulz hat sich mal wieder als völlig unsensibel gegenüber seiner eigenen parteiinternen Situation gezeigt: als er am 12.1. übernächtigt vor die Presse trat, sagte er, es sei ein HERVORRAGENDES Ergebnis. Er wusste was er alles nicht erreicht hatte – er wusste aber auch, dass man mit 20,5% nicht 100% seiner Vorstellungen durchbringt. Diese Diskrepanz hätte er ausbalancierend in seinem Statement zum Ausdruck bringen müssen. Mir scheint, jetzt bekommt er die Quittung.

Vielleicht war er dem immensen Druck einer 24h+-Verhandlung nicht wirklich gewachsen? … was an sich kein Makel wäre – wenn man hinterher nicht öffentlich unangemessene Statements abgibt. Angela Merkel aber weiß, dass sie in Marathon-Verhandlungen meistens ein ausgezeichnetes Durchsteh-Vermögen hat – sie hat es auch hier einmal wieder geschafft!

Und was tut die SPD jetzt? Erst  einmal passiert etwas, was geradezu selbstzerstörerisch wirkt: jeder von jeder Organisations-Ebene der Partei macht seinem Unmut öffentlich und sogar for laufenden Kameras Luft – und der Vorstand ruft nicht geschlossen zur Mäßigung auf. Ganz offensichtlich vertraut die Basis-Struktur ihren eigenen Partei-Granden nicht mehr – und ein wirklicher Kapitän ist nicht auf der Brücke. Der rennt jetzt durch die Mannschaftsquartiere und versucht die überall aufflackernden Aufstände einzudämmen.

Merkwürdigerweise fallen mir nur „medizinische“ Vergleiche ein: Immunreaktion: stößt die Partei das Organ ab, das Gabriel ihr vor einem Jahr eingepflanzt hat? Szene im OP: der Patient wacht auf und sagt zum Chirurgen: „Ach, ich will das neue Herz lieber doch nicht!“ Chirurg: „Das alte Herz ist aber schon raus!?“ Patient: „Ach egal, lassen sie es!“

Ich habe den Eindruck, dass sich der Unmut gegen das „Weiter so in der GroKo“ eigentlich gegen das „immer-weiter-so-in-der-SPD-Führung“ richtet. Die müssen jetzt möglicherweise diese Partei zerlegen, bis dann einer sich findet, der den richtigen Ton trifft und die parteiinterne Solidarität wieder herstellt.

SPD-Vorsitzender zu sein, war noch nie ein Traumjob, wie Müntefering behauptet hat: das ist etwas für sehr leidensfähige Menschen, die eine Mission haben. Martin Schulz kennt die Mission eigentlich auch – aber er kann ihr nicht vorstehen!

Also doch Neuwahlen? Die eine Legislatur-Periode mit Kanzlerin Weidel und der CSU als Juniorpartner (schließt bei der AfD die linke Flanke!) werden wir überstehen! (Äh – ja – Satire!)

Die Amerikaner werden ja voraussichtlich auch Trump überstehen.

Aphorismus des Tages: „In Zeiten politischer Krisen ist es für einen ehrenhaften Menschen nicht am schwersten, seine Pflicht zu tun, sondern sie überhaupt zu kennen.“ (Louis Gabriel Ambrosia Vicomte de Bonald, 1754 – 1840)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 15. Januar 2018

 

 

 

 

Das fängt ja gut an – 288 – „Atmender Deckel“ – Realsatire Flüchtlingspolitik

Die „SOZEN“ verteidigen die „christlichen Werte“…

… eine Berliner Realsatire!

Es ist Freitagabend. Vor gut 12 Stunden – es war unter dem trüben Himmel von Berlin noch gar nicht richtig hell geworden – hörte ich ein homerisches Gelächter weit  über die Hauptstadt schallen. Ich fragte: „Wer bist Du?“ Die Quelle des Gelächters  dröhnte lachend: „Der Weltgeist! – Und wenn Du wissen willst, warum ich lache, dann schau in das Sondierungspapier, das gerade von den GroKo-Sondierungspartnern vorgelegt wurde!“

Das Lachen verlor sich langsam hinter den Sanddünen Brandenburgs und ich machte mich daran, den Live-Ticker der Sondierungsverhandlung zu studieren.

Nach und nach kamen Kompromiss-Ergebnisse in den Medien zu Tage (allerdings in einen Tag hinein, an dem es in der Hauptstadt den ganzen Tag nicht mehr richtig hell werden sollte. Lag das an der Politischen Lage? Wir werden es nie erfahren!)

Das Statement der kommissarischen Kanzlerin beunruhigte mich doch sehr: sie sprach von einem „Nehmen und Geben“! Da wird man fragen müssen, wem gegeben und wem genommen werden soll. Die nächsten Informationen bestätigten meine Sorge: oft ist das Erhalten des Staus Quo schon ein „Sieg“, keine weitere Verschlechterung wird als Verbesserung verkauft! Reicht das?!

Auf die Information, die mich am meisten interessiert und ALLE JUNGEN LEUTE – verdammt noch mal! –  am meisten interessieren sollte, musste ich in den Medien bis zum späten Abend warten: was ist zu EUROPA verabredet? War da was?… Inzwischen konnte ich das Papier selbst einsehen (Phönix.de): zu meinem größten Erstaunen ist Europa das Kapitel 1 gewidmet – drei volle Seiten (von 26 Text-Seiten). Das ist ein gutes Signal!

Wäre das keine wichtige Information gewesen? Liebe Medien, wenn Ihr Euch weiter so wenig für dieses Europa interessiert, versündigt Ihr Euch an der Zukunft! Das ist kein „Projekt Europa“, das man mal eben stumm schalten kann, wenn es gerade nicht passt: schaut mal auf Eure Kfz-Kennzeichen! Das Hoheits-Zeichen neben dem D ist kein „Projekt-Titel“! Ihr seid schon Europa und werdet mit ihm aufsteigen oder untergehen!

Aber alles das, kann es nicht gewesen sein worüber der Weltgeist so homerisch gelacht hat. Dies sind halt die Mühen der Ebene, durch die so ein armer Politiker durch muss: wir sind reich – aber wenig sexy …

Plötzlich vor ca. vier Stunden wurde es mir klar: das Flüchtlings-Thema ist es – ein Thema in dem alles aufeinander trifft: Internationales Recht und Verpflichtungen, Humanität, Europäische Solidarität, Finanzen, Innere Sicherheit, Fremden-Angst, das Integrations-Thema – und sehr-sehr viel Populismus.

Folgendes stellt die TATSÄCHLICHE Kompromiss-Lage dar:

Erstens: die CSU will den realen Flüchtlings-Strom nach Deutschland begrenzen – eine HARTE „Obergrenze“ wäre aber verfassungswidrig und würde allen möglichen internationalen Vertragsverpflichtungen widersprechen. Die CSU hat das ihrer Klientel versprochen. Also kommt eine Zahl in die Vereinbarung hinein, die etwa der Intention der CSU entspricht – mit irgendeinem unverbindlichen Titel für diese Größe, der allerdings nicht „Obergrenze“ lautet. Es bleibt aber Tatsache: wenn es eine weitaus größere Menge von „echten oder zunächst glaubhaften“ Flüchtlingen gelingen würde nach Deutschland zu kommen, müßte diese wesentlich größere Zahl zunächst aufgenommen werden – und jeder Asyl-Antrag müßte geprüft werden. Das gleiche gilt für den Familien-Nachzug, dessen Aussetzung de-facto bereits durch Gerichtsurteil relativiert wurde! Die CSU verschweigt die Fakten wohlweislich und im vertrauen darauf, dass ihre Klientel in einer gut abgedichteten Blase sitzt  – und weist auf ihren Erfolg hin. Die CDU steht daneben und blickt in den trüben Berliner Himmel als ob sie das nichts anginge.

Zweitens: die SPD möchte, dass wir uns zur Humanität und der Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen aus sehr wichtigen Gründen, die in der deutschen Vergangenheit liegen, klar bekennen, und wehrt sich daher gegen den Begriff Obergrenze und gegen eine „harte“ Zahl. Der CDU-CSU-Arbeitstitel „atmender Deckel“ für dieses „Projekt“ ist allerdings inzwischen der Lächerlichkeit anheim gefallen. Nun also die „vereinbarte Spanne“ von 180.000 – 220.000 (mit einer sachlichen Begründung) … dabei wird mehrfach betont, dass das Recht auf Asyl nicht angetastet wird. Es wird eine Kommission zur „Integrationsfähigkeit“ eingesetzt. Wir sind alle mal gespannt, ob es der SPD auch gelingen wird, die Absurdität des Wort-Spiegel-Gefechtes zu vermitteln!

Vollends absurd wird diese Situation, wenn man sich mal wieder den Hintergrund der Kontrahenten klar macht:

Hier jene politischen Kräfte, die den Namen jenes barmherzigen Gottes und Messias, im Namen der Partei führen, der kurz nach seiner Geburt als Mensch nur überlebte, weil er Asyl in einem fremden Land fand … jedenfalls ist das Bestandteil ihres eigenen Glaubens-Narrativs! Sie schüren jene Angst im Volke, die den humanistischen Gedanken denunziert. Damit machen sich diese streng christlichen politischen Kreise indirekt zu Komplizen aller, auch der islamischen, religiösen Fanatiker.

Auf der anderen Seite jene Bewegung, die seit über 150 Jahren als „gottlose Sozen“ bekannt und verschrien sind, was sagen soll, dass sie in der Mehrheit ungläubig seien und daher natürlich keine Moral besitzen. Und diese drängen dahin, dass die Gesetze der Humanität gegenüber Flüchtlingen im Rahmen unserer Verfassung Beachtung finden sollen!

Lieber Weltgeist, ich erkenne hier auch die Realsatire – aber das Lachen ist mir dann im Halse stecken geblieben!

Herbert Börger

Copyright Der Brandenburger Tor, Berlin, 13. Januar 2018