Das fängt ja gut an – 297 – Kein Controlling im BER-Neubau

Betrachten wir den BER-Flughafenbau doch zur Abwechslung mal „kaufmännisch“!

Kurze Vorbemerkung: ich bin zwar Physiker und Ingenieur, durfte aber längere Zeit als Unternehmer Erfahrungen sammeln, was denn so ein Unternehmen „im Inneren zusammen hält“ – es ist das Controlling. Dabei ist der ewige Streit, ob denn Finanzen, Marketing, F&E oder Produktion das Wichtigste in einem Unternehmen sind völlig müßig: sie sind alle mehr oder weniger gleich wichtig – aber das Ganze funktioniert nur zusammen, wenn ein Controlling, das diesen Namen verdient, alle diese Bereiche gleichzeitig auf Augenhöhe durchzieht: d.h. alle Bereiche unterwerfen sich diesem gemeinsamen Kontrollinstrument. Das Controlling kann zwar nicht die Richtung des Unternehmens vorgeben, aber dafür sorgen, dass das Unternehmen die vorgegebene Richtung einhält und dabei „in der Spur“ bleibt!

Woran kann man feststellen, dass es dieses Controlling in einem Unternehmen gibt?

Wenn Sie die verschiedenen Bereiche sozusagen von allen Seiten durchleuchten, dürfen keine Widersprüche auftreten – das aber funktioniert nur, wenn alle auf einer durchgängigen Controlling-Schiene sitzen, auf der alle Informationen nicht nur vorhanden sind sondern auch „stimmen“.

Will der Aufsichtsrat effektiv kontrollieren können, muss er eine solche Form des Controlling installieren – dann braucht er später nur zwei Leute laufend zu befragen:

Den Produktverantwortlichen, der berichten muss ob Produkteigenschaften und Anforderungen übereinstimmen;

den Controller, der aufgrund seiner Instrumente alle Kosten und Termine präzise überblickt.

Ein solches Controlling hat es nach allem Anschein im Projekt „Neubau BER“ innerhalb des Unternehmens FBB von Anfang an nie gegeben – und gibt es nach allem Anschein auch heute noch nicht.

Zur Vergangenheit: auf den Eröffnungstermin 3. Juni 2012 hin ist die Unternehmensleitung jahrelang vorangeschritten – und hat um den 10. Mai herum plötzlich die Eröffnung abgesagt… mit 6 Jahren Verspätung hinter diesem Termin … nur bis heute – 10 Jahre wenn man es realistisch betrachtet.

Damals kann es also kein wirksames Controlling gegeben haben.

Danach wurden die Termine immer schneller vorausverlegt – die Technik-Chefs gewechselt – dazwischen immer mal die Vorsitzenden der Geschäftsführung gefeuert… Die Informationen nach außen waren in der gesamten Zeit immer ähnlich: die meisten Teile des Flughafens sind zu 80 – 95% fertig; wir brauchen nur noch ein paar Monate.

Und dann plötzlich war ein Teil der Anlage wieder bei 0%, musste überhaupt erst einmal neu geplant und dann noch gebaut werden – in einer bereits existierenden Gebäude-Hülle, bei deren Bau man von der Anlage in dieser Form nichts wußte.

Allem Anschein nach hat es auch bis zum Anfang 2017 kein wirksames Controlling am BER gegeben. Ob das heute anders ist, wage ich aufgrund der Informationen, die uns Bürgern sehr blauäugig durchgereicht werden, sehr zu bezweifeln:

  1. Baufertigstellung, Abnahme, Genehmigung und Inbetriebnahme waren bis Dezember 2017 nicht mit der Genehmigungsbehörde (Landkreis Dahme-Spreewald) abgestimmt. Alleine diese Information sagt aus: es gibt kein Controlling, das den Namen verdient!
  2. Derzeit wird das gesamte Unternehmen FBB GmbH (incl. der beiden laufenden Flughäfen) ohne gültigen Wirtschaftsplan geführt. Der Aufsichtsrat bzw. die Gesellschafter stehen im vollen finanziellen Risiko – und das möglicherweise ohne funktionierendes Controlling beim Neubau: das ist abenteuerlich!
  3. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung hat uns Bürger nebenbei kurz informiert, dass voraussichtlich zusätzlich 1 Mrd. Euro benötigt werden, bis der BER starten kann – wußte aber noch nicht woher das Geld kommen soll. Nur wir Bürger wissen alle jetzt schon, dass WIR dafür haften werden … Ohne Kenntnis des (auch zeitlich) verfügbaren Budgets gibt es kein wirksames Controlling.
  4. Neben der Planung für die Fertigstellung des BER hat die Geschäftsführung  so eben mal nebenbei eine Planung für die Erweiterung des BER auf bis zu 66 Mio Passagiere p.a. vorgelegt – und wusste auch schon, dass das 2,5 Mrd EUR kosten würde und dass man das nicht selbst durchführen wolle sondern „fremd“ in eine „Gesamtverantwortung“ vergeben wolle … Wenn es nicht so ernst wäre …!
  5. Ab Mitte November 2017 wurde der Technik-Chef des FBB von den Aufgaben beim neuen Fluggast-Terminal entbunden – das macht jetzt Prof. Daldrup nebenbei mit. Nur vom Controlling wird nie gesprochen?

Unter allen diesen Aspekten kann ich auch heute keine substanzielle Verbesserung in der Führung des Neubauprojektes BER erkennen. Aus meiner Sicht ist zu befürchten, dass das Ganze immer weiter im Chaos versinken wird. Termin und Kosten „open-end“.

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 3. Januar 2018