Das fängt ja gut an – 288 – „Atmender Deckel“ – Realsatire Flüchtlingspolitik

Die „SOZEN“ verteidigen die „christlichen Werte“…

… eine Berliner Realsatire!

Es ist Freitagabend. Vor gut 12 Stunden – es war unter dem trüben Himmel von Berlin noch gar nicht richtig hell geworden – hörte ich ein homerisches Gelächter weit  über die Hauptstadt schallen. Ich fragte: „Wer bist Du?“ Die Quelle des Gelächters  dröhnte lachend: „Der Weltgeist! – Und wenn Du wissen willst, warum ich lache, dann schau in das Sondierungspapier, das gerade von den GroKo-Sondierungspartnern vorgelegt wurde!“

Das Lachen verlor sich langsam hinter den Sanddünen Brandenburgs und ich machte mich daran, den Live-Ticker der Sondierungsverhandlung zu studieren.

Nach und nach kamen Kompromiss-Ergebnisse in den Medien zu Tage (allerdings in einen Tag hinein, an dem es in der Hauptstadt den ganzen Tag nicht mehr richtig hell werden sollte. Lag das an der Politischen Lage? Wir werden es nie erfahren!)

Das Statement der kommissarischen Kanzlerin beunruhigte mich doch sehr: sie sprach von einem „Nehmen und Geben“! Da wird man fragen müssen, wem gegeben und wem genommen werden soll. Die nächsten Informationen bestätigten meine Sorge: oft ist das Erhalten des Staus Quo schon ein „Sieg“, keine weitere Verschlechterung wird als Verbesserung verkauft! Reicht das?!

Auf die Information, die mich am meisten interessiert und ALLE JUNGEN LEUTE – verdammt noch mal! –  am meisten interessieren sollte, musste ich in den Medien bis zum späten Abend warten: was ist zu EUROPA verabredet? War da was?… Inzwischen konnte ich das Papier selbst einsehen (Phönix.de): zu meinem größten Erstaunen ist Europa das Kapitel 1 gewidmet – drei volle Seiten (von 26 Text-Seiten). Das ist ein gutes Signal!

Wäre das keine wichtige Information gewesen? Liebe Medien, wenn Ihr Euch weiter so wenig für dieses Europa interessiert, versündigt Ihr Euch an der Zukunft! Das ist kein „Projekt Europa“, das man mal eben stumm schalten kann, wenn es gerade nicht passt: schaut mal auf Eure Kfz-Kennzeichen! Das Hoheits-Zeichen neben dem D ist kein „Projekt-Titel“! Ihr seid schon Europa und werdet mit ihm aufsteigen oder untergehen!

Aber alles das, kann es nicht gewesen sein worüber der Weltgeist so homerisch gelacht hat. Dies sind halt die Mühen der Ebene, durch die so ein armer Politiker durch muss: wir sind reich – aber wenig sexy …

Plötzlich vor ca. vier Stunden wurde es mir klar: das Flüchtlings-Thema ist es – ein Thema in dem alles aufeinander trifft: Internationales Recht und Verpflichtungen, Humanität, Europäische Solidarität, Finanzen, Innere Sicherheit, Fremden-Angst, das Integrations-Thema – und sehr-sehr viel Populismus.

Folgendes stellt die TATSÄCHLICHE Kompromiss-Lage dar:

Erstens: die CSU will den realen Flüchtlings-Strom nach Deutschland begrenzen – eine HARTE „Obergrenze“ wäre aber verfassungswidrig und würde allen möglichen internationalen Vertragsverpflichtungen widersprechen. Die CSU hat das ihrer Klientel versprochen. Also kommt eine Zahl in die Vereinbarung hinein, die etwa der Intention der CSU entspricht – mit irgendeinem unverbindlichen Titel für diese Größe, der allerdings nicht „Obergrenze“ lautet. Es bleibt aber Tatsache: wenn es eine weitaus größere Menge von „echten oder zunächst glaubhaften“ Flüchtlingen gelingen würde nach Deutschland zu kommen, müßte diese wesentlich größere Zahl zunächst aufgenommen werden – und jeder Asyl-Antrag müßte geprüft werden. Das gleiche gilt für den Familien-Nachzug, dessen Aussetzung de-facto bereits durch Gerichtsurteil relativiert wurde! Die CSU verschweigt die Fakten wohlweislich und im vertrauen darauf, dass ihre Klientel in einer gut abgedichteten Blase sitzt  – und weist auf ihren Erfolg hin. Die CDU steht daneben und blickt in den trüben Berliner Himmel als ob sie das nichts anginge.

Zweitens: die SPD möchte, dass wir uns zur Humanität und der Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen aus sehr wichtigen Gründen, die in der deutschen Vergangenheit liegen, klar bekennen, und wehrt sich daher gegen den Begriff Obergrenze und gegen eine „harte“ Zahl. Der CDU-CSU-Arbeitstitel „atmender Deckel“ für dieses „Projekt“ ist allerdings inzwischen der Lächerlichkeit anheim gefallen. Nun also die „vereinbarte Spanne“ von 180.000 – 220.000 (mit einer sachlichen Begründung) … dabei wird mehrfach betont, dass das Recht auf Asyl nicht angetastet wird. Es wird eine Kommission zur „Integrationsfähigkeit“ eingesetzt. Wir sind alle mal gespannt, ob es der SPD auch gelingen wird, die Absurdität des Wort-Spiegel-Gefechtes zu vermitteln!

Vollends absurd wird diese Situation, wenn man sich mal wieder den Hintergrund der Kontrahenten klar macht:

Hier jene politischen Kräfte, die den Namen jenes barmherzigen Gottes und Messias, im Namen der Partei führen, der kurz nach seiner Geburt als Mensch nur überlebte, weil er Asyl in einem fremden Land fand … jedenfalls ist das Bestandteil ihres eigenen Glaubens-Narrativs! Sie schüren jene Angst im Volke, die den humanistischen Gedanken denunziert. Damit machen sich diese streng christlichen politischen Kreise indirekt zu Komplizen aller, auch der islamischen, religiösen Fanatiker.

Auf der anderen Seite jene Bewegung, die seit über 150 Jahren als „gottlose Sozen“ bekannt und verschrien sind, was sagen soll, dass sie in der Mehrheit ungläubig seien und daher natürlich keine Moral besitzen. Und diese drängen dahin, dass die Gesetze der Humanität gegenüber Flüchtlingen im Rahmen unserer Verfassung Beachtung finden sollen!

Lieber Weltgeist, ich erkenne hier auch die Realsatire – aber das Lachen ist mir dann im Halse stecken geblieben!

Herbert Börger

Copyright Der Brandenburger Tor, Berlin, 13. Januar 2018

 

 

Das fängt ja gut an – 297 – Kein Controlling im BER-Neubau

Betrachten wir den BER-Flughafenbau doch zur Abwechslung mal „kaufmännisch“!

Kurze Vorbemerkung: ich bin zwar Physiker und Ingenieur, durfte aber längere Zeit als Unternehmer Erfahrungen sammeln, was denn so ein Unternehmen „im Inneren zusammen hält“ – es ist das Controlling. Dabei ist der ewige Streit, ob denn Finanzen, Marketing, F&E oder Produktion das Wichtigste in einem Unternehmen sind völlig müßig: sie sind alle mehr oder weniger gleich wichtig – aber das Ganze funktioniert nur zusammen, wenn ein Controlling, das diesen Namen verdient, alle diese Bereiche gleichzeitig auf Augenhöhe durchzieht: d.h. alle Bereiche unterwerfen sich diesem gemeinsamen Kontrollinstrument. Das Controlling kann zwar nicht die Richtung des Unternehmens vorgeben, aber dafür sorgen, dass das Unternehmen die vorgegebene Richtung einhält und dabei „in der Spur“ bleibt!

Woran kann man feststellen, dass es dieses Controlling in einem Unternehmen gibt?

Wenn Sie die verschiedenen Bereiche sozusagen von allen Seiten durchleuchten, dürfen keine Widersprüche auftreten – das aber funktioniert nur, wenn alle auf einer durchgängigen Controlling-Schiene sitzen, auf der alle Informationen nicht nur vorhanden sind sondern auch „stimmen“.

Will der Aufsichtsrat effektiv kontrollieren können, muss er eine solche Form des Controlling installieren – dann braucht er später nur zwei Leute laufend zu befragen:

Den Produktverantwortlichen, der berichten muss ob Produkteigenschaften und Anforderungen übereinstimmen;

den Controller, der aufgrund seiner Instrumente alle Kosten und Termine präzise überblickt.

Ein solches Controlling hat es nach allem Anschein im Projekt „Neubau BER“ innerhalb des Unternehmens FBB von Anfang an nie gegeben – und gibt es nach allem Anschein auch heute noch nicht.

Zur Vergangenheit: auf den Eröffnungstermin 3. Juni 2012 hin ist die Unternehmensleitung jahrelang vorangeschritten – und hat um den 10. Mai herum plötzlich die Eröffnung abgesagt… mit 6 Jahren Verspätung hinter diesem Termin … nur bis heute – 10 Jahre wenn man es realistisch betrachtet.

Damals kann es also kein wirksames Controlling gegeben haben.

Danach wurden die Termine immer schneller vorausverlegt – die Technik-Chefs gewechselt – dazwischen immer mal die Vorsitzenden der Geschäftsführung gefeuert… Die Informationen nach außen waren in der gesamten Zeit immer ähnlich: die meisten Teile des Flughafens sind zu 80 – 95% fertig; wir brauchen nur noch ein paar Monate.

Und dann plötzlich war ein Teil der Anlage wieder bei 0%, musste überhaupt erst einmal neu geplant und dann noch gebaut werden – in einer bereits existierenden Gebäude-Hülle, bei deren Bau man von der Anlage in dieser Form nichts wußte.

Allem Anschein nach hat es auch bis zum Anfang 2017 kein wirksames Controlling am BER gegeben. Ob das heute anders ist, wage ich aufgrund der Informationen, die uns Bürgern sehr blauäugig durchgereicht werden, sehr zu bezweifeln:

  1. Baufertigstellung, Abnahme, Genehmigung und Inbetriebnahme waren bis Dezember 2017 nicht mit der Genehmigungsbehörde (Landkreis Dahme-Spreewald) abgestimmt. Alleine diese Information sagt aus: es gibt kein Controlling, das den Namen verdient!
  2. Derzeit wird das gesamte Unternehmen FBB GmbH (incl. der beiden laufenden Flughäfen) ohne gültigen Wirtschaftsplan geführt. Der Aufsichtsrat bzw. die Gesellschafter stehen im vollen finanziellen Risiko – und das möglicherweise ohne funktionierendes Controlling beim Neubau: das ist abenteuerlich!
  3. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung hat uns Bürger nebenbei kurz informiert, dass voraussichtlich zusätzlich 1 Mrd. Euro benötigt werden, bis der BER starten kann – wußte aber noch nicht woher das Geld kommen soll. Nur wir Bürger wissen alle jetzt schon, dass WIR dafür haften werden … Ohne Kenntnis des (auch zeitlich) verfügbaren Budgets gibt es kein wirksames Controlling.
  4. Neben der Planung für die Fertigstellung des BER hat die Geschäftsführung  so eben mal nebenbei eine Planung für die Erweiterung des BER auf bis zu 66 Mio Passagiere p.a. vorgelegt – und wusste auch schon, dass das 2,5 Mrd EUR kosten würde und dass man das nicht selbst durchführen wolle sondern „fremd“ in eine „Gesamtverantwortung“ vergeben wolle … Wenn es nicht so ernst wäre …!
  5. Ab Mitte November 2017 wurde der Technik-Chef des FBB von den Aufgaben beim neuen Fluggast-Terminal entbunden – das macht jetzt Prof. Daldrup nebenbei mit. Nur vom Controlling wird nie gesprochen?

Unter allen diesen Aspekten kann ich auch heute keine substanzielle Verbesserung in der Führung des Neubauprojektes BER erkennen. Aus meiner Sicht ist zu befürchten, dass das Ganze immer weiter im Chaos versinken wird. Termin und Kosten „open-end“.

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 3. Januar 2018

 

 

Das fängt ja gut an – 298 – Bertrand Russel

Blicken wir voraus! Was wünsche ich mir für das Jahr 2018?

Nein – vorgenommen habe ich mir für dieses neue Jahr noch nichts – ich bewege mich ohnehin ständig am „Limit“ – jedenfalls für einen Ruheständler. Obwohl … da gibt es schon einen Plan: in 10 Tagen im Spaziertempo einmal rund um Berlin wandern (mit Boot, zu Fuß, per Fahrrad) – so eine Art „Oldie-Triathlon“ … aber darauf komme ich im Frühjahr wieder zurück.

Meine Wünsche für das Jahr (es sind dieselben wie jedes Jahr!) sind wirklich unbescheiden!

Da meine Wunschvorstellungen nicht ganz neu sind, kann ich sie auch gleich in die Worte eines anderen Menschen kleiden:

„Die Welt, die ich mir wünsche, wäre frei vom Gift  der Feindschaft verschiedener Gruppen und imstande zu erkennen, dass das allgemeine Glück eher durch Zusammenarbeit als durch Zank erreicht werden kann. Ich hätte gerne eine Welt, in der das Ziel der Erziehung geistige Freiheit wäre und nicht darin bestünde, den Geist der Jugend in eine Rüstung zu zwängen, die ihn das ganze Leben lang vor den Pfeilen objektiver Beweise schützen soll. Die Welt braucht offene Herzen und geistige Aufgeschlossenheit, und das erreichen wir nicht durch starre Systeme, mögen sie nun alt oder neu sein.“

Ich habe dem heute nichts hinzuzufügen – aber auch nichts wegzulassen …

Diese Sätze hat Bertrand Russell im Jahr 1963 geschrieben – im Alter von 91 Jahren (er starb mit 97 Jahren). Es sind die Schlußsätze in dem Vorwort zur deutschen Ausgabe von „Why I am Not a Christian and other essays on religion and related subjects“ (1956, Hrsg. Paul Edwards) – deutscher Titel „Warum ich kein Christ bin“ 1963 im Szczesny Verlag.

Der titelgebende Vortrag wurde von Russell bereits 1927 gehalten.

Ich behaupte, dass dieser Vortrag (zusammen mit den anderen, etwas jüngeren Aufsätzen in diesem Buch) meine Generation sehr stark geprägt hat – auch wenn vielleicht viele sich heute nicht mehr bewußt sind, welche Rolle Russells Schriften am Anfang ihrer geistigen Entwicklung gespielt hat.

Ich empfehle jedem heute unbedingt dies wieder zu lesen. (Nach wie vor erhältlich…)

Bertrand Russel, geboren und gestorben in Wales („3. Earl Russel“), war ein britischer Philosoph – allerdings ursprünglich Mathematiker und Logiker – und galt als der „letzte Universalgelehrte“ Europas. Er war Inhaber von Lehrstühlen für Philosophie und Mathematik an den berühmtesten Universitäten der Welt. 1950 erhielt er den Literatur-Nobelpreis! Man versteht das, wenn man seine wunderbar klare Sprache kennt, in der er das Grenzgebiet Philosopie/Religion erklärt. Im Kern sitzt da vor allem der Logiker drin!

In dem obigen Zitat spricht Russell vom „Gift der Feindschaft“. Russel hat dieses Gift gekannt und erlebt wie vielleicht wenige Wissenschaftler vor und nach ihm. In meiner Ausgabe ist am Schluß als Anhang Paul Edwards Beschreibung „Wie Bertrand Russell daran gehindert wurde, am City College von New York zu lehren“. (Er hat dann anstatt dessen in Harvard gelehrt…)

In diesem Text vergleicht Edwards Russells Situation in USA mit der von Sokrates im antiken Griechenland. Russell musste dann (1940) nicht – wie Sokrates – den Schierlingsbecher leeren, hat sich aber sicher vom „Gift der Feindschaft“ überschwemmt gefunden – u.a. mit den Methoden der übelsten Verleumdung!

Tatsächlich haben fanatische religiöse Eiferer – zentral im Richteramt! – mit juristischen Tricks eine ursprünglich einstimmig ergangene Berufung Russels an der Hochschule in New York rückgangig gemacht. Wenn man dieses heute liest, hat man ein massives deja-vu-Erlebnis: und auch damals ist die gesamte seriöse Wissenschafts-Welt der USA dagegen massiv aufgestanden – vergleichbar der weltweiten „March-for-Science-Bewegung“ heute.

Schon 1956 schrieb Paul Edwards dazu, dass die damalige Situation der religiösen Intoleranz in USA schlimmer sei, als es 1940 Russell erlebt hatte. Und ich glaube, dass die Situation heute wiederum wesentlich gravierender ist als 1956.

Bertrand Russels Wunsch ist nun bereits 91 Jahre alt – und steht immer noch ganz oben auf meiner Wunschliste: es gibt also noch viel zu tun!

Packen wir es an! Wissend, dass der Wunsch sich auch im Jahr 2018 wieder nicht vollständig erfüllen lassen wird.

Aphorismus des Tages: „Die Angst ist die Mutter der Grausamkeit, und es ist deshalb kein Wunder, dass Grausamkeit und Religion Hand in Hand gehen, weil beide aus der Angst entspringen.“ (Bertrand Russel, 1872 – 1970, britischer Mathematiker, Logiker, Philosoph)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 02. Januar 2018

 

 

Das fängt ja gut an – 299 – Ein Rückblick um 6 Jahre

Zeit für einen Rückblick!

Nein: ich blicke nicht auf das gestern vergangene Jahr zurück! Das wäre nun wirklich albern … Ich halte Sie alle für geistig völlig präsent: das wissen Sie doch selbst alles noch, was im abgelaufenen Jahr geschah – und wenn nicht, dann wäre es doch deprimierend, wenn ich Sie jetzt damit konfrontieren würde. Wir wollen lieber nach vorne schauen – ab morgen!

Mein Rückblick geht einige Jahre weiter zurück. Ich habe erst geschwankt zwischen 6 oder 7 Jahren. 7-Jahres-Intervalle (also 6,5 … 7,5 Jahre) waren in meinem eigenen Berufsleben durchgängig bedeutende Einschnitte. Dann habe ich mich aber doch für 6 Jahre entschieden weil ich 72 Jahre alt bin und Zahlenspiele liebe.

Mein Alter ist also 72 = 6 x 12. Man kann das sprachlich unterschiedlich ausdrücken und dabei fällt mir auf, was für ein Dickicht von Assoziationen Sprache sein kann… Sage ich: „ich bin 6 Dutzend Jahre alt“ so ist das schlimmste was assoziativ passieren kann, dass sich jemand 6 Kartons mit je 12 Eiern vorstellt.

Sage ich aber: „ich bin 12 mal 6 Jahre alt“ dann klingt das irgendwie merkwürdig: zwölf mal versucht – aber immer bei 6 Jahren hängen geblieben? Nun ja, ich glaube das ist genau, was meine Frau denkt …

Der Jahreswechsel 2011/2012 war medienseitig beherrscht durch mehrere „Persönlichkeiten“, sagen wir mal für alle vier zutreffend: „schillernde Persönlichkeiten“ – aber auf ganz unterschiedliche Weise.

Die erste Presönlichkeit war der damalige Bundespräsident Christian Wulff.

Der kämpfte in den Wochen um den Jahreswechsel um seinen guten Ruf. Ich schrieb am 24.12.2011 auf: >>Viele mögen meinen, Wulff sei zu retten … aber er ist „verbrannt“! Seine Autorität ist als dem derzeitigen Hauptobjekt der Zeitungskarrikaturen und Comedien-Szene nicht zu retten. Ich gebe ihm noch 2 Wochen.<<

Es wurden dann 6 Wochen mehr (17.2.2012) – aber das waren 6 Wochen, auf die Wulff im Nachhinein sicher gerne verzichtet hätte!

Am 4.2.12 notierte ich folgenden schrägen Einfall: „Kommt ein Bundespräsident zum Psychiater und fragt: Hatte ich nicht vor 205 Jahren das Spießrutenlaufen abgeschafft?“

Das Spießrutenlaufen war für Christian Wulff sehr real – die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen erwiesen sich schließlich als nicht haltbar. Gestolpert ist er nachträglich betrachtet über ein katastrophales Krisen-Management.

Vorerst gescheitert“ – einen anderen Rücktritt hatte es bereits im Frühjahr des Jahres 2011 gegeben. Wenn Sie heute in die bekannte Suchmaschine den Begriff „Der Lügenbaron“ eingeben, stoßen Sie an 7. Stelle auf „Karl-Theodor zu Guttenberg„.

Die Veröffentlichung einer Art Rechtfertigungsschrift mit dem Titel „Vorerst gescheitert“ jetzt genau zum Jahreswechsel 2011/12 – inhaltlich ohne nennenswerte Selbsterkenntnis seit dem Rücktritt – erwies sich ebenfalls als kein gutes Krisenmanagement.

Ich notierte mir damals die Zukunftsvision: “ Die Erfolgs-Story des Lügenbarons geht weiter: „Vorläufig gescheitert – Teil 2: Endgültig gescheitert!“

Die dritte Person in meinem Rückblick auf die Jahreswende 2011/12 ist: Thilo Sarrazin.

Ich notierte am 29.01.2012 unter dem Titel „Zufall schafft Erkenntnis“ folgendes:

(Anmerkung: der Zufall bestand darin, dass ich eine Original-Ausgabe von „Mein Kampf“ in den 1960er Jahren im Bücherschrank meines Vaters fand und sorgfältig aufbewahrt habe, so dass ich just in dem Zeitpunkt, als Herr Sarrazin durchs Fernsehen tönen durfte, diese zur Hand hatte!)

Seit einigen Tagen Dauerbeschallung mit Sarrazin-Worten war schließlich der Punkt erreicht – ich sehe einen kurzen Fernseh-Ausschnitt aus einer originalen Sarrazin-Rede:

„Wenn man in eine Herde von Rennpferden einen Ackergaul einkreuzt, dann sinkt anschließend die …. Geschwindigkeit merklich…“

Ich habe „Mein Kampf“ aufgeschlagen und begonnen zu lesen. Natürlich zuerst die Pamphlete über die RASSEN! Sofort ist sie erkennbar: die Diktion, die Wortwahl.

Bei Adolf Hitler, Mein Kampf steht – nachdem er mehrere Beispiele über Arten aus dem Tierreich beschrieben hatte wörtlich folgendes:

… Das Ergebnis der Rassenkreuzung ist also, ganz kurz gesagt, immer folgendes: a) Niedergang des Niveaus der höheren Rasse, b) körperlicher und geistiger  Rückgang und damit der Beginn eines, … , fortschreitenden Siechtums.

Angewidert wendet sich der Zeitgenosse ab – es bleibt nur zu sagen: zukünftig einfach die Klappe halten, Herr Sarrazin!

Zur Erholung von soviel „schwierigen“ Themen ein zwar auch trauriges Ereignis – aber eines das eine großartige Persönlichkeit unseres Geisteslebens ins Licht rückt. Ich notierte unter dem 29.1.2012:

„Letzte Woche ist Carl Weissner gestorben!“

(Es war genau der 24.01.12) Das war der Mann, der uns Deutschen Charles Bukowski geschenkt hat! Und auch alle die anderen Underground-, Beat- und Cut-up-Autoren übersetzt hat! Ein wirklich großer Name – und nicht einmal so alt geworden wie ich jetzt bin….

Bleibt mir nur noch ein letzter Punkt aus meinen Notizen jener Wochen nachzutragen:

Unter dem 20.1.2012 schrieb ich:

„Immer wieder gibt es Anläufe, andere „weiche“ Drogen außer Alkohol zu legalisieren. Für den Fall, das dies bei Cannabis eintritt, hat die Yoghurt-Marke „Froop“ bereits ein Produkt in der Schublade:

Yoghurt des Jahres: Maracuya-Marihuana<

Und für den Fall, dass auch harte Drogen dann folgen würden, hat Mövenpick in der Schublade:

Eis des Jahres: Schnee auf dem Kilimandscharo<

Auf die Yoghurt-Sorte warte ich aber trotz inzwischen erfolgter begrenzter Freigabe von GRAS noch heute.

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 01. Januar 2018

 

Das fängt ja gut an – 302 – Serien gucken …

Serien gucken? – Woher nehmt Ihr die Zeit?

Nehmen Sie dies gerne als Hilferuf… über Ratschläge würde ich mich durchaus freuen!

Ich bringe denkbar schlechteste Voraussetzung zum Serien-Gucker mit: Als die erste mir im nachhinein bekannt gewordene TV-Serie „Ein Herz und eine Seele“ ab 1973 zu sehen war, war ich gerade in das „richtige“ Berufsleben eingetreten, arbeitete viel und war viel auf Geschäftsreisen. (Heute natürlich Kult – damals am Tag der Ausstrahlung vor Publikum gedreht – anfangs noch schwarz-weiß.) Zu Zeiten von Dallas (dt. ab 1981) habe ich dann noch viel mehr gearbeitet… außerdem habe ich diese Serie gehaßt! Ganz entkommen bin ich ihr dennoch nicht.

Ab er so ging es immer weiter – sollten Sie jemanden suchen, der über TV-Serien früherer Jahrzehnte bescheid weiß: fragen Sie nicht mich! Sogar bei Zwei-Teilern habe ich meistens den zweiten Teil verpasst!

Als Krönung des sprachlichen Unfugs, las ich dann vor einigen Monaten von einer „Mini-Serie“ im Fernsehen: sie hatte 2 (in Worten: zwei) Folgen!

Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, dass der Begriff „Film“ für einen Film mit nur einer „Folge“ ausgestorben sein wird – zugunsten des Begriffs „Mikro-Serie“ … Diese Art der Euphemismen ist die neue Form der Folter für ein „denkendes Hirn“ – das alles hatte mal mit dem Begriff „Null-Wachstum“ begonnen – und schon bevor irgendein Kabaretist das aufs Korn hätte nehmen können gefolgt von „Negativ-Wachstum“.

Aphorismus des Tages: „Stellt Euch vor, es ist Vollbeschäftigung – aber keiner geht hin? Das ist der Albtraum den uns alle Konservativen bezüglich des Grundeinkommens suggerieren wollen …“ (Der Brandenburger Tor)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 29. Dezember 2017

Das fängt ja gut an – 300 – Raus aus der „Blase“

Raus aus der (selbstverschuldeten) Blase!

Mein „Vorsatz für die nächsten 1 bis 12 Monate“ ist: überprüfen, ob ich in einer Informations-Blase sitze und meine Positionierung im Nachrichten- und Meinungs-Fluss neu justieren.

Ich weiß, dass ich mich – wie vermutlich fast jeder von Ihnen – aus Bequemlichkeit im Laufe der Zeit immer mehr in einer „Blase“ bewege. Das ist bequem und angenehm, wenn von allen Wänden ringsum im Prinzip die eigene Meinung zurück schallt (Echo-Kammer-Prinzip). Das Leben ist hart – da ist es ein Wohlfühlfaktor, wenn man mehrmals am Tag in der eigenen Position bestätigt und bestärkt wird. Aber denken Sie daran: das ist die Methode wie Haustiere auf möglichst angepasste, wenig störendes Verhalten hin dressiert werden: ab und zu zur Bestätigung für „richtiges“ Verhalten ein „Gutsel“ füttern! Nur dass wir in diesem Falle diese Dressur in die Einbahnstraße hinein mit uns selbst machen!

Sich dagegen zu wehren ist anstrengend: man muss seine Informationskanäle überprüfen und den „Meinungs-Konsum“ korrigieren. Man kommt dann an Querstraßen, an denen man besser abbiegen sollte, anstatt weiter geradeaus zu trotten.

Wohl gemerkt: mein Thema ist hier nur die „selbstverursachte“ Blasenbildung, nicht die, in die und die großen Datenkraken, in deren Macht wir uns leichtfertig begeben, einsortieren wollen. Diese fremdbestimmten Blasen liegen heute meist noch im Bereich des Konsum-Verhaltens … noch: denn wenn Sie es genau betrachten, assoziieren gesellschaftliche Positionen und Meinungen immer stärker auch mit Konsum-Nischen. Ja, auch Ihr Konsum ist ein Element in Ihrer eigenen gesellschaftlichen Blase und hat sehr wohl eine politische Dimension!

Das ist etwas: was man auch gleich mit erledigen kann, wenn man ohnehin dabei ist seine Echokammer neu zu justieren: welche Newsletter bekomme ich ständig, die ich wirklich nicht brauche – und wo ich bisher nur zu bequem für den einen Klick war, den abzubestellen (weil ich schon vorher weiß: der Abmelden-Link ist ganz unten so winzig klein gesetzt, dass ich mir die andere, stärkere Lesebrille holen muss….).

Diese Datenkraken-Arme aus der Konsumwelt also alle gleich mal dabei mit abhacken! Es wäre naiv zu glauben, dass die nicht wirken, nur weil Ihnen die Mails mit den Newslettern „lästig“ erscheinen. Das Gefühl der Lästigkeit ist ein starkes – also gräbt sich der Newsletter-Sender jedesmal tiefer in Ihr Unterbewusstsein ein, auch wenn Sie ihn nur jedesmal „löschen“ wollen.

Lesen Sie dazu, was ich zum Thema „TRUMP“ hier mehrfach geschrieben habe: jedesmal, wenn Sie sich über Mr. President aufregen, wird die Marke Trump „wertvoller“ (im Sinne des Geschäftsmannes Trump!).

Wie also raus aus der Blase?

Ich glaube, da muss sich jeder selbst einen passenden Weg suchen. Ich beschreibe hier jetzt einfach mal, wie ich das selbst gerade zur Umsetzung meiner eigenen Vorsätze (s.o.) mache – immer mit dem Bewusstsein: das ist mein Weg, der zu mir passt. Sie werden Ihren eignen Weg finden müssen.

Voraussetzung ist also: ich möchte es mir eben NICHT so BEQUEM wie möglich machen, sondern durch Wahrnehmen von Meinungs-Diversität meine eigene Position häufig überprüfen können. Voraus geschickt sei, dass ich normalerweise täglich 1 – 2 Nachrichten-Formate in ARD/ZDF konsumiere.

  1. Regional-Zeitungen: wir lesen eine Regionalzeitung täglich – da hat man in Berlin ein verhältnismäßig großes Angebot, die haben wir nach unserem Umzug (aus Bayern) nach Berlin über mehrere Wochen hin durch tägliches Lesen/Überfliegen von fünf möglichen Blättern entschieden. Diese Wahl steht jederzeit zur Dispositition. Bis heute (ca. 12 Monate) stehen wir zu unserer Entscheidung. Ist übrigens eine ehemalige Ost-Zeitung …
  2. Überregionale Zeitungen: einmal in der Woche (Freitags) lesen wir zusätzlich zwei überregionale Tageszeitungen (aus unterschiedlichen Verlagen). Da sehen wir wichtige Themen noch einmal im Vergleich zur „Tageskost“.
  3. Wochenzeitungen: Am Donnerstag und Sonntag konsumieren wir je eine Wochenzeitung  – ebenfalls aus unterschiedlichen Verlagen stammend. Diese Wochenzeitungen habe bei uns inzwischen den Konsum von „Wochenmagazinen“ wie Stern, Spiegel, Focus ersetzt, deren journalistischer Auftrag sich – gegenüber füher – aus unserer Sicht weitgehend erledigt hat.
  4. Internationale Zeitungen und Publikationen: Ja – das erscheint mir sehr wichtig: nicht nur deutsche Zeitungen lesen. Der Blick aus dem Ausland – auch auf uns selbst – ist oft sehr aufschlußreich! Wir sind doch GLOBAL !!! Also besorge ich mir möglichst einmal in der Woche die Neue Züricher Zeitung (sehr empfehlenswert!) und seit zwei Jahren schon ist „The Atlantic“ als bedeutende Nordamerikanische Publikation in meinen Fokus gelangt: dieses Abo wird für mich die Neuerung 2018 sein.
  5. Twitter: Dies ist das ideale Medium, um sich eine „maßgeschneiderte Blase“ zu basteln – also hier aufpassen, wem man „folgt“, Sie bestimmen mit Ihren Eisntellungen, waelche Kost Sie vorgesetzt bekommen!
  6. Newsletter und Nachrichten-Portale: Seit fast einem Jahr probiere ich da erstmals ein relativ neues Angebot: den täglichen Newsletter des ZEIT-Magazins, der sich auf Medien-, Kultur- und Gesellschafts-Themen konzentriert, die ich selbst eher nicht ständig im Focus habe. Geht schnell und Herr Amendt macht das wirklich gut. Durch Zufall bin ich – als ich kürzlich Informationen über mehrere Manager suchte – wieder auf das Soziale Netzwerk XING (Ziel: Vernetzen von Professionals) gestoßen, in dem ich vor vielen Jahren schon mal war. Deren Newsletter für Politik und Gesellschafts-Themen (es gibt für jedes „Fachgebiet“ einen eigenen…) will ich hier exemplarisch kurz besprechen. Grundsätzlich bin ich nämlich sehr skeptisch in Bezug auf diese Informationsquellen, die heute sehr stark von Jüngeren anstelle von Fernsehnachrichten konsumiert werden, oft starke unterhaltende Komponenten enthalten und leider auch extrem „Werbungs-Versifft“ sind. Was kann man tun, um herauszufinden, ob man da einseitig manipuliert wird? Im Falle das XING-Newsletter habe ich eine  kleine „statistische“ Analyse der Quellen gemacht. Im Newsletter werden täglich 8 – 12 Meldungen aus verschiedensten Medien zitiert (in Form von Links): Das ist mein Recherchenergbnis an 7 Tagen um den Jahreswechsel herum:

Auswertung XING – News Politik & Gesellschaft (Zahl der Links über 7 Tage)

capital 1, faz 4, focus 1, geo 2, handelsblatt 3, harvard busines manager 1,   manager-magazin 1, n-tv 4, spiegel 9, süddeutsche 4, tagesspiegel 2, tagesschau 10, welt 6, zdf 1, zeit 6

Mir erscheint das ziemlich ausgewogen – nur die große Zahl der Links aus Tagesschau finde ich für mich etwas unpassend. Keine „Unterhaltung“, wenig Werbung – und die eher nicht für Konsum.

Darüberhinaus versuche ich mindestens zweimal in der Woche, auf irgendwelchen „sehr rechten Portalen“ zu bestimmten Theme zu recherchieren, um zu sehen, was in der ganz rechten Szene los ist! Und monatlich sehe ich mir irgend einen heißen „Verschwörungstheoretiker“ an…

Verschreiber des Tages: „Künsüm“ – ist das Türkisch oder Dänisch?

Ich wünsche allen ein Gutes Neues Jahr!

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 31. Dezember 2017

Das fängt ja gut an – 301 – Vorsicht: Kirchensteuer-Weglagerei

Vorsicht: Wegelagerer in Berlin – die EKD (Berlin-Brandenburg) führt einen Bürgerkrieg um Steuerzahlungen gegen Menschen, die vor langer Zeit aus der Kirche ausgetreten sind – und hat das Finanzamt dafür als Erfüllungsgehilfen gewinnen können.

  1. Akt: Ich habe die früh-jugendliche Glaubens-Phase bis zur Konfirmation hinter mir  gelassen. Ich bin mir zwar nicht so ganz sicher, wie die Sache mit Gott wirklich ist … aber diese Amtskirche will ich nicht. Ich trete 1967 mit 21 Jahren beim Amtsgericht aus der ev. Kirche aus. Dabei habe ich nicht im geringsten an die Kirchensteuer gedacht – es war eine rein weltanschauliche Entscheidung. (Mein Sold als Zeitsoldat betrug zu diesem Zeitpunkt DM 382,00 mtl.)
  2. Akt: Mein Schritt wird vom Amtsgericht dem Finanzamt (Goslar) gemeldet – in der Folge bin ich (automatisch) steuerlich „ohne Konfession“ eingestuft. Ich habe danach während meines ganzen Erwerbslebens keine Kirchensteuer gezahlt – was die Kirche natürlich weiß! 52 Jahre lang!
  3. Akt: Meine ehemalige Verlobte tritt 1970 zwei Monate vor unserer Heirat (wir wissen schon, dass wir unsere Kinder nicht taufen lassen werden – das sollen sie später selbst entscheiden) beim Amtsgericht Stolberg/Rhld aus der ev. Kirche aus. Auch für sie spielte die Kirchensteuer dabei keine Rolle (1969 hat sie DM 99,49 Kirchensteuer im Jahr gezahlt). Automatisch erhält sie danach eine Lohnsteuerkarte mit Vermerk „ohne Konfession“ (FA Aachen-Rothe Erde). Erstaunlicherweise hatte sie Ihre Austrittsbestätigung von 1970 jetzt immer noch…
  4. Wir heiraten 1970 und in unserem damals angelegten Familienstammbuch sind beide Eheleute ohne Konfession eingetragen. Selbstverständlich heiraten wir nicht kirchlich.
  5. Akt: Wir ziehen drei Kinder ungetauft groß – von ihnen  hat sich – bisher – keines der Kirche zugewendet.
  6. Akt: Während meines Erwerbslebens wandere ich von Finanzamt zu Finanzamt: Aachen – Würzburg – Heidelberg – Nürnberg – Heidelberg – Uffenheim (Mittelfranken). Alle Finanzämter übernehmen fünf Jahrzehnte lang den vom vorherigen FA gemeldeten Status „ohne Konfession“. Ein erneuter Nachweis wird in keinem einzigen Falle gefordert.
  7. Akt: 12 Umzüge später – Umzug zum „Ruhesitz“ Berlin 2017. Unsere Steuerakte wird mitten in der Bearbeitung der Jahres-Einkommensteuer an das Finanzamt Treptow-Köpenick abgegeben. Wir ahnen noch nichts Böses …
  8. Akt: Die Kirchensteuerstelle beim FA Treptow-Köpenick konfrontiert uns mit der Feststellung, dass unsere Kirchenzugehörigkeit nicht zweifelsfrei geklärt sei. Wir sollten einen Fragebogen ausfüllen – dies haben wir dann sehr verwundert aber natürlich wahrheitgemäß entsprechend der oben beschriebenen Vorgeschichte getan.
  9. Akt: Meine Frau hatte – eher zufällig – tatsächlich ihre Austrittsbestätigung von 1970 noch – ich nicht. Die Evangelische Kirche läßt ihre Steuer vom Staat einziehen, die Kirchenaustritte von staatlichen Institutionen entgegen nehmen (Gericht oder Standesamt – beide haben dafür eine Aufbewahrungspflicht von 10 Jahren!) – hat keine bundesweite Übersicht und Kontrolle über Ihre Mitglieder (die Tatsache meiner Taufe wußte sie nur weil ICH ihr Ort und Datum auf Nachfragen wahrheitsgemäß selbst genannt habe!). Aber: ich soll meinen Austrittsbeleg 52 Jahre aufbewahren. Dazu behauptet die Kirchensteuerstelle Berlin wahrheitswidrig, dass die Festlegung der Konfessionszugehörigkeit (früher auf der Lohnsteuerkarte) alleine auf den eigenen Angaben der Steuerzahler beruhten. Das ist falsch: Die Merkmale zur Kirchensteuer wurden beim Finazamt aufgrund der Mitteilungen der Amtsgerichte automatisch ohne Mitwirkung der Steuerpflichtigen geändert! Auch heute ist das so!

DANKE ! – liebe Evangelische Kirche: jetzt hast Du mir bestätigt, dass es richtig war, vor 52 Jahren aus Dir auszutreten!

Ich fordere: Vertrauens-Schutz für Verwaltungsakte, die vom Staat vor bis zu 52 Jahren im Auftrage der Kirche durchgeführt wurden.

Der Treppen-Witz dabei ist: das Finanzamt, das dabei Schützenhilfe leistet – kassiert in der Folge – wenn UNBERECHTIGT Kirchensteuer erhoben wird – für den Staat WENIGER, da der Kirchensteuerbetrag vom Brutto wieder abgezogen werden kann! Eine massive zusätzliche Subvention der Kirchen!

Erst in diesem Stadium habe ich über das Phänomen recherchiert – und siehe da: es ist nicht neu! Schon seit 2006 gibt es Klagen über das Vorgehen der Kirche (offensichtlich nur in Berlin-Brandenburg!) in dieser Sache – jährlich werden tausende von Bürgern auf diese Weise abgezockt – sehr häufig auch ehem. DDR-Bürger, denen die Pfarrer nicht gesagt haben, dass sie ihren Austrittswunsch nicht entgegen nehmen können, sondern dass der Bürger dazu zum Notar gehen musste!

Hier ein paar Links über andere Beschwerden zum Thema:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/kirchenaustritte-koennen-jahre-spaeter-noch-teuer-werden/688812.html

http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2010/Kirchenaustritt-Gebuehren-und-Schikanen,panoramakirche106.html

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 30. Dezember 2017

 

Das fängt ja gut an – 303 – Avantgarde

Was ist Avantgarde?

Seit Jahrhunderten – ach was: seit Jahrtausenden! – wachen Menschen morgens auf und fühlen sich wie ein Riesenkäfer, der auf dem Rücken liegt – und haben das stets für sich behalten.

Dann kam einer, der hat das aufgeschrieben und veröffentlicht: … das nenne ich Avantgarde!

Gedicht des Tages:

Nach der guten-alten Zeit

kam die Avantgarde;

dann beschlossen alle:

modern zu sein …

das ging lange gut,

doch dann mussten wir

post-modern sein!

Niemand wollte jedoch

post-post-modern sei:

wir waren es leid

nur Epigonen von etwas zu sein …

so wurden wir wieder:

Avantgarde!

P.S.: Nur die Dadaisten, die Punks und die Trotzkisten bleiben immer, was sie waren…

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 28. Dezember 2017

Das fängt ja gut an – 304 – Offener Brief an Marc-Uwe Kling

Offener Brief an Marc-Uwe Kling

Lieber Herr Kling!

Ich habe bereits einen Brief an Ihr Känguru geschrieben – und zwar nicht hinter Ihrem Rücken sondern als offenen Brief … Schon gelesen? Es würde mich interessieren, was sie dazu meinen! ( das-faengt-ja-gut-an-305 )

Ich habe das erste Buch Ihrer Trilogie gelesen – was mir dabei durch den Kopf ging, schreibe ich Ihnen hier. Dies ist keine „Buchbesprechung“ – macht ja bei einem vor so vielen Jahren erschienenen Buch auch wenig Sinn – sondern eben ein Brief an Sie persönlich.

Zunächst hatte ich erhebliche Zweifel, ob dieses Känguru wirklich existiert, wie Sie behauptet haben. Es gibt ja jede Menge Bekloppte, die herumlaufen und angeblich alles Mögliche – neben weißen Mäusen – sehen. Kängurus sind mir da bisher noch nicht vorgekommen.

Eine Zeit lang hatte ich den Verdacht, dass das vielleicht Sarah Wagenknecht ist, die sich einen Känguru-Schwanz anmontiert hat… Dann habe ich den Gedanken aber wieder fallen lassen, weil das Känguru oft sehr originelle Meinungen äußert und nicht vorgestanzte Stereotype daherredet.

Dass das Känguru sprechen soll, stört mich auch nicht wirklich: Millionen von Menschen reden mit Ihren Hunden und Katzen – auch wenn ich die nicht sprechen hören kann – die Hunde- und Katzenhalter werden das schon hören… das wäre ja sonst bekloppt, wenn sie mit denen redeten! Und so ist es wohl auch bei Ihnen: deshalb glaube ich, dass Sie die reine Wahrheit schreiben – und dass das Känguru existiert! (Wie könnte das Känguru auch sonst Fußnoten in Ihren eigenen Text hineinschreiben…?)

Amen!

Tradition haben fiktive sprechende Tiere ja mindestens seit 1923, als Siegmund Salzmann alias Felix Salten sein Werk „Bambi“ veröffentlichte… Ihnen gebührt nun die Innovation geschafft zu haben, ein real existierendes kommunistisches Känguru als Literaturvorlage zu verwenden. Es mag schon vorher Menschen gegeben haben, die mit Kängurus zusammengelebt haben – die haben dann allerdings wohlweislich darüber geschwiegen!

Völlig neu scheint mir zu sein, dass das Tierwesen eine weltanschauliche Meinung besitzt – und diese aufgrund einer offensichtlich immensen Bildung (sorry: dagegen sind Sie ein Waisenknabe!) auch vertreten kann. Zwar kommt ein bißchen zum Ausdruck, dass Sie in gewissem Rahmen Gesinnungsgenossen im Sinne der Systemkritik sind, aber das Känguru lässt seinen Ansichten  (und manchmal auch den Fäusten) hemmungslos freien Lauf, während Sie doch etwas verdruckster wirken.

Wirklich faszinierend finde ich, wie das Känguru in der Beziehung zwischen ihnen den Spieß umgedreht hat. Erst hatten Sie natürlich sofort die clevere Idee: aha – ein sprechendes kommunistisches Känguru: das schlachte ich natürlich literarisch aus! Und somit beuten Sie das arme Tier natürlich aus! Aber von „armem Tier“ kann da wirklich keine Rede sein! Das Tier legt sich auf die faule Haut, läßt seiner Systemkritik und den Schnapspralinen (gibt es das eine ohne das andere überhaupt?) freien Lauf, und Sie schuften innerhalb des Systems, müssen Millionen von Büchern verkaufen, um sie beide über Wasser zu halten! Ganz klar, wer hier die Arschkarte gezogen hat!

Eine sehr interessante Variante über das Scheitern in der Systemkritik, das erneut sehr deutlich zeigt, dass Kommunisten außerhalb eines kommunistischen Systems immer brilliant rauskommen, wobei sie die Kapitalisten als fiktiven Gegenentwurf ausbeuten…

Abschließend möchte ich nicht versäumen zu erwähnen, dass mir dieses Buch auch einen wirklichen Nutzen im täglichen Leben gebracht hat: früher habe ich immer „Känguruh“ mit „h“ geschrieben. Jetzt weiß ich, wie man es richtig schreibt!

Danke – Herr Kling!

Aphorismen desTages:

(1) „Von allen Gurus gefallen mir nur die Kängurus.“ (Erhard Horst Bellermann, *1937)

(2) „Der eine hat den Beutel, der andere hat das Geld.“ (Marc-Uwe Kling alias „Das Känguru“)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 27. Dezember 2017

Das fängt ja gut an – 305 – Offener Brief an „das Känguru“

Offener Brief an das Känguru

Liebes Känguru!

Was haben Sie sich da nur angetan – bei einem kreativen Chaoten einzuziehen? Ihr Altruismus kennt anscheinend keine Grenzen. Sie stellen sich einem Systemkritiker als Alter-Ego zur Verfügung (Sie sind ja hoch-gebildet und wissen sicher was das ist…?), der Sie als Dialog-Partner im Plato’schen Sinne benutzt um seine Weltsicht darzulegen. Sie als lupenreines kommunistisches Känguru – oder sollte ich nicht besser Kommunistin sagen, da Sie als Beutelträgerin sicher weiblich sind? – wissen ja genau, was AUSBEUTUNG ist (nein: nicht Ausbeutelung!). Genau: Dieser Kling beutet Sie aus! Er verkauft Millionen von Büchern – und Sie bekommen Kost und Logis, mal ein BVG-Ticket und … Schnapspralinen. Dabei weiß sicher niemand besser als Sie, dass Schnapspralinen Opium für Aldi-Kunden sind!

Ihr Schöpfer sitzt mit seinen Känguru-Büchern jetzt in der Falle und das ist Ihre Chance: ein riesiger Schaden würde ihm drohen, wenn Sie ihrem Ausbeuter Ihre Zustimmung zur Nutzung Ihrer Persönlichkeitsrechte entziehen würden. Gut – gerichtlich wird das sehr schwierig durchzusetzen sein … Zwar hat sich unsere Verfassung verbal seit einiger Zeit den Anschein gegeben, dass es verbesserte Tierrechte gäbe, aber juristisch hat man alles beim Alten gelassen: Sie stehen nicht besser da, als ein alter Überseekoffer – eine Sache eben. Dabei glaube ich gar nicht, dass Kling diese Situation unter diesem Aspekt bewusst eingefädelt hat – er hat ja nicht Jura, sondern Philosophie studiert …

Trotzdem sehe ich doch auch eine kleine Chance, Ihr Urheber-Recht de-facto durchzusetzen. Auch der Affe hat ja den Prozess um das Foto, das er gemacht hat, nur formal-juristisch gesehen verloren: durch den moralischen Druck der Öffentlichkeit hat der Fotograf per Vergleich 25% der Einnahmen aus der Verwertung des Fotos schließich doch abgeben müssen!

Ich schlage Ihnen vor: verlangen Sie nur 50% – dann ist die Chance sehr groß, dass er 25% selbst für fair hält! In Ihrem Beutel ist ja genug Platz für die Kohle!

Wie schon gesagt: spätestens seit Plato (wahrscheinlich viel früher!) ist der Dialog das probate Mittel zur Erkenntnis – oder mindestens zur Vermittelung einer Erkenntnis. In der Nachkriegszeit (50er & 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts) war es durchaus üblich, Lehrbücher in Form eines Dialoges zwischen Lehrer und Schüler zu schreiben. Ich besitze heute noch ein Buch mit dem Titel „Kunststofftechnik in Frage und Antwort“. Dabei waren die Schüler so klug, dass ihre Fragen den Dialog immer in die richtige Richtung lenkten – nämlich zu dem Stoff, der nun als nächster dran war – von dessen Existenz der Schüler aber eigentlich noch gar nichts wissen konnte … In den Dialogen mit Ihrem Schöpfer ist das sehr ähnlich!

Ein ähnliches Problem hat jeder, der anstatt einen realen Dialog mit einer zweiten autonomen Person zu führen, diesen Dialog in seinem eigenen Hirn erschafft und sich so eine (zunächst) freiwillige Schizophrenie auferlegt, um einen überzeugenden Diskurs zu schaffen – zumindest nach seinen eigenen Maßstäben. Der Test eines solchen Textes vor der Öffentlichkeit zeigt dann, ob dieser Schöpfungsakt gelungen ist. Sobald das Publikum das Känguru akzeptiert hat und SIEHT bzw. so tut als ob es das sähe *), fängt es an auch im Kognitions-System des Schöpfers REAL zu existieren, da es in der Lage ist, REALEN Mehrwert (Geld!) zu schaffen.

Das ist – neben der juristischen Variante( s.o.) – der noch viel aussichtsreichere Weg für Sie an der Wertschöpfungskette zu partizipieren: für Ihren Schöpfer existieren sie jetzt kognitionsmäßig real – d.h. er MUSS ihre Ansprüche anerkennen, sonst würde ja sein eigenes System zusammenbrechen…. Denken Sie drüber nach!

Sie sagen, dass Sie an dem schnöden Mammon gar nicht partizipieren WOLLEN? Das viele Geld im Beutel würde Sie nur am guten Leben hindern? Außerdem sei das GELD eben genau ein Teil des Systems, das sie kritisieren? (Äh … wussten Sie eigentlich, dass er Sie gleich zu Anfang als einen krassen Schnorrer hinstellt?)

Scheint durchaus auch logisch: Der Kling besorgt das knallharte Funktionieren im SYSTEM – das Känguru ist der „ausgelagerte systemkritische Teil“ – quasi Systemkritik  out-gesourced – und macht es sich im Leben gemütlich, muss kein Vermögen verwalten, keine Miete zahlen, keine Entscheidungen treffen. Sie können Haltung zeigen, ohne die Gefahr von der Realität überholt zu werden… Wirklich clever – eigentlich bewundenswert … und eigentlich schon … irgendwie … ein Schnorrer!

Ich habe erst den Band 1 der Trilogie gelesen… bin mal gespannt, ob Sie damit durchkommen.

Was für eine Art Kommunistin sind Sie eigentlich? Vermute: Trotzkistin… das ist gerade sehr en Vogue… nach folgendem Muster: die real existierenden Kommunisten haben nur alles vermasselt – Trotzki hatte das anders machen wollen und das hat Stalin verhindert etc. etc.

Ab und zu fand ich Sie allerdings auch schon einmal rührend in Ihrem Verhältnis zu Kling: als Sie ihn fragten wo er gewesen sei, nachdem er von einer Tour zurück gekommen war. Das war nett!

Herbert Börger

*) Das entscheidende Kriterium in unserer Gesellschaft dafür ist: das Publikum gibt reales Geld dafür aus, mehr vom Känguru zu hören/sehen: „Es gibt für mich ein geldwertes Äquivalent – also bin ich!“

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 26. Dezember 2017