Das fängt ja gut an – 263 – Insolvenzrecht für Kirchen – jetzt!

Rettet die Schulen, Kindergärten und Altenheime – aber nicht die Kirchen!

Seit vielen Jahren kriselt es in den Finanzen der christlichen Kirchen in Deutschland.

Es häufen sich seit einigen Jahren die Meldungen über massive wirtschaftliche Krisen einzelner Kirchenbezirke beider christlicher Kirchen. Die Gründe reichen von gewaltigen finanziellen Fehlspekulationen (Limburg, München oder Eichstätt) bis zu kontinuierlich sich auftürmenden Haushaltsdefiziten. In vielen Fällen werden schon die Zeitpunkte geschätzt, wann die Zahlungsunfähigkeit eintreten wird. Was dann passiert, ist bis dato völlig ungeklärt. Sicher scheint nur zu sein, dass kath. Bistümer und ev. Landeskirchen heute nicht Insolvenz anmelden können. Bei einzelnen Kirchengemeinden scheint eine Insolvenzfähigkeit nicht ausgeschlossen zu sein.

Unter den gegenwärtigen Bedingungen (Mitgliederschwund) steht anscheinend das „Geschäftsmodell“ der Diözesen, evangelischen Landeskirchen und Kirchengemeinden in Frage.  Die Haushalte der Bistümer werden zwischen 30% (Görlitz) und 90% (Paderborn) von der Kirchensteuer abgedeckt. Berlin liegt mit 50% im Mittelfeld … Über evangelische Landeskirchen liegen mir dazu keine Daten vor. Neulich las ich in einem Artikel, dass für die Landeskirche Berlin-Brandenburg-Oberlausitz bei extrapoliertem Verlauf der Schulden-Anhäufung für 2025 die Zahlungsunfähigkeit erwartet wird. Das erklärt hinreichend die Wegelagerer-Praktiken dieser Kirche, um von Menschen, die nicht mehr nachweisen können, dass sie aus der Kirche ausgetreten sind, noch jahrelang Kirchensteuer nachzufordern… Der katholischen Kirche wird es in Berlin nicht viel besser gehen, auch sie betreibt die Wegelagerei.

Die Diözese Hamburg plant Schließung von Schulen und Kitas. Da diese Art von öffentlicher Körperschaft nach deutschem Recht nicht Insolvenz anmelden kann, ist völlig ungewiss, was im Falle der Zahlungsunfähigkeit geschieht. Wo dies bei katholischen Diözesen schon eingetreten ist, mussten notgedrungen andere Diözesen mit Krediten einspringen – oder Diözesen wurden zusammengelegt. Aus Rom gibt es auf jeden Fall kein Geld!

Warum schreibe ich hier darüber?

Wir stehen der Tatsache gegenüber, dass Kirchen immer noch Träger vieler sozialer Einrichtungen sind: Schulen, Kitas, Altenheime. Zwar zahlt bei diesen die öffentliche Hand den größten Teil des Budgets aus Steuermitteln zu (zwischen 68% und 88%) aber wenn der Rest nicht aufgebracht werden kann hängt die Einrichtung in der Luft – und wegen des fehlenden Insolvenzrechtes für diesen Fall, kann die Einrichtung auch nicht rechtsgültig von anderen Trägern (privat oder staatlich) übernommen werden.

Nun brauchen wir aber DRINGEND mehr Schulen und nicht weniger, mehr Kitas, mehr Senioren- und Pflegeheime – und nicht weniger.

Ich befürchte, dass aufgrund des „kulturellen Komplotts“, das bei uns immer noch zwischen Politik und christlichen Kirchen besteht, die Kirchen zu „Systemrelevanten Institutionen im sozialen Bereich“ erklärt werden könnten und dann – nach dem Vorbild der entsprechenden Banken in der letzten Finanzkrise – mit Milliarden von Steuermitteln „gerettet“ werden könnten. Das wäre wahrlich ein Fass ohne Boden!

Dies gilt es vorausschauend JETZT zu verhindern – zum Beispiel indem endlich ein Insolvenzrecht für diesen Bereich geschaffen wird!

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 8. Februar 2018

 

 

Das fängt ja gut an – 264 – Divide et impera (Merkel) – schon wieder GroKo!

Divide et impera – wann stößt Angela Merkel an ihre Grenzen?

„Die Bundeskanzlerin / der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik.“

Ist es dieser Satz, der in der Konsequenz von Koalitionsverhandlungen regelmäßig den Eindruck erweckt: da sitzt einer auf dem Thron – und die Anderen (die das Kanzlerwesen ja zum regieren BRAUCHT!) schleppen körbeweise Forderungen und Wünsche heran, die diejenigen im Falle des „Mitregierens“ gerne umgesetzt haben würden?

Das Thron-Wesen aber läßt sich huldvoll breitschlagen oder lehnt ab – bietet vielleicht eine Tüte Haribo-Konfekt zum Ausgleich …

In diesem Scharmützel würden „gleiche Waffen“ bedeuten, dass gleichzeitig (und vorab) BEIDE Seiten ihre Regierung-Ziele für die Legislaturperiode – ja und in vielen Fällen für die nächsten Jahrzehnte! – vorlegen… rot, gelb, grün gefärbt entsprechend der jeweiligen Prioritäten. Man könnte das sogar als einen Akt der poltischen Höflichkeit bezeichnen – und es würde dann auch aufhören, dass hinterher jemand beim Wähler einen Erfolg verbucht, den eigentlich der andere angestoßen hatte. Man könnte dann auch klar sehen, welche Ziele beide (oder drei) Seiten gleichermaßen angestrebt haben!

Man wird ja noch mal träumen dürfen.

Nun sind die derzeit laufenden Verhandlungen für die sog. „GroKo“ ja in Wirklichkeit solche zwischen drei Parteien (von denen zwei ihre Wählerstimmen traditionell zusammen zählen, diesmal 26,8% + 6,2%). Tatsächlich ist es aber bei einem großen Teil des zu Verhandlungen so, dass die CDU nur in der Mitte sitzt und die „wilden Rangen“ CSU mit 6,2%  die SPD mit 20,5% um die Themen heftig streiten – und Mutti sitzt in der Mitte und moderiert.

In diesem Jahr gibt es da aber eine weitere Komplikation: ein großer Teil der SPD-Mitglieder will das Koalieren ÜBERHAUPT nicht. Der Chef der SPD hat die aber angebettelt, dass er erst mal verhandeln darf – und sie (= alle Mitglieder!) dürfen hinterher genehmigen, ob es dann eine Koalition gibt (dauert 3 Wochen). Er hat sich – außer dass er betteln MUSSTE (so geht diese Partei mit ihren Chefs um!) – davon versprochen, dass er damit einen überdimensionalen Druck auf die Gegner ausüben kann: Knüppel-aus-dem-Sack! Ihr erfüllt meine Wünsche – sonst wollen die Meinen das nachher nicht!

Und dann gibt es da noch eine „Kleinigkeit“: in ca. 6 Monaten ist Landtagswahl in Bayern und die CSU braucht ebenso dringend Erfolge wie die SPD!

Eine Verbindlichkeit bekommt eine Abstimmung innerhalb einer privaten Körperschaft (Partei) nur dadurch, dass der Vorstand der Partei sich verbal vorher dem Mitgliederentscheid unterworfen hat. Als privatrechtlicher Vorgang kann die Mitgliederbefragung auch nicht verfassungswidrig sein … Für die Bundestagsabgeordneten hätte das Ergebnis an sich keinerlei Rechtsverbindlichkeit. Und für die Demokratie in der BRD ist das auch kein Gewinn – aber dazu wurde schon genug gesagt. Ich persönlich halte der repräsentativen Demokratie fest die Stange!

Das ist sozusagen die tiefer gelegte politische Kultur als Quittung für Muttis Hofhaltung … und es ist, wie es ist. Allerdings wird hier extrem hoch gepokert: eine Ablehnung durch die SPD-Mitglieder (an der hart gearbeitet wird!) bedeutet Neuwahlen und könnte anschließend einen guten Teil der derzeitig politischen Eliten aus Ihren Führungspositionen fegen!

Nehmen wir einfach mal an, dass Martin Schulz da einen Plan hat… und in der nächsten Zeit nicht dauernd unbedachte Äußerungen in die Runde schleudert!

Während ich dies schreibe kommt die Meldung, dass die Marathon-Verhandler eine Einigung erzielt haben. Nach allem was durchsickert, hat der Druck der SPD starke Wirkung gezeigt. Die ersten Gerüchte über die Kabinetts-Besetzungsliste lassen erkennen: die beiden „wilden Rangen“ haben Mutti so kräftig zugesetzt, dass man für den stärksten Koalitionspartner (CDU) eigentlich nur von einem „CDU-Rumpf-Kabinett“ sprechen kann – nur noch durch den KanzlerInnen-Bonus halbwegs zu erklären. Hier ist Angela Merkel also anscheinend wirklich mit ihrer Taktik an eine Grenze gestoßen!

Wenn das man diesmal keinen Shit-Storm bei der CDU gibt!?

Nach ersten Meldungen wird Martin Schulz auch wie befürchtet seine letzte bisher noch gültige Ankündigung schreddern: er will Außenminister unter Angela Merkel werden…

… und er flüchtet zu diesem Zweck aus dem Amt des Parteivorsitzenden!

Wir sehen gleichzeitig dem märchenhaften Aufstieg einer starken SPD-Frau zu (Andrea Nahles)! Nur sie kann das Mitglieder-Votum retten.

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 7. Februar 2018

 

Das fängt ja gut an – 265 – Eine Trump-Bilanz nach einem Jahr

So könnte es angefangen haben, wenn es ganz schlecht geht!

Präsident Trump – ein Jahr im Amt:

… er benimmt sich unterirdisch – die meisten jammern – vermutlich jubelt seine auf Eliten-Bashing ausgerichtete Klientel … Trump zuckt mit den Schultern und unter dem Strich geht ihm alles durch! Eine Hälfte des Landes schämt sich und findet kein Mittel dagegen – die andre Hälfte jubelt! Quo vadis Amerika?

… er hat schon JEDE Regel gebrochen: er hat immer noch nicht seine Steuererklärung offen gelegt, er praktiziert laufend weiter den Interessenkonflikt zwischen seinem Geschäft und dem Amt und ist einer der abstoßendsten bekennenden Sexisten des Landes (wo andere vor Scham untertauchen, brüstet er sich!) – und kommt immer weiter damit durch!

… er trimmt alles worauf es ankommt (oberste Gerichte, mächtige Institutionen wie FBI) auf einen Kurs: „Alles für den weißen Mann! – Alles was die Evangelikalen stärkt! – Leugnung von Rassismus und Förderung des blanken Hasses!“ – niemand scheint ihn stoppen zu können.

… er diskriminiert die freie Presse und treibt dieses Spiel immer weiter – das übliche Vorgehen von autokratischen Herrschern! Wer stoppt ihn?

… Wirtschaft: keine Ahnung aber Hauptsache disruptiv! Die größte Steuerreform aller Zeiten zugunsten von Konzernen und Reichen – alles auf Pump bei ohnehin exzessiver Verschuldung und in eine „brummende“ Wirtschaft bei (von ihm geerbter) niedriger Arbeitslosigkeit hinein.. Gleichzeitig wird die sehr erfolgreiche FED-Chefin ausgetauscht. Lob von allen Seiten! Während ich dies schreibe kommt die Meldung eines „Flash Crash“ an der Wall Street. Die Anleger scheinen in die Staatsanleihen mit steil steigenden Zinsen zu flüchten. Vorher gab es keine ernsthaften Warnungen – eine neue Bestätigung für mich dass es Wirtschafts-WISSENSCHAFT, die diesen Namen verdient, nicht gibt!

Ich mache mir wirklich Sorgen!

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 6. Februar 2018

 

 

 

Das fängt ja gut an – 268 – Haben Bäume ein Bewusstsein?

Haben Bäume ein Bewusstsein?

Gleich vorweg die Antwort: „Ja, da bin ich mir heute subjektiv sicher!“ – Vor 20 Jahren habe ich es vermutet. Heute ist da schon eine Art von Gewissheit: worin die besteht werde ich unten beschreiben.

Der erste Schritt in einem solchen Thema muss immer der zur Begriffs-Klärung sein: also die Definition

Was ist Bewusstsein?„.

Da könnte man jetzt einige tausend Jahre Philosophie-Geschichte (und Religionen) und 200 Jahre Naturwissenschafts-Geschichte durchforsten – und säße da mit dutzenden teilweise stark divergierender Definitionen – je nach Zeitalter und Sachgebiet.  Man kann sich bei Wikipedia einen ganz guten Überblick verschaffen, der allerdings dann wieder mit einer großen Zahl von Begriffen gespickt ist, die jeweils wiederum eigener Definitionen bedürfen! Das kann eine durchaus wochenlange Recherchen-Reise durch Fachveröffentlichungen auslösen.

Am Ende treffen Philosophie und Naturwissenschaft (Biologie, Hirnforschung, Neurophysiologie, Psychologie, Kognitionswissenschaft) immer wieder zusammen, denn wir sind heute immer noch (weit?) davon entfernt, das Phänomen des Bewusstseins, speziell Ich-Bewusstseins, rein naturwissenschaftlich zu erklären. Aber auch die Philosophie ist noch nicht so weit.

Ich finde, dass die Partnerschaft von Philosophie und Naturwissenschaft gerade an dieser Schnittstelle sinnvoll ist: denn beide Bereiche haben eine gemeinsame „Mutter“: die Logik! Wer der jeweilige Vater ist, ist – wie so oft – umstritten…

Generell kann man aber sagen: stets ist im Zusammenhang mit „Bewusstsein“ die Rede von Geist, Denken, mentalen Prozessen, Gehirn – unabhängig davon, welches Modell eines Bewusstseins verhandelt wird. In diesem Sinne einer Bewusstseins-Definition, die ein Gehirn und neurophysiologische Systeme voraussetzt, können Pflanzen und also auch Bäume wohl kein Bewusstsein haben, denn sie haben kein Gehirn und kein Nervensystem (?). Es gab Pflanzen-Forscher, die aufgrund der Befunde mit der Existenz von elektrischen Potentialen und Informationsprozessen in pflanzlichen Strukturen angefangen hatten von einer Neurologie der Pflanzen zu sprechen. Das erwies sich aber nicht als sinnvoll und wurde glücklicherweise wieder fallen gelassen. Da wären man wieder im Bereich einer Metapher.

Aber: ist nicht die Begrenzung der Existenz eines Bewusstseins inclusive reflektierter Ich-Bewusstheit auf lebendige Systeme, die ein Gehirn benötigen um diese Leistung zu erbringen (also Menschen und höhere Tiere) auch eben wieder eine „Vermenschlichung“ dieser Leistungen (Antropomorphismus)? Verursacht durch den Umstand, dass wir – der sich selbst denkende Mensch – ein Gehirn haben. Aber ist ein „Gehirn“ eine notwendige Bedingung dafür, dass einem System ein Bewusstsein zugeschrieben wird? Nach meinem Verständnis ist es das nicht.

Für die Frage der reflektierenden Selbst-Bewusstheit des Menschen gibt es bis heute keine in sich schlüssige philosophische Lösung. Jeder noch so weit reichende Lösungsansatz des Leib-Seele-Problems ( oder Körper/Geist) eröffnet bisher am Schluss wieder ein neues ungelöstes (unlösbares?) Problem. Einer der vielleicht interessanteste neuere Lösungsansatz im Bereich der Philosophie ist der von Hedda Hassel Mørch, der dem Bereich des Panpsychismus nahe steht (eine-loesung-fuer-das-harte-problem-des-bewusstseins-15397757.html).

Ich bin nicht kompetent genug, um tiefer in diesen Forschungsbereich einzutauchen oder gar einzelne Fortschritte zu bewerten – es gibt eine Fülle ganz ausgezeichneter Publikationen dazu.

Anstatt dessen möchte ich den Denkansatz weiter verfolgen, ob das Phänomen der reflektierten Ich-Bewusstheit tatsächlich auf Lebewesen mit Gehirnen und Nervensystemen beschränkt werden muss (oder sogar auf „Lebewesen“ schlechthin…)?

Ich fasse kurz und grob einige Dinge zusammen, die die Wissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten über die Pflanzen herausgefunden hat:

Pflanzen haben ein System der Wahrnehmung („Sinne oder Sensoren“), mit denen sie Reize Ihre Umwelt (Schwerkraft, Licht, Nährstoffe, Berührung, bestimmte Gase, Angriff von Schädlingen) erfahren. Diese Sinne wirken nicht nur global sondern auch richtungsabhängig. Beim Baum nehmen wir bevorzugt den überirdischen Teil der Pflanze wahr – deshalb unterschätzen wir das Wurzelsystem, das wahrscheinlich den „wichtigeren“ Teil der Bäume darstellt.

Die wichtigste Einschränkung, der Pflanzen/Bäume gegenüber Mensch/Tier unterliegen, ist die Ortsfestigkeit. Jedenfalls bezüglich des Individuums – über die Stufe der Fortpflanzung kann sich die ART sehr wohl über große räumliche Bereiche „ausbreiten“. Aber wegen Nahrungsmangel oder Schädlingsangriff den Platz verlassen kann die Pflanze auf dem Festland nicht. (Im Gewässer/Meer ist diese Einschränkung möglicherweise nicht vollständig gültig …?)

Pflanzen können auf die Reize ihrer Umwelt reagieren und können dabei zielgerichtet agieren! Sie können ihren Wuchs in der Folge der Reizwahrnehmung in bestimmten Teilen der Pflanze in bestimmte Richtungen lenken, in anderen Bereichen den Wuchs ganz einstellen. Viele Pflanzen können sich als unmittelbare Folge der Reize bewegen: dem Sonnenlauf folgen, Blütenblätter entsprechend der Helligkeit schließen, nach Berührung schließen. Sie können den Wuchs global dem Nährstoffangebot, CO2-Konzentration oder äußeren Kräften anpassen. Pflanzen können bei Schädlingsangriff lokal den plötzlichen Zelltod einleiten, um dem Schädling unmittelbar lokal die Nahrung zu entziehen! Planzen können gasförmige Stoffe emittieren (bekanntestes Gas ist Ethylen), um zu kommunizieren, „Abwehrstoffe“ gegen Fressfeinde in Blätter transportieren und dort anreichern.

Anscheinend kommunizieren Bäume auch miteinander über die Wurzelgeflechte und sollen dazu auch Pilzgeflechte (die größten Pflanzen auf dieser Erde überhaupt!) in Symbiose mit nutzen. (Ich vermute, dass die „Gegenleistung“ in der „Beschattung des Bodens“ und damit der Schutz vor Erosion und Austrocknung ist – vielleicht aber auch ein Tribut mit Stoffen, die man nur mit Blattgrün herstellen kann …

Die Zeitskala von Baum-Leben und Baum-Erfahrungen ist eher „langsam“. Allerdings reagieren die Blätter von Mimose und Venus-Fliegenfalle im Sekundenbereich und ebenfalls die offensichtlich sensibelsten Spitzen der Wurzelenden reagieren auf Reize binnen Sekunden. Schon Darwin vermutete, dass ein eventuelles „Gehirn der Pflanzen“ dort in den vitalen Wurzel-Enden liegen könnte – ein Forscher schrieb: „Er hatte mal wieder recht!“

Ganz sicher auch: Pflanzen ist „Zeit“ als Qualität bewusst! Der Laubbaum weiß,  wann er die Blätter abwerfen muss – und jede Pflanze weiß, wann sie nach dem Winter wieder austreiben darf – und irrt sich nur bei extremen Wetter-Kapriolen.

Betrachten wir abschließend noch die äußere Erscheinung – die geometrische Form und Struktur des Baumes: wir – als bevorzugt visuell betrachtende menschlicher Beobachter können an einem weitgehend erwachsenen Baum – ganz gleich wo und unter welchen Umständen er aufgewachsen ist – die Art sofort an dieser äußeren Form erkennen, die der Baum sich selbst durch seinen Wuchs gibt: Pappel, Weide, Linde oder Eiche etc. Daraus folgt, dass der Baum ein genetisches „Selbstbild“ hat, das als ein Haupt-Parameter die Wachstums-Vorgänge zielgerichtet vorantreibt – durch eine Vielzahl von Standort-, Umwelt- und Zeit-Einflüssen wird er dann ein spezielles Individuum dieser Art. Als solches muss er aber ein System besitzen, das das Ergebnis der Wachstumsvorgänge mit dem Selbstbild vergleicht, um das angestrebte Ziel, eine Pappel oder eine Linde zu werden, zu erreichen, ohne sich im Spiegel ansehen zu können. Darüberhinaus besitzt er Strategien, sich nach Windbruch selbst zu „reparieren“.

In den grünen Pflanzenbestandteilen läuft schließlich – nicht zu vergessen – einer der genialsten Prozesse (Photosynthese) in diesem Kosmos ab, mit dem aus Licht-Photonen (Energie) und unbegrenzt verfügbarem Gas (CO2) die Grund-Substanz – also Materie – gebildet wird. Ein so erfolgreicher Prozess, dass es mit seiner Hilfe den Pflanzen über mehrere hundert Millionen Jahre gelungen ist, einen ganzen Planeten zu umhüllen – nicht zu vergessen: einschließlich der gewaltigen pflanzlichen Masse in den Meeren.

Man könnte postulieren, dass jede einzelne nachweisbare Ursache-Wirkung-Paarung in der Pflanze für sich eine „fest verdrahtete“ Funktion ist und nach diesem festen Schema abläuft – fertig! Wasser, C02 + Photosynthese und Nährstoff: Baum wächst und treibt Zweige und Blätter. Schwerkraft: bewirkt die Haupt-Wuchsrichtung – Licht fällt auf den Baum: es bestimmt die Wuchsrichtung im Detail und die Form der Ast-Krone. Wie ein Automat?

Sie haben es registriert: ich schrieb ganz oben nicht, dass ich „glaube“, dass Bäume ein Bewusstsein haben. Das Bewusstsein der Bäume existiert – oder existiert nicht … das kann man nicht in die Bäume „hinein-glauben“. Glauben ist etwas für Denk-Faule (ich bin eher denk-hyperaktiv). „Glaube“ ist bei mir reserviert für die Beziehung zu anderen Menschen, Freunden, Kindern – da erfüllt er seinen Zweck als stabiles Skelett in einem Wackelpudding von weichen Relationen in denen man nichts bewiesen kann oder will. Ich glaube, dass meine Freunde mich nicht hintergehen werden, ich glaube, dass meine Kinder ihren Weg im Leben finden und gehen werden… Aber sonst ist der Glaube bei mir in einer Garage geparkt und ich bemühe mich um sachlich begründbares  WISSEN und MEINUNG.

Ich habe auch kein „esoterisches“ Verhältnis zu Bäumen – ich finde es o.k., wenn jemand Bäume umarmt. Es kann sein, dass die körperliche Nähe zu einer Pflanze, in die man eine „Persönlichkeit“ imaginieren kann, dem Menschen gut tut, der dies tut. Ich bezweifle aber sehr, dass es dabei zu einer beiderseitigen „Beziehung“ kommt … Befeuert vom Bereich der menschlichen Emotionen und sachfremder Imagination entfaltet sich hier der Sektor der „Antropomorphismen“: in diesen versucht der Mensch das betrachtete Objekt oder Lebewesen in typisch menschlichen Kategorien zu erfassen und einzuhegen. Am Ende dieser Imaginationskette stehen dann Geschichten (nicht erst bei Disney… auch schon in alten Mythen!), in denen Tiere und Pflanzen nicht nur untereinander sondern auch mit Menschen kommunizieren.

Antropomorphismen sind auch ein stark genutzter Weg, den populärwissenschaftlich Publikationen benutzen um erfolgreich zu sein: ich schrieb bereits kürzlich über die Welt jener Schriften, die sich des „Geheimen Lebens der …“ bedienen, um Leser zu erreichen.

Weder mit ausgeklügeltesten Experimenten noch durch theoretische Logik-Schlüsse alleine läßt sich entscheiden, ob Fplanzen/Bäume ein Bewusstsein haben, solange der Begriff des „Bewusstseins“ nicht klarer definiert ist … Allenfalls der zweifelsfreie Nachweis der Existenz eines „Gehirns“ in Pflanzen könnte dies obsolet machen und zugunsten des vorhandenen Bewusstseins entscheiden.

Bis dies geleistet ist, erlaube ich mir die MEINUNG zu haben, dass Pflanzen sehr wohl ein Bewusstsein haben – und das fühlt sich richtig gut an!

Aphorismus der Tages: „Wissen plus Meinung = HALTUNG.“ (Der Brandenburger Tor)

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 2. Februar 2018

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das fängt ja gut an – 266 – 100ster Blog-Tag – Zirkeltag

Der einhundertste tägliche Blog in Folge (von 365 versprochenen).

Eine Zwischenbilanz…

Der 5.2.2018 ist auch gleichzeitig der sogenannte „Zirkeltag“ in Bezug auf den Bau der Berliner Mauer… gleich viele Tage der Existenz der Berliner Mauer und ihrer „Nichtexistenz“ nach ihrem Fall.

Also gratuliere ich erst einmal allen Berlinern und allen Deutschen (einschließlich mir) zum Mauer-Zirkeltag! Ich selbst war am Vortag zu  diesem denkwürdigen Termin in der Ausstellung „Hinter der Maske“ im Barbarini-Palais in Potsdam (letzter Tag der Ausstellung!). Ein sehr passendes Erlebnis unmittelbar zu diesem kalendarisch-konstruierten deutschen Einheits-Event: die Ausstellung zeigte meiner Meinung nach gut die (individuell ganz verschiedenen) inneren Prozesse dieser in der DDR lebenden Künstler im Spannungsfeld zum reglementierten „offiziellen“ Kunstverständnis!

Der Wettergott war der Meinung, dass an diesem Tag Berlin und Potsdam fast den ganzen Tag von einem makellos blauen Himmel überspannt werden sollten – nach Monaten krassester Himmels-Trübnis in Folge. Ich weiß nicht was das zu bedeuten hat!

Wann hatte ich analog zum Mauer-Thema gesagt: „Niemand hat die Absicht einen Blog zuschreiben!“ …? Ich weiß es nicht mehr! Eigentlich ist mir noch nicht sehr viele Jahre bewusst, was ein Blog ist – und dass ich sowas auch selbst schreiben könnte.

Es war mir schon vorher klar, dass das ein straffes Programm wird:

TÄGLICH mein inneres Bewusstsein – Meinungen, Erlebnisse, Erfahrungen – in reflektierter Form nach Außen tragen … ausgelöst durch Vorgänge, die ich schon lange mit mir herum trage, oder durch spontan erfasste eigene oder öffentliche Ereignisse. Nur im seltensten Falle sollte dies meine Reaktionen auf politische Vorgänge widerspiegeln – das ließ sich aber nicht durchhalten, weil ich doch ein „homo politicus“ bin – wenn auch keiner Partei zugehörig.

Dazu braucht man Disziplin – das ist das größte Problem! – und ein sehr reges mentales Innenleben.

Zunächst hatte ich erwartet/befürchtet, dass ich nach einiger Zeit „trocken fallen könnte“, weil mir einfach die Themen und die Impulse fehlen könnten, wenn erst mal einige „Lieblingsthemen“ abgearbeitet sind.

Darin lag ich völlig falsch! Die Themen und Anlässe strömen lebendig nach – es liegen heute mehr „anstehende“ Themen vor mir als vor 100 Tagen – das hat sich aufgebaut wie eine Bugwelle. Dieser  Befund freut mich sehr.

Andererseits ist der tägliche Rhythmus sehr ambitioniert, wie mir ja vorher schon klar war. Alles was ich hier in Textform absondere, sollte nach meinem eigenen Anspruch nicht „spontan herausgehauen“ sein, sondern reflektierter und auch fundierter, kritischer Ausdruck meines Welt- und Lebens-Verständnisses.

Da kann es ganz schnell bei einem gut fließenden Text an einer heiklen Stelle „haken“ – ich verwende einen Begriff, der nicht eindeutig ist, ziehe einen Schluss, der ohne weiteres nicht nachvollziehbar ist: die Folge ist, dass ich in tiefere Recherche einsteige, die schon mal 1-2 Stunden braucht oder sogar dazu führt, dass ich ein begonnenes Thema verschiebe und für diesen Tag schnell „leichtere Kost“ vorziehe. Dann kann es schon auch mehrere Tage dauern, bis ich mich ausreichend gewappnet fühle, um das unterbrochene Thema abzuschließen.

Sollte ich also doch noch an der Hürde scheitern „365 tägliche Blogs in Folge – 7 Tagen in der Woche“ zu schreiben, dann wird aus heutiger Zwischenbilanz nicht der Mangel an Themen sein, sondern die mangelnde Routine und Disziplin als „Autor“ die Ursache sein.

Herbert Börger

Der Brandenburger Tor, Berlin, den 5. Februar 2018

 

 

Das fängt ja gut an – 267 – schlechteste Krimi-Groteske ever

Scheitern auf allerhöchstem Niveau…

Ich hatte den für das deutsche Fernsehen produzierten Film „Die vermisste Frau“ gesehen – angelockt durch die Namen von Spitzen-Darstellenden wie  Matthes – Harfouch – Hartmann… und hatte den Film sofort danach vergessen (ich schwör’s!). Ich erinnere mich nur noch an meinen Gedanken: warum haben sie den Trailer gezeigt anstatt des Filmes?

Gestern habe ich mir beim Einschlafen die Aufgabe gestellt, beim Aufwachen an das Sinnloseste zu denken, das ich in der vergangenen Woche getan habe.

Das funktioniert tatsächlich oft. Die Komplikation besteht darin, aus dem konfusen Wirrwarr, das beim Aufwachen aus meinem Unterbewusstsein an die Oberfläche dringt, das „Richtige“ herauszufinden (Hinweis: man findet es immer, da man das ja selbst entscheidet…). Hier besteht das eigentliche Problem darin, dass ich mich manipulieren könnte… Ich bin aber überzeugt, dass diese halb-bewusste Aufwach-Phase (auch „luzide Traumphase“ genannt) genau der Moment am Tage ist, an dem der freie Wille in meinem Kognitions-Apparat tatsächlich frei ist, denn „es denkt mich“ anstatt dass ich versuche zu denken: also ist die Fehler-Quote der Selbst-Täuschung hier am geringsten.

Es beginnt damit, dass das leise Grummeln der Ferienflieger, die kurz nach sechs Uhr im 2-Minuten-Takt von Schönefeld aus Menschen für ein paar Euro auf die Kanaren katapultieren, mich bis kurz unter die Oberfläche meines Bewusstseins holten und mich dann dort hängen ließ – die perfekte Ausgangs-Situation für den gefassten Plan! (Nach ca. 10 Starts ist es wieder eine Stunde lang still!)

Jetzt fing ich an, einen Science-Fiction-Film zu drehen, der erstens total zusammenhanglos dahin driftete und zweitens grottenmäßig schlecht war. Ich führe das darauf zurück, dass ich im wirklichen Leben nie SciFi-Filme sehe, weshalb mir natürlich einfach die Basis fehlte, auf der ich das Genre hätte imaginieren können. Ein Beweis dafür, dass ich mich tatsächlich dem Zustand der schonungslosen Wahrheit und des freien Willens näherte: selbst im halbwachen Zustand erschien mir mein eigener Film sinnlos und furchtbar un-gekonnt … Ich erinnere mich nur noch an ein paar Wesen, an denen sich Gliedmaßen vom Körper lösten und schwerelos durch den Raum davon schwebten. Das wäre Herrn Lucas sicher nicht passiert. Ob er allerdings immer so schonungslos ehrlich zu sich war wie ich heute früh?

Das kann es aber nicht gewesen sein – dachte es mich gerade: da tauchte das Gesicht von Herrn Matthes auf – (so von seitlich-schräg-hinten aufgenommen, so dass man glaubt, sein rechtes Auge hängt halb aus der Augenhöhle! Wunderbar!) – Herr Matthes sprach: „Sorry, ich hatte schon gehofft sie würden den Film gar nicht mehr zeigen… Wir haben das schon 2016 gedreht und als der uns vorgeführt wurde, habe ich gefragt: >Und wann wird er geschnitten?< Die Antwort war: das ist eine Kriminal-Groteske – die braucht man nicht zu schneiden – jede Dramaturgie ist da nur schädlich! – Das ist nicht meine Meinung – also nix für ungut: soll nicht wieder vorkommen!“ Und Herr Matthes verschwand.

Damit war beantwortet, was das sinnloseste war, was ich vergangene Woche getan habe. Die Erklärung des Schauspielers traf genau den Punkt meiner eigenen Wahrnehmung.

Auch ich teile die Meinung nicht, dass eine makabre Krimi-Komödie oder Groteske keine Dramaturgie brauche. Man muss sich darum aber weiter nicht kümmern, wenn man bereits 1966 Polanskis Film „Wenn Kadelbach kommt“ gesehen hat, dem Fachleute bescheinigten: „Polanskis zweiter in England entstandener Spielfilm fasziniert durch dramaturgisches Kalkül und die suggestiv verdichtete Atmosphäre des Makabren.“ (Quelle: Lexikon der intern. Films)

Schlussfolgerung: Noch vorsichtiger sein, wenn die ARD hausgemachte raffinierte Kost anbietet… Also besser ARTE gucken!

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 3. Februar 2018

 

Das fängt ja gut an – 270 – Der Einzelhandel schafft sich ab…

Der Einzelhandel schafft sich ab…

Meine Beobachtungen der letzten 1-2 Jahre im Einzelhandel sind folgende:

– Der Einzelhandel ächzt unter den Auswirkungen des Online-Handels – und jammert.

– Komme ich mit einem defekten Gerät zum Einzelhandel werde ich darauf verwiesen, sie damit doch bitte nicht zu behelligen, sondern zum Hersteller oder einer autorisierten Werkstatt zu gehen, deren Lage ich mir nicht aussuchen kann (Entfernung 20 – 200 km).

– Neuerdings aber beobachte ich eine noch viel extremere Situation: ich finde das spezielle Ladegerät des Produktes X der Hersteller Y nicht mehr. Ich gehe zum Händler in meiner Nähe, bei dem sich die Exemplare des Produktes X geradezu stapeln! Repräsentativ ermittelte Ergebnis: nein, das haben wir nicht und beschaffen wir auch nicht – bitte beschaffen Sie sich das selbst beim Hersteller.

Wenn ich eines als Konsument sicher weiß: Einzelhandel vor Ort hat seine Berechtigung vor allem durch SERVICE. Direkt. Face-to face wie man so schön deutsch sagt…

Wenn aber der Einzelhandel:

durch das viel-zu-knappe und wohl auch zu-schlecht-bezahlte Personal, das nicht mal mehr selbst die Regale einräumt, und mir unter 30.000 Produkten im Laden nicht mal zeigen kann/will wo denn das von mir gesuchte liegt, schon nicht die genauen Vorteile eines einzelnen Produktes erklären kann (finde ich im Internet sofort),

keinen Reparaturservice mehr bietet,

keine Ersatzteile mehr hat oder beschafft …

… warum soll ich dann noch da kaufen?

Es gibt aber auch Ausnahmen: und da kaufe ich gerne!

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 31. Januar 2018

 

 

 

Das fängt ja gut an – 269 – Demographie und Rente

Wacht auf – Ihr Jungen: Rente ist Eure Zukunft!

Wird das Rentensystem weiterhin zwischen den Fronten der Klientel-Politik vermurkst?

Kein Mensch kann wirksam in die Zukunft blicken – das liegt, wie immer wieder betont werden muss, daran, dass die betrachteten Dinge in der Zukunft liegen. Besonders unsicher sind wirtschaftliche Zukunftsprognosen.

Diese Feststellung entläßt aber die politischen Eliten nicht aus der Pflicht, wenigstens zu VERSUCHEN, einigermaßen solide Entwürfe für die Zukunft zu machen und auf deren Basis solide Staatsfinanzen, Sozialkassen etc. in die Zukunft fortzuschreiben – verbunden mit allfälligen Korrekturen, wenn nach einigen Jahren ein Teil der Zukunft Vergangenheit geworden ist.

Die Einflüsse  auf die zukünftigen Entwicklungen sind komplex – deswegen gibt es bei uns einen großen Bereich staatlich finanzierter aber absolut FREIER Wissenschaft für die Volkswirtschaftlichen, sozialen und weltwirtschaftlichen Erkenntnisbereiche, die man braucht um in die Zukunft zu planen. Eine der wichtigsten und wertvollsten Grundlagen ist die Demografie!

Die Wissenschaften taten und tun meistens sehr brav ihren Job, da im Fortschreiben der Erkenntnisse ja das Versprechen liegt, dass die Wissenschaftler auch zukünftig einen sicheren und freien Arbeitsplatz haben (solange der nicht von KI bedroht wird….). Außerdem kann man dadurch, dass man sich besonders anstrengt zu Ruhm und Ehre kommen (und vielleicht zu Nebeneinkünften in der Versicherungswirtschaft – aber das ist ein anderes Thema….).

Die politischen Eliten sind verpflichtet, in erster Linie die sachlichen Erkenntnisse der Wissenschaft – und nicht etwa ideologische Modelle – in verantwortliches politisches Handeln umzusetzen. Bei den politischen Entscheidungsprozessen können dann Gestaltungselemente und Priorisierungen einfließen, die versuchen dürfen, einen gewollten Gestaltungs-Einfluss auf die zukünftigen Entwicklungen im sozialen, wirtschaftlichen oder klimapolitischen Bereich zu nehmen.

Allerdings ist es die oberste Pflicht der politischen Eliten, die Erkenntnisse der Wissenschaften als Grundlage der Gestaltungsprozesse unter den Aspekten eines gesellschaftlichen Konsenses (z.B.Solidarität) einzusetzen. Wer sind die politischen Eliten? Das sind im Prinzip alle, die ihren Lebensunterhalt im Bereich der vier „Gewalten“ verdienen: Exekutive, Legislative, Judikative und Presse/Medien. Die politische Elite ist verpflichtet, jedem Bürger des Staates die wissenschaftlichen Erkenntnisse verständlich zugänglich zu machen, da ja der einzelne Bürger – Sie und ich – die „Moleküle“ des gesellschaftlichen Konsenses sind! Nach unserer Verfassung haben die politischen Parteien in ihrer Verankerung in dieser Gesellschaft bei diesem Prozess eine besondere Verantwortung.

Dieser Forderung werden die politischen Eliten – voran die Regierung – derzeit aber nicht gerecht: es wird „auf Sicht gefahren“ – man hat Beiträge und Renten der kommenden 7  Jahre (!) im Blick… müßte aber ein Konzept für 30 – 60 – 90 Jahre haben (1-2-3 Generationen)… und dies auch offen legen (wobei so ein Konzept für die Renten bekanntermaßen sowohl aus besser vorhersehbaren als auch weniger gut vorhersehbaren Komponenten besteht!). Aber dieser Versuch wird überhaupt nicht gemacht – anstatt dessen wird bei den gegenwärtigen Koalitionsverhandlungen wieder nur an kurzzeitigen Effekten gebastelt. Tatsächlich wird dem Wähler etwas „versprochen“, was ziemlich genau der Prognose für 7 Jahre entspricht (und was bis auf die gegenfinanzierende Einnahmenseite sehr genau der Wirklichkeit entsprechen wird…) Sieben Jahre! Dabei wird das Defizit des Denken und Handelns sogar „hellsichtig“ eingeräumt – gleichzeitig mit einem blind und populistisch motivierten Eingriff in die Rentenformel wird VERSPROCHEN, dass DANN aber eine Rentenkommission mit Vertretern von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaft eingerichtet werden soll, um für die nächste Generation voraus zu planen…

Jetzt-immerhin-doch-schon!?

Warum arbeitet man dann nicht jetzt schon mit der Kommission daran, ehe man die Rentenformel schon wieder aus Klientel- oder Interessen-getriebener Motivation (quasi-Dauerwahlkampf) antastet?

Vermutlich weil man schon ahnen kann: mit ein paar Feigenblatt-Wissenschaftlern (ohne Macht!) wird die Wissenschaft ja sowieso wieder gegen die Interessenvertreter untergehen?

Die gegenwärtigen Vorgänge erinnern mich doch stark an die Erfahrungen der letzten 40-50 Jahre, deren Zeuge ich sein durfte: Ende der 60er Jahre wurde nicht nur die Begrenztheit der Welt-Ressourcen erstmals politisch bewusst gemacht – um dann für Jahrzehnte ignoriert zu werden! – es wurden auch erste GESICHERTE Prognosen der Demografie für das nächste halbe Jahrhundert erarbeitet – die inzwischen alle eingetroffen sind und allen Regierungen seitdem mahnend vorlagen. Die darin vorhergesagte „Alterung der Gesellschaft“ oder „Umkehrung der Bevölkerungspyramide“ ist EINES der Grundelemente für viele gegenwärtige Probleme – und nicht nur des Rentensystems (besonders eines solchen, wie unseres, das von der Hand in den Mund lebt…. d.h. dass das Kapital für die zukünftigen Renten laufend „verdient“ werden muss – durch Einzahlungen der jüngeren Hälfte der Bevölkerung!).

Aber das sind nicht die einzigen Auswirkungen der „Überalterung“: Gesundheitssystem, Wohnungsbedarf, Schulen, ÖPNV… es gibt praktisch nichts in unserer Gesellschaft, das durch diese Veränderungen nicht beeinflusst wird.

… und trotzdem wurden die gesicherten demographischen Erkenntnisse von den politischen Eliten jahrzehntelang ignoriert! Bis es tatsächlich nicht mehr anders ging, da man auf die akute Situation reagieren musste. Rente mit 67 ist eines der prominentesten Beispiele der notwendigen Reaktionen – solange aufgeschoben, bis IRGENDEINE Regierung diesen schwarzen Peter haben musste (Ironie: es war die sozialdemokratisch geführte…). Bis heute dominieren immer noch  die Klientel-Schlachten das Thema: Interessen der privaten Versicherungswirtschaft hier – sozialpolitische Wunschvorstellung da! Die SACHE bleibt weiterhin auf der Strecke!

Der derzeit verhandelte „Kompromiss“ für das Rentensystem ist ein höchst ärgerliches Feigenblatt – ich empfehle der jüngeren Hälfte der Bevölkerung endlich aufzustehen und sich für die eigenen Interessen zu engagieren!

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 1. Februar 2018

 

Das fängt ja gut an – 271 – Martin Schulz (2)

Was treibt diese Menschen – was treibt diesen Mann?

Ich kenne den Mann nicht persönlich – aber ich beobachte ihn. Er interessiert mich. Ich interessiere mich für ihn nicht aus persönlichen Gründen, sondern betrachte ihn als einen gerade herausragenden Mitspieler in der „göttlichen Komödie“ (sage ich als Atheist…). Der Mann heißt Martin Schulz.

So kann ich mich als an-Sport-an-sich-Uninteressierter auch sehr für Leistungssportler bzw. deren Mannschaften interessieren: wie gehen die mit Sieg und Niederlage um? Wie funktioniert das „System“, in dem sie sich bewegen? Wieviel Einfluß haben sie darauf, was mit Ihnen geschehen ist oder noch geschieht oder werden sie nur von innen oder außen getrieben? Das sind Themen, aus denen ein begnadeter Autor einen Roman macht – ich schreibe ein kleines Essay darüber.

Ich bleibe hier bei der großen Arena der Politik – also den politischen Eliten und dem großen, kaum durchschaubaren Räderwerk des demokratischen Systems  hinter ihnen. Dieses System wird letztlich an seiner „Basis“ auf unseren Schultern getragen: auf Ihrer und meiner Schulter! In dem, was ich beschreibe, stütze ich mich auf einige Lebensjahrzehnte Beobachtung von Politiker-Laufbahnen.

Die Mitspieler in diesem Räderwerk in der Elite oder in der großen Arena sind „Menschen wie Du und ich“. Wie auch wir in unserem Lebensumfeld, finden Sie dort nach einiger Eingewöhnung ihre „Rolle“. Von da an ist bei fast allen die Rolle und das Rollenverhalten gesetzt. Eine wirkliche Veränderung findet danach praktisch nicht mehr statt: wie denn auch – entweder ist Wahlkampf, Eroberung eines Amtes (von dessen Inhalten man eben noch keine Ahnung hatte), Sonnen in Erfolg und Zustimmung, Krise oder Rechtfertigungsdrama.

In diesem ewigen Kreislauf hat sich noch keine Persönlichkeit „entwickelt“ – eher wird sie korrumpiert. Wenn mal eine „Wandlung“ stattfindet, dann steht eine disruptive (ich liebe dieses Wort!) Erfahrung dahinter wie Krankheit oder andere persönliche Katastrophen. Wandlungen gibt es manchmal auch nach dem Eintritt ins Greisenalter oder in den Zustand völliger Machtlosigkeit (oder beidem) – aber nicht „im laufenden Betrieb“.

Man kann als ganz normaler Mensch ohne spektakuläre Eigenschaften vom Ortsverein an der Basis einer Partei hinauf klettern an die Spitzen des Staates. Allerdings braucht man ein paar Talente – neben dem Machtwillen. Damit meine ich nicht nur jenen Willen zur Ausübung persönlicher Macht (Alpha-Wesen). Auch die Person, der es zu 100% um eine Sache oder Idee geht, brauch Machtwillen, um diese Idee umsetzen zu können!

Wer an die Spitze der politischen Elite strebt, muss einige (nicht alle) Grundfähigkeiten besitzen, die er wie eine Art Werkzeugkasten mit sich herum trägt: ein akzeptables Erscheinungsbild, gute rhetorische Fähigkeiten, eine nachvollziehbare Erzählung von den Zielen, Intelligenz und Standfestigkeit (Belastbarkeit) – und die ganz spezielle Gabe, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu sagen oder zu tun. Man muss die nicht alle gleichzeitig perfekt verkörpern – aber in einigen dieser Disziplinen sollte man schon beeindrucken können. Beispiel: Angela Merkel: Rhetorik: 3-, eigene Erzählung: 5 … und trotzdem seit drei Legislaturperioden Bundeskanzlerin (Belastbarkeit: 1+++)!

Da gehört eben noch eine andere nicht direkt sichtbare Ebene dazu: zum Beispiel der Rückhalt in der Organisation, die man vertritt und die einen tragen muss (man nennt das auch Hausmacht) – wenn die stark ausgeprägt ist (wie bei Angela Merkel) ersetzt das vollständig die eigene Erzählung, weil das Parteiprogramm ja schon da ist. Es gibt auch unterschiedliche Schwerpunkte dieser Kompetenzen für Spitzenpolitiker für die Bereiche Parlament (Legislative) und Regierung (Exekutive).

Vor allem aber gibt es die eine sehr schwer erklärbare, komplexe „Meta-Ebene“ der Eigenschaften eines Politikers: die Glaubwürdigkeit! Glaubwürdigkeit aufbauen und erhalten wird von einer ganz besonderen Fähigkeit unterstützt: zum richtigen Zeitpunkt das richtige sagen oder tun – blitzschnell Stimmungen erfassen.

Alles das gesagt, komme ich jetzt zu Martin Schulz:

Ich habe bei ihm eine glänzende Karriere als Parlamentarier beobachtet. Die hat er – hinter sich. Er stand an der Spitze des Europäischen Parlamentes und war dort meist überzeugend und hatte einen hervorragenden Ruf und beeindruckendes „Standing“ als Parlamentspräsident. Seine Botschaft passte zu seiner Rede passte zu seiner Erscheinung. Am Ende seiner Parlamentslaufbahn erschien (für mich unerwartet plötzlich ja ungeduldig) etwas neues: ein Anspruch auf exekutive Macht für sich persönlich und sein „Narrativ“.

Sein erstes Ziel: EU-Kommissar oder gar Kommissionspräsident! Das ist er nicht geworden.

Die nächste Rolle: Retter in der Popularitäts-Krise der Bundes-SPD. Wer die SPD lange kennt, weiß, das dies ein Himmelfahrtskommando sein kann! (Das wußte auch Gabriel…) Die Partei hievt ihn mit Schwung auf das Hochseil – ohne Netz… denn er scheitert schon wieder in der Ambition eines Amtes: des Fraktionsvorsitzes!

Im Glauben an die Illusion einer hohen eigenen Popularität, startet er mit Schwung eine Kampagne – ohne eigene Erzählung (wird noch geliefert…). In der Nachlieferung der „Idee“ nach Beginn des BTW-Wahlkampfes hat er sich dann offensichtlich weitgehend auf Berater gestützt, die weitgehend auch von falschen Einschätzungen der Lage ausgingen. Er überzeugt in dieser Rolle nicht.

Spitzenkandidat der BTW17 und Parteivorsitzender: er tritt als Kanzlerkandidat mit völlig unrealistischen Ansprüchen an – und scheitert (zusammen mit seiner Partei!) krachend bei 20.5%. Das gleichzeitig heftige Scheitern von CDU/CSU mildert die Sturzfolgen – aber nicht das Prinzip des Scheiterns.

Hier hat er spontan einmal richtig reagiert – allerdings in Diktion und Timing doch nicht so ganz: mit der Ansage der Oppositions-Rolle. Die Ansage, die SPD könne sich NUR in der Opposition regenerieren ist jedoch eine aberwitzige Begründung und Erzählung! Die holt ihn heute ein – wie so vieles, das er immer wieder naiv als finale Erkenntnis verkündet hat.

Das Scheitern der Jamaika-Verhandlung ist für Angela Merkel hoch-problematisch – aber für Martin Schulz der Gau! Er ist nicht der Mann, der Angela Merkel in die Minderheitsregierung zwingen könnte. Er hat es erst gar nicht versucht.

Er hat dann verrückterweise selbst die Erzählung in die Welt gesetzt oder das zumindest geduldet, dass der Bundespräsident Steinmeier ihm wie einem Schulbuben den Kopf gewaschen hat, so dass er sich postwendend mit seiner ganzen Kraft nun für die „Große Koalition“ einsetzt.

Die „Sondierung für die GroKo“ gelingt relativ flott und gar nicht mal so schlecht: aber die alte Tante SPD zeigt Schulz nun ihre häßlichste Fratze und hilft den Jusos, Martin Schulz nun fast völlig zu demontieren: indem es fast schon als Konsens gilt, dass jemand der 20,5% erreicht hat, 100% seiner eigenen Forderungen durchbringen müsste. Nicht Schulz sondern Andrea Nahles ist es, die das Votum für Koalitionsverhandlungen rettet.

Während der jetzt gerade laufenden Koalitionsverhandlungen gelingt es dem Parteivorsitzenden nicht, die wilde öffentlichen Kakophonie aus der eigenen Partei über unzureichende Kompromisse zu stoppen. Grotesk: die erzielten Verhandlungskompromisse liegen sehr viel näher an der weit verbreiteten Akzeptanz-Schwelle der Bevölkerung als das, was „die Partei“ fordert.

Der einzige kleine Rest von Glaubwürdigkeit, den Martin Schulz jetzt noch retten könnte, läge darin, jetzt nicht als Minister in das „Kabinett Merkel 4“ einzutreten, sondern zusammen mit Andrea Nahles dieses ungeliebte Projekt außerhalb der Regierung zu begleiten.  Aber sein beharrliches Schweigen zu diesem Thema spricht Bände: er wird anscheinend auch diese Latte noch reißen!

Der Weg zur Macht ist schwierig und mit vielen Hindernissen gespickt. Wir erleben das Beispiel eines sympathischen, integren Mannes, der dafür offensichtlich nicht gemacht war und an den vielen gerissenen Hürden seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel gesetzt hat.

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 30. Januar 2018

 

 

Das fängt ja gut an – 272 – Neuromorphic Computing (KI)

Künstliches Gehirn, KI und Neuromorphic Computing

oder: Wollen sie wirklich MEIN Gehirn als Vorbild für das künstlicheGehirn nehmen?

(Einige Gedanken, meinem Freund Frank zum Geburtstag gewidmet! Entzündet an der Meldung, dass künstliche Synapsen entwickelt wurden, die nur einen Bruchteil der Energie einer natürlichen Synapse verbrauchen.)

Solange der Mensch logisch denkt, unvoreingenommen forscht und technische Lösungen erschafft, ist er bemüht gewesen, der Natur abgelauschte Lösungen  in seine artifiziellen Schöpfungen (Technik!) einzubringen: um so die Jahrmillionen lange Entwicklungszeit im Kosmos zur Beschleunigung seiner eigenen Entwicklungstätigkeit zu nutzen.

In der jüngeren Technik-Geschichte hat man diesem Vorgehen schließlich einen eigenen Begriff gewidmet: BIONIK. Ich war selbst lange Strecken meiner beruflichen Tätigkeit damit beschäftigt, ein bionisches Prinzip anzuwenden im Bereich der Tragstrukturen aus Hochleistungs-Faserverbundwerkstoffen (GFK-, CFK-Composite) bei denen wir die Struktur der Werkstoffe dem Kraftfluss anpassen, wie es bei Knochen, Bäumen etc. in der Natur bereits existiert.

Das menschliche Gehirn in Verbindung mit unserem Nervensystem  ist ohne Frage auch so ein Hochleistungs-System, das sich die Wissenschaftler und Ingenieure gerne erklärtermaßen zum Vorbild nehmen, um künstliche Intelligenz (KI bzw. AI) und künstliche Gehirne auf Basis neuronaler Netze zu schaffen. Damit wollen wir  Denken, Wahrnehmen, Erinnern, Entscheiden (und Bewusstsein?) auf ein neues, schnellere und komplexeres Niveau heben.

Ich möchte jetzt nicht darüber spekulieren, ob und in welchem Ausmaß Menschen KI-basierten Systemen Denk- und Kognitions-Prozesse übertragen  können, sollen bzw. dies wollen sollen…

Ich bin auch nicht so vermessen, darüber zu befinden, ob es möglich sein wird, das menschliche Bewusstsein auf der Basis von künstlicher Intelligenz und künstlichen Gehirnen (also Computern irgendeiner neuen Technologie) zu simulieren bzw. sogar unkontrolliert „laufen zu lassen“ (also: frei zu setzen!).

Ich bin nur dezidiert der Meinung, dass wir alle gemeinsam unseren Standpunkt definieren müssen, ob wir das machen wollen, wenn das möglich sein sollte – und zwar ehe es möglich sein wird, denn danach wird es auf jeden Fall jemand machen, wenn es nicht vorher reguliert wird – und dann ist es nie mehr rückgängig zu machen!

Ich bin auch dezidiert der Meinung, dass derartige Forschungs- und Entwicklungsprozesse nicht privaten Firmen überlassen werden dürfen, sondern in einen transparenten Prozess auf einer open-source Plattform gehören! KI-Forschungsinstitutionen müssen mindestens so reguliert werden wie Banken – wahrscheinlich eher noch schärfer. Die möglichen Ergebnisse auf den heute noch fiktionalen Ebenen müssten ebenso kontrolliert werden wie Nuklear-Waffen und Biologischen Waffen. Technikfolgenabschätzung als globale Gemeinschaftsaufgabe!

Ich möchte aber allen, die am künstlichen Gehirn arbeiten und sich dabei das menschliche Gehirn als Vorbild nehmen zu bedenken geben, dass die Synapsen in unserem Gehirn bei weitem nicht so effizient zu arbeiten scheinen, wie das dem Forscher im Labor vielleicht vorkommt. Makroskopisch betrachtet enthält mein Gehirn im Bereich der Erinnerung weitaus mehr Müll als Nutzinhalt. Es kann z.B. sein, dass mir der Name eines bedeutenden Physikers gerade nicht einfällt – aber anstatt dessen weiß ich, wie oft Gerhard Schröder oder Mörtel Lugner verheiratet waren (u.v.a.m.)! Ich empfehle daher, dass man sich doch die Qualität der Synapsenfunktion im echten Gehirn darauf hin noch einmal kritisch ansieht! Man sollte dabei berücksichtigen, dass das on-line vernetzte künstliche Gehirn mit direktem Zugang zum Internet zu wesentlich mehr Wissens-Müll Zugang hat als mein Gehirn. Meiner Schätzung nach sind lediglich 0,1% des Daten-Inhalts des Internets potentiell relevant!

Wenn Ingenieure zukünftig Roboter mit künstlichen Gehirnen ausstatten, dann sollten sie keinesfalls vergessen, die folgende wichtige Assoziations-Technik des menschlichen Gehirns zu implementieren: wenn ich losgegangen bin, um etwas Bestimmtes zu erledigen, aber auf halbem Wege vergessen habe, was das war, gehe ich an den Ort zurück, an dem ich den Beschluss gefasst hatte – dann fällt es mir sofort wieder ein. Diese enorm mächtige Kognitionsleistung muss der Roboter unbedingt beherrschen!

(Wenn die letzten beiden Absätzen bei Ihnen den Eindruck einer Glosse erweckt haben, liegen Sie nicht ganz falsch.)

Im übrigen bin ich auch sehr gespannt, wann wir einen neuromorphischen Computer in unserer Hosentasche tragen werden. Dabei wünsche ich mir ein Modell, das nicht mit der KI-Abteilung des Herstellers in Verbindung ist (wie Siri oder Alexa), sondern sich völlig autark lernend entwickelt – vergleichbar mit einem Kind, das geistig heranwächst – nur viel schneller.. Besonders gespannt wäre ich, wann ich dann anfangen kann mit dem Bot philosophische Themen zu erörtern – und ab wann er mir dabei über sein wird….

Herbert Börger

© Der Brandenburger Tor, Berlin, 29. Januar 2018